Weniger Krankengeld nach der Reha – Was steckt hinter dem Urteil?

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Wenn jemand wรคhrend der Reha รœbergangsgeld erhalten hat und danach Krankengeld bekommt, dann muss die Krankenkasse das Krankengeld nicht nach dem vorherigen Gehalt berechnen. Der MaรŸstab ist nicht das ausgezahlte รœbergangsgeld, sondern 80 % der Bemessungsgrundlage, die der Rentenversicherung fรผr das รœbergangsgeld zugrunde lag. So entschied das Landessozialgericht Baden-Wรผrttemberg โ€“ mit weitreichenden Folgen fรผr die Betroffenen. (L11 KR 2924/23)

Wer hat Anspruch auf Krankengeld?

Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung und zรคhlt zu den Elementen der Sozialversicherung. Es soll dazu dienen, dass gesetzlich Krankenversicherte auch bei lรคngerfristiger Arbeitsunfรคhigkeit nicht im finanziellen Nichts stehen.

Wie berechnet sich das Krankengeld?

Normalerweise orientiert sich das Krankengeld an den jeweiligen Einkรผnften des Vorjahres und wird als Prozentsatz vom Bruttoeinkommen ausgezahlt. Auch der Versicherungsstatus und Vorerkrankungen spielen in die Berechnung hinein. Der vorliegende Fall zeigt, dass sich auch bereits zuvor bezogenes รœbergangsgeld auf die Hรถhe des Krankengeldes auswirkt โ€“ und zwar negativ.

Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben

Der Betroffene nahm an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben der Deutschen Rentenversicherung Baden-Wรผrttemberg teil und bekam wรคhrenddessen รœbergangsgeld in der Hรถhe von 47,81 Euro pro Tag.

Im Anschluss wurde er arbeitsunfรคhig und bezog Krankengeld. Berechnet wurde auf Basis 80 % der Bemessungsgrundlage โ€“ die Krankenkasse hat also nicht den Zahlbetrag 47,81 โ‚ฌ als Ausgang genommen.

Entscheidung am Landessozialgericht

Der Erkrankte lehnte die Berechnung ab und legte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Er vertrat den Standpunkt, dass ihm Krankengeld nach seinem vor der Rehabilitation bezogenen Gehalt zustรคnde, und es dementsprechend hรถher ausfallen mรผsse.

Die Krankenkasse wies den Widerspruch zurรผck, und der Mann klagte, um seinen Anspruch durchzusetzen. Es ging bis zur zweiten Instanz, bis zum Landessozialgericht.

Die Krankenkasse verwies hingegen auf den Paragrafen 47, Absatz 4, Satz 2 im Sozialgesetzbuch V. Nach diesem gilt fรผr nicht als Arbeitnehmer Versicherte der zuletzt fรผr die Beitragsbemessung maรŸgebende Betrag.

Gericht sieht Krankenkasse im Recht

Die Klage scheiterte auch in der Berufung vor dem Landessozialgericht. Dieses stellte klar, dass die Krankenkasse die Leistung richtig berechnet hatte. Denn als Teilnehmer an einer RehabilitationsmaรŸnahme sei er im Sinne des Gesetzes ein Nicht-Arbeitnehmer gewesen.

Damit wรผrde sich der berechnete Prozentsatz des Krankengeldes nicht auf sein frรผheres Arbeitsentgelt beziehen, sondern liege bei 80 Prozent des zuvor bezogenen รœbergangsgeldes.

Die letzte beitragspflichtige Einnahme, nach der das Krankengeld sich ausrichtet, sei in diesem Fall das รœbergangsgeld. Dies ginge aus dem Paragrafen 235, Absatz 1 des Sozialgesetzbuches V hervor.

Was bedeutet dieses Urteil fรผr die Betroffenen?

Eine Revision vor dem Bundessozialgericht lieรŸ das Landessozialgericht zu, weil die Entscheidung von groรŸer Bedeutung ist. Fรผr Betroffene ist die Entscheidung zwar nicht positiv, verschafft aber immerhin Rechtssicherheit.

Wenn Sie Krankengeld nach einer Reha bekommen, in der Sie รœbergangsgeld enthielten, fรคllt dieses niedrig aus.

รœbergangsgeld betrรคgt generell 68 Prozent des letzten Netto-Entgelts. Krankengeld liegt gewรถhnlich bei rund 70 Prozent des letzten Bruttoarbeitsentgelts und maximal bei 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts.

Krankengeld und รœbergangsgeld werden zwar beide nach dem letzten Lohn berechnet, beim รœbergangsgeld spielt aber die Qualifikationsstufe noch in die Berechnung hinein. Mehrheitlich ist das รœbergangsgeld etwas niedriger als das Krankengeld, bei Unqualifizierten und Geringverdienern ist das Krankengeld hรถher.

Sie bekommen weit weniger Krankengeld

Gehen wir einfachheitshalber davon aus, dass beide gleich hoch wรคren, beide nach dem letzten Arbeitsentgelt berechnet sind und Sie bei beiden 80 Prozent des letzten Bruttogehalts bekommen.

Beispielrechnung:

  • Ausgangslage: letztes brutto 2.000 โ‚ฌ, netto 1.500 โ‚ฌ
  • Schritt 1 โ€“ Bemessungsgrundlage รœbergangsgeld (Regelentgelt): 80 % von 2.000 โ‚ฌ = 1.600 โ‚ฌ monatlich
  • Schritt 2 โ€“ Nettodeckel greift: maรŸgebend wird 1.500 โ‚ฌ (netto)
  • Schritt 3 โ€“ รœbergangsgeld: 68 % davon = 1.020 โ‚ฌ
  • Schritt 4 โ€“ Krankengeld-Regelentgelt: 80 % von 1.500 โ‚ฌ = 1.200 โ‚ฌ
  • Schritt 5 โ€“ Krankengeld: 70 % von 1.200 โ‚ฌ = 840 โ‚ฌ
  • Ergebnis: Statt regulรคr bis zu 1.050 โ‚ฌ (70 % von Netto) erhรคlt die Person 840 โ‚ฌ; das sind 20 % weniger.

Bei einem Gehalt von 2.000 Euro bekรคmen Sie statt 1.600 Euro nur noch 1.280 Euro.