Ein Gartenzaun kann die häusliche Pflege eines hilflosen und orientierungslosen Kindes erheblich erleichtern. Die Pflegekasse kann daher verpflichtet sein, den Gartenzaun als „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“ zu bezuschussen, entschied das Sozialgericht Freiburg in einem aktuell veröffentlichten Gerichtsbescheid vom 11. August 2025 (Az.: S 9 P 2567/24).
Bei Pflegekasse einen Zuschuss zur Errichtung eines Gartenzauns als wohnumfeldverbessernde Maßnahme beantragt
Bei dem im Jahr 2013 geborenen Kläger bestehen ein frühkindlicher Autismus sowie Entwicklungs- und Artikulationsstörungen „mit Weglauftendenz“. Bei ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen „G“ (erhebliche Gehbehinderung), „H“ (hilflos) und „B“ (Begleitung) anerkannt. Er lebt mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester in einem Einfamilienhaus.
Da der Junge beim Spielen im Garten immer wieder weggelaufen ist und die pflegende Mutter ihn nicht dauernd beaufsichtigen kann, beantragten die Eltern für ihn bei der Pflegekasse einen Zuschuss zur Errichtung eines Gartenzauns als wohnumfeldverbessernde Maßnahme. Sie legten einen Kostenvoranschlag in Höhe von 9.760 Euro vor. Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann für einen Pflegebedürftigen ein Zuschuss in Höhe von bis zu 4.000 Euro gewährt werden.
Die Pflegekasse lehnte einen Zuschuss ab. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen dienten der Barrierefreiheit in der Wohnung des Versicherten.
Die beantragte Einzäunung des Grundstücks sei außerhalb der Wohnung und diene nicht der Barrierefreiheit, sondern stelle eine Sicherungsmaßnahme dar. Weder erleichtere dies die häusliche Pflege noch werde eine möglichst selbstständige Lebensführung erreicht.
Sozialgericht Freiburg: Pflegekasse muss Zuschuss gewähren
Das Sozialgericht sah dies anders und verpflichtete die Pflegekasse, über den Antrag erneut zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kommen wohnumfeldverbessernde Maßnahmen für drei Gruppen in Betracht. Zur ersten Gruppe zählen Hilfen zur Wohnumfeldverbesserung, die eine Anpassung der konkreten Wohnumgebung an die Bedürfnisse des behinderten Menschen bezwecken, wie etwa ein Treppenlift. Zur zweiten Gruppe zählen technische Hilfen im Haushalt, wie etwa Haltegriffe oder Umbauten von Küchen- oder Badmöbel.
Zur dritten Gruppe gehörten Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung, die der Wohn- oder Gebäudesubstanz dauerhaft zugefügt werden, wie beispielsweise eine Klingelanlage. Bei pflegebedürftigen Erwachsenen gehöre ein Gartenzaun zwar nicht zu einer bezuschussbaren Maßnahme.
Gartenzaun kann häusliche Pflege eines Kindes erleichtern
Bei Kindern sei dies aber anders. Hier ist der Kläger völlig orientierungslos, ist bereits mehrfach weggelaufen und muss bei einem Aufenthalt im Garten ständig beaufsichtigt werden.
Durch den Bau des Zaunes würde die Pflege des Klägers erheblich erleichtert und der Beaufsichtigungsbedarf entfiele. Zudem ermögliche der Zaun eine selbstständige Lebensführung des Klägers.
Er könnte sich so ohne ständige Beobachtung durch die Mutter im Garten aufhalten.
Alternative Mittel der Bewegungskontrolle, wie etwa ein GPS-Tracker, scheiden aus. Der Kläger hat sich nach Angaben seiner Mutter sofort von diesen befreit.