Erwerbsminderungsrente: Künftig bei befristeter EM-Rente mehr Druck auf Rentner

Die Mehrheit der Erwerbsminderungsrenten werden wegen psychischen Erkrankungen bewilligt, besonders wegen Depressionen, Angststörungen und somatischen Leiden, die sich zwar körperlich auswirken, aber keine körperliche Ursache haben. Gerade bei diesen sollen in Zukunft noch höhere Hürden gelten, als es sowieso schon der Fall ist.

Prüfungen sind eine Belastung für Betroffene

Grundlage für eine Erwerbsminderungsrente ist, dass die Betroffenen nur noch weniger als sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung) oder weniger als drei Stunden (volle Erwerbsminderung) pro Tag arbeiten können.

Bei psychischen Erkrankungen ist dieser Nachweis oft ausgesprochen kompliziert. Zum Beispiel schwankt die Leistungsfähigkeit der Betroffenen, abhängig vom Krankheitsbild, dahingehend, ob Sie sich gerade in einer akuten Phase befinden oder nicht.

Die Beurteilung ist komplex

Jemand mit einer diagnostizierten bipolaren Störung könnte zum Beispiel vielleicht mehr als sechs Stunden pro Tag arbeiten, wenn er sich momentan weder in einer manischen noch in einer depressiven Phase befindet. Innerhalb dieser Phasen ändert sich das Leistungsvermögen jedoch vehement und rapide. Oder der Zustand ist nach einer mehrmonatigen stationären Therapie erst einmal stabiler, was sich aber schnell wieder ändern kann.

Unterschiedliche Gutachten kommen zu unterschiedlichen Diagnosen

gerade bei psychischen Erkrankungen kommen unterschiedliche Fachärzte, Neurologen oder Psychiater, immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen. Manche Betroffene schleppen ein ganzes Bündel an Diagnosen mit sich herum, von Borderline-Syndrom über eine Posttraumatische Belastungsstörung bis hin zu Psychosen und ADS und haben eine Serie verschiedener Therapien hinter sich.

Oft entscheiden erst die Sozialgerichte

Die genaue Einschätzung des Gesundheitszustands der Betroffenen ist derart komplex, dass oft erst die Sozialgerichte -und manchmal sogar erst das Bundessozialgericht- entscheiden, ob eine Erwerbsminderung vorliegt.

Härtere Prüfungen trotz schwieriger Situation

Die Prüfung einer Erwerbsminderung bei Menschen mit psychischer Erkrankung ist also generell aufwändig und bedarf zumindest verschiedener Gutachten. Trotzdem will die Bundesregierung ausgerechnet bei diesen Betroffenen noch härtere Kriterien durchsetzen also sowieso schon vorhanden sind.

Die Prüfungen sollen strenger werden, mehr Rehabilitation soll verpflichtend sein und die Hürden werden erhöht. Unter anderem soll bei einer gesundheitlichen Besserung nach drei Jahren Befristung die Rente nicht verlängert werden.

Was verspricht sich die Bundesregierung von der Verschärfung?

Reha-Maßnahmen sollen früher und verbindlicher starten, um langfristige Rentenzahlungen zu verringern. Für Betroffene heißt das: Sie müssen häufiger ihre Erwerbsfähigkeit überprüfen lassen, und gerade für viele Menschen mit psychischen Erkrankungen sind die entsprechenden Untersuchungen oft eine Qual.

Spießrutenlauf für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Gerade Menschen mit psychisch Erkrankten stellen diese verschärften Bedingungen vor massive Probleme, die gerade mit der Art der Erkrankung in Verbindung stehen. Einige Beispiele zeigen, wie die Betroffenen bei der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gerade wegen ihrer Erkrankung scheitern können.

Instabilität kennzeichnet manche psychische Erkrankungen

Gerade psychische Erkrankungen sind oft durch ihren instabilen Verlauf geprägt. Bei einigen dieser Erkankungen wie der emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung (Borderline-Syndrom) ist die Instabilität sogar ein Leitsymptom.

Wiederkehrende schwere Depressionen bedeuten zum Beispiel nicht, dass jemand 24 Stunden am Tag das gesamte Jahr an diesen Depressionen. Wenn das Leiden jedoch auftritt, dann lastet auf den Betroffenen eine bleierne Schwere, und sie sind oft kaum in der Lage, aus dem Bett aufzustehen, um auf die Toilette zu gehen.

Symptome der Krankheit führen zum Verlust der Rente

Bei bestimmten psychischen Erkrankungen fehlt eine Einsicht in die Krankheit und manche Betroffene stemmen sich gegen eine Therapie oder Rehabilitation. Das gilt zum Beispiel bei Psychosen, in denen Erkrankte die Ärzte und das medizinische Personal als Teil einer gegen sie gerichteten Verschwörung ansehen.

Mit der Verschärfung der Kriterien bedeutet diese Verweigerung möglicher Therapien jetzt, dass kein Anspruch auf eine Rente besteht – dabei gehört dieses Verhalten gerade zum Krankheitsbild und wäre sogar wichtig dafür, dass tatsächlich eine Erwerbsminderung besteht.

Erhöhtes Risiko für besonders Verletzliche

Mehr verpflichtende Reha-Maßnahmen, strengere und häufige Prüfungen bedeuten gerade für Menschen mit psychischen Erkrankungen erstens eine extreme Belastung und zweitens ein hohes Risiko ihre Rente zu verlieren, obwohl sie in Wirklichkeit erwerbsgemindert sind.

Es wird vermutlich eine Welle von Verfahren geben

Auch mit den heutigen Regelungen beschäftigen die Einstufungen von psychisch Erkrankten bei der Erwerbsminderungsrente immer wieder die Sozialgerichte. Die Verschärfung der Maßnahmen wird vermutlich eine Welle von Verfahren mit sich bringen, weil Betroffene klagen, um Ihren Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente durchzusetzen.

Egal, wie diese Verfahren ausgehen: Für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die im Alltag ständig mit Ihren seelischen Leiden zu kämpfen haben, bedeutet ein solcher Gerichtsprozess in jedem Fall eine extreme Belastung, und die damit verbundene Unsicherheit schränkt ihre Lebensqualität zusätzlich ein.