Viele Leistungsberechtigte geraten in finanzielle Schieflage – sei es, weil bereits vor dem Leistungsbezug Darlehen bestanden oder weil das Bürgergeld nur das Existenzminimum sichert. Dieser Beitrag erklärt praxisnah, wann das Jobcenter Unterstützung leisten kann, wie Vermögen und Schulden im SGB II zusammenspielen und welche Wege aus der Überschuldung möglich sind.
Inhaltsverzeichnis
Schulden und Vermögen im Bürgergeld: Keine Saldierung – aber Belastungen zählen
Beim Bürgergeld gilt der Grundsatz der Existenzsicherung. Einkommen und Vermögen werden berücksichtigt, um den Anspruch zu ermitteln. Schulden werden dabei nicht pauschal vom Vermögen abgezogen.
Wichtig: Belastungen, die direkt auf einem Vermögensgegenstand ruhen (z. B. eine Hypothek auf einer Immobilie), mindern dessen verwertbaren Wert. Eine generelle Verrechnung „Vermögen minus alle Schulden“ findet aber nicht statt.
Für selbst genutztes, angemessenes Wohneigentum können bestimmte laufende Kosten als Kosten der Unterkunft (KdU) anerkannt werden (z. B. Schuldzinsen, Grundsteuer, Nebenkosten) – Tilgungsraten jedoch grundsätzlich nicht.
Darf ich vorhandenes Vermögen zur Schuldentilgung einsetzen?
Grundsätzlich ist Schuldentilgung kein anerkannter Bedarf nach dem SGB II. Leistungen dienen nicht der Vermögensbildung. Ein absolutes Verbot, eigenes Vermögen zur Begleichung von Schulden zu verwenden, gibt es nicht – aber
Vorsicht: Wer Vermögen zweckwidrig „verbraucht“, um (schneller) leistungsberechtigt zu werden, riskiert Ersatzansprüche wegen sozialwidrigen Verhaltens (§ 34 SGB II). Im Zweifel immer vorher beraten lassen.
Schonvermögen und Karenzzeit: Wie viel Vermögen bleibt geschützt?
In der Karenzzeit des ersten Bezugsjahres bleibt Vermögen bis zu einer hohen Grenze unberücksichtigt (Richtwert: 40.000 € für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft, 15.000 € für jede weitere Person).
Nach Ablauf der Karenzzeit gilt das allgemeine Schonvermögen von 15.000 € pro Person. Das erklärt, warum manche Personen trotz vorhandener Schulden keinen Anspruch haben bzw. Vermögen zunächst für den Lebensunterhalt einsetzen müssen.
Hilft das Jobcenter, Schulden abzubauen?
Grundsätzlich nicht. Das Jobcenter ist keine Schuldenregulierungsstelle. Ausnahmen sind jedoch möglich, wenn damit die Existenz gesichert oder Wohnungslosigkeit verhindert wird. Dann kommen zinslose Darlehen in Betracht.
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Bescheid prüfenWann sind Darlehen des Jobcenters möglich?
Miet und Heizschulden (KdU):
Droht der Verlust der Wohnung, kann das Jobcenter zur Sicherung der Unterkunft nach § 22 Abs. 8 SGB II in der Regel ein Darlehen gewähren.
Mietkaution:
Für eine erforderliche Mietkaution sieht § 22 Abs. 6 SGB II vor, dass diese als Darlehen übernommen werden soll.
EnergieRückstände:
- Haushaltsstrom gehört nicht zu den KdU. Ein Darlehen ist hier nur bei „unabweisbarem Bedarf“ möglich (z. B. zur Abwendung einer Stromsperre) nach § 24 Abs. 1 SGB II – AltSchulden vor Leistungsbeginn sind in der Regel nicht übernahmefähig.
- HeizkostenRückstände (Gas/Fernwärme) können – soweit sie KdU sind – ebenfalls unter § 22 Abs. 8 SGB II fallen.
Rückzahlung der Darlehen:
Die Aufrechnung beträgt seit 01.07.2023 in der Regel 5 % des maßgebenden Regelbedarfs pro Monat (§ 42a Abs. 2 SGB II). Frühere Angaben von 10 % sind veraltet.
Was Sie akut tun können: Realistische Schritte aus der Schuldenfalle
Suchen Sie frühzeitig eine anerkannte Schuldnerberatung auf (kommunal oder freie Träger). Gemeinsam werden Haushaltsplan, Gläubigerkommunikation und Prioritäten geordnet. Gläubiger akzeptieren eher tragfähige Lösungen, wenn diese über eine Beratungsstelle laufen.
Beratungskosten:
- Schuldnerberatung ist häufig kommunal organisiert und für Betroffene kostenfrei (§ 16a Nr. 2 SGB II).
- Für anwaltliche außergerichtliche Hilfe können Anspruchsberechtigte Beratungshilfe beim Amtsgericht beantragen (mit geringem Eigenanteil).
Ratenzahlungen und Stundungen: So verhandeln Sie mit Gläubigern
Vereinbaren Sie realistische Raten, die in der Bürgergeld-Situation niedrig ausfallen müssen. Möglich sind Stundungen oder temporäre Nullraten, bis sich Ihre Lage verbessert (z. B. durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit). Bieten Sie Transparenz (Einnahmen/Ausgaben), um die Zustimmung der Gläubiger zu erhöhen.
Bei dauerhaft schlechten Vermittlungsaussichten sinkt die Bereitschaft der Gläubiger, lange Stundungen zu akzeptieren.
Privatinsolvenz (Verbraucherinsolvenz): Der Weg zur Restschuldbefreiung
Wenn außergerichtliche Einigungsversuche scheitern (dies muss bescheinigt werden), kann die Privatinsolvenz der Ausweg sein. Halten Sie die Mitwirkungspflichten ein, ist eine Restschuldbefreiung in der Regel nach drei Jahren möglich. Während des Verfahrens gelten Pfändungsfreigrenzen; Einkommen oberhalb dieser Grenzen wird anteilig an die Gläubiger abgeführt.