Bürgergeld: Neue Bußgelder im Jahr 2025 – das gilt jetzt für Alle

Lesedauer 3 Minuten

Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre internen Weisungen zum Bußgeldverfahren im SGB II aktualisiert (Stand: Juli 2025). Für Betroffene gilt: Formfehler kosten Geld. Fristen sind kurz. Und Jobcenter nutzen die Vollstreckung konsequenter.

Das ist jetzt wichtig für Betroffene

  • Einspruch nur formwirksam: Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid muss schriftlich (Brief/Fax) oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Einfache E-Mails zählen nicht. Sichere elektronische Wege sind nur in engen, technisch geregelten Fällen zulässig.
  • Kurze Frist: Für den Einspruch gelten zwei Wochen ab Zustellung. Fällt das Fristende auf Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist am nächsten Werktag.
  • Akte sofort anfordern: Ohne Akteneinsicht wissen Sie nicht, was das Jobcenter gegen Sie in der Hand hat. Akteneinsicht sofort beantragen (siehe Muster).
  • Einstellung/Reduzierung möglich: Auch wenn der Vorwurf im Raum steht, kann das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen eingestellt oder das Bußgeld reduziert werden – etwa bei Geringfügigkeit, fehlender Schuld, Verfahrensfehlern oder sozialen Härten.
  • Vollstreckungsdruck steigt: Erzwingungshaft ist als letztes Mittel möglich – nicht bei nachgewiesener Zahlungsunfähigkeit, aber bei beharrlicher Zahlungsverweigerung.
  • Keine Verrechnung mit Bürgergeld: Bußgelder sind keine SGB-II-Leistungsangelegenheiten. Eine direkte Verrechnung mit dem Regelbedarf ist nicht zulässig; die Beitreibung läuft außerhalb der Leistungsgewährung.
  • Insolvenz hilft nicht: Geldbußen gehören grundsätzlich zu den nicht restschuldbefreiungsfähigen Forderungen. Neu entstehende Bußgelder werden in der Regel weiter vollstreckt.

Häufige Vorwürfe – und was jeweils zählt

Bei falschen oder unvollständigen Angaben – etwa zu Einkommen oder Haushaltszusammensetzung – sollten Sie Ihre Belege und Zustellnachweise genau prüfen. Ein schlichtes „Vergessen“ reicht nicht; entscheidend ist, ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt.

Bei unterlassenen Mitteilungen, zum Beispiel zu Jobbeginn, Umzug oder Vermögen, kommt es darauf an, wann Sie die Änderung kannten und wie Sie informiert haben – dokumentiert durch Datum, Kommunikationsweg und Eingangsbestätigung. Ordnungswidrigkeiten entstehen vor allem bei inhaltsbezogenen Pflichten, also bei unrichtigen Angaben oder unterlassenen Mitteilungen.

Reine Meldeversäumnisse führen dagegen meist zu Leistungsminderungen und nicht zu Bußgeldern. Prüfen Sie deshalb genau, was im Bescheid konkret vorgeworfen wird.

So wehren Sie sich – Schritt für Schritt

1) Frist wahren – Einspruch raus
Einspruch innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung per Brief, Fax oder zur Niederschrift beim Jobcenter/der Bußgeldstelle einlegen. E-Mail vermeiden. Wenn unklar ist, wann zugestellt wurde: Kopie des Umschlags sichern, Zustellvermerk anfordern.

2) Akteneinsicht beantragen
Gleichzeitig Akteneinsicht verlangen (vollständige Verfahrensakte, Beweismittelverzeichnis, Protokolle, Zustell- und Fristnachweise). Ohne Akte keine Begründung abgeben – nutzen Sie den Satz „Begründung folgt nach Akteneinsicht“.

3) Wiedereinsetzung prüfen
Frist verpasst? Bei unverschuldeter Versäumnis (falsche Rechtsbehelfsbelehrung, Krankheit, fehlende Zustellung) Wiedereinsetzung beantragen und Einspruch nachholen. Sofort handeln und Nachweise beifügen.

4) Auf Einstellung/Reduzierung hinwirken
Nach Akteneinsicht prüfen: Tatnachweis, Schuldform, Geringfügigkeit, Verfahrensfehler, soziale Härte (z. B. Existenzgefährdung). Schriftlich Einstellung oder Reduzierung beantragen.

5) Raten/ Stundung sichern
Wenn Zahlung unvermeidbar ist: Ratenzahlung oder Stundung unter Hinweis auf die finanzielle Lage beantragen. Wichtig: Zahlungsunfähigkeit belegen (Einnahmen-/Ausgabenübersicht, Bescheide).

Verjährung verstehen – realistische Verteidigungsfenster

Die Verfolgungsverjährung richtet sich nach der Höchstgeldbuße des jeweiligen Tatbestands:

  • Tatbestände bis 2.000 € Höchstbuße → 1 Jahr Verjährung.
  • Tatbestände bis 5.000 € Höchstbuße → 2 Jahre Verjährung.

Achtung: Bestimmte Verfahrenshandlungen unterbrechen die Verjährung (z. B. Anhörung, Erlass/Zustellung des Bußgeldbescheids). Das Verfahren kann sich dadurch deutlich verlängern. Prüfen Sie die Zeitachse genau (Daten, Zustellungen, Unterbrechungen).

Vollstreckung & Erzwingungshaft – was droht, was nicht

Die Beitreibung von Bußgeldern erfolgt außerhalb der SGB-II-Leistungsberechnung; Abzüge vom Regelbedarf gibt es nicht. Erzwingungshaft kann als letztes Druckmittel angeordnet werden, wenn trotz Leistungsfähigkeit nicht gezahlt wird—zuvor müssen mildere Mittel wie Mahnung, Ratenzahlung oder Stundung geprüft werden.

Bei nachweislicher Zahlungsunfähigkeit ist Erzwingungshaft unverhältnismäßig; halten Sie dafür Belege bereit, etwa zu Miete, Energiekosten, Unterhaltsverpflichtungen und aktuelle Bescheide.

Typische Fehler der Jobcenter – darauf sollten Sie pochen

  • Fehlerhafte oder fehlende Rechtsbehelfsbelehrung → Fristen laufen nicht oder später an.
  • Unklare Tatumschreibung/Beweislage → Angriffspunkt für Einstellung.
  • Zustellmängel (kein Nachweis, falsche Adresse) → Frist nicht wirksam in Gang gesetzt.
  • Kein Ermessensgebrauch (Schema F) → Reduzierung/Einstellung verlangen, soziale Lage betonen.

Praxis: Musterschreiben

Muster 1: Einspruch (per Brief/Fax/zur Niederschrift)

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Absender
An die Bußgeldstelle/Jobcenter …
Az.: …

Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom … (zugestellt am …)

Hiermit lege ich fristgerecht Einspruch gegen den o.g. Bußgeldbescheid ein.
Die Begründung reiche ich nach, sobald mir Akteneinsicht gewährt wurde.

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Bitte bestätigen Sie den fristgerechten Eingang.
Ort/Datum, Unterschrift
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Muster 2: Antrag auf Akteneinsicht

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Absender
An die Bußgeldstelle/Jobcenter …
Az.: …

Akteneinsicht im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Hiermit beantrage ich Akteneinsicht in die vollständige Verfahrensakte
(einschließlich Beweismittelverzeichnis, Vernehmungs-/Anhörungsprotokolle,
Zustellnachweise). Bitte übersenden Sie mir Kopien/elektronische Abschriften.
Ort/Datum, Unterschrift
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Muster 3: Antrag auf Einstellung/Reduzierung

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Absender
An die Bußgeldstelle/Jobcenter …
Az.: …

Antrag auf Einstellung hilfsweise Reduzierung der Geldbuße

Nach Akteneinsicht beantrage ich die Einstellung des Verfahrens, hilfsweise die
Reduzierung der Geldbuße. Begründung: (Geringfügigkeit/fehlender Vorsatz/
Beweisprobleme/Verfahrensfehler/soziale Härte – Existenzgefährdung). Belege anbei.
Ort/Datum, Unterschrift
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Muster 4: Antrag auf Ratenzahlung/Stundung

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Absender
An die Bußgeldstelle/Jobcenter …
Az.: …

Antrag auf Ratenzahlung/Stundung

Aufgrund meiner finanziellen Situation beantrage ich Ratenzahlung/Stundung in Höhe von
… €/Monat ab …. Übersicht über Einnahmen/Ausgaben und Belege liegen bei.
Ort/Datum, Unterschrift
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Fristen & Verjährung auf einen Blick

Einspruchsfrist: 14 Tage ab Zustellung.
Form: Brief, Fax, zur Niederschrift (keine einfache E-Mail).
Wiedereinsetzung: Möglich bei unverschuldeter Versäumnis – sofort beantragen.
Verfolgungsverjährung: i. d. R. 1–2 Jahre, je nach Höchstbuße.
Unterbrechung der Verjährung: z. B. Anhörung, Erlass/Zustellung des Bescheids.

Fazit

Die Juli-Leitlinien führen in der Praxis zu strengerem Vorgehen der Jobcenter. Wer die Form wahrt, Fristen hält und die Akte prüft, hat realistische Chancen auf Einstellung oder Reduzierung – und schützt sich gleichzeitig vor unverhältnismäßigem Vollstreckungsdruck.