Sozialhilfe: Keine Erhöhung des Regelsatzes für Haushaltsstrom, Gaststättenbesuche und Hilfe beim Einkauf

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Ein Bezieher von Sozialhilfe ( Leistungen nach dem 4. Kapitel ), Pflegegrad 2, ein GdB von 100 sowie das Merkzeichen G, welcher mit seiner Frau, die aktuell Bürgergeld – Leistungen bezieht, macht bei der Behörde folgende Bedarfe für Haushaltsstrom, Gaststättenbesuche und Hilfe beim Einkauf geltend.

Mit heutigem Urteil gibt das Bundessozialgericht in Kassel (Urt. v. 18.12.2024 – B 8 SO 8/23 R -) bekannt: Für Bedarfe für Haushaltsstrom, Gaststättenbesuche und Hilfe beim Einkauf kommt eine abweichende Festsetzung des Regelsatzes nicht in Betracht.

Nach § 27a Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB XII wird im Einzelfall der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt, wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.

Der notwendige Lebensunterhalt ist im Regelfall mit den Regelsätzen zu decken.

Ein sozialhilferechtlich relevanter abweichender unausweichlicher Bedarf ist vorliegend nicht erkennbar. Ebenso liegen keine atypischen Bedarfe bei sonstigen Lebenslagen iS von § 73 SGB XII vor, denn die geltend gemachten Bedarfe sind im Regelsatz bzw im Mehrbedarfszuschlag abgebildet (vgl. dazu BSG vom 18.7.2019 – B 8 SO 4/18 R – ).

Erhöhter Haushaltsstromverbrauch aufgrund nächtlicher Aktivitäten

Anspruch auf Berücksichtigung von monatlich weiteren 20 Euro wegen erhöhten Haushaltsstromverbrauchs aufgrund nächtlicher Aktivitäten (Licht, Fernseher, Computer) besteht nicht. Denn Der Bedarf an Haushaltsenergie/Strom (ohne die auf Heizung und Warmwasserbereitung entfallenden Anteile) ist im Regelbedarf abgebildet.

Soweit der Sozialhilfeempfänger vorbringt, bei ihm bestehe ein gestörter Tag-/Nacht-Rhythmus, verursacht dies keinen abweichenden Bedarf.

Denn anders kann dies allenfalls zu bewerten sein, wenn aus nachgewiesenen medizinischen Gründen stromintensive Geräte betrieben werden müssen (LSG Berlin-Brandenburg vom 16.4.2007 – L 23 B 186/06 SO ER – ). Unterschiedliche individuelle Lebensgewohnheiten verursachen indes noch keinen sozialhilferechtlich relevanten abweichenden Bedarf.

Damit ist der Kläger im Rahmen der Leistungen für den Lebensunterhalt darauf zu verweisen, dass (behauptete) punktuelle Unterdeckungen grundsätzlich intern ausgeglichen werden müssen.

Bedarf für Gaststättenbesuche

Auch für diesem geltend gemachten Bedarf für Gaststättenbesuche kommt eine abweichende Regelsatzfestsetzung nicht in Betracht. Das Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme ist in § 5 Abteilung 1 und 2 RBEG (Nahrungsmittel und Getränke, vgl BT-Drucks 19/22750 S 22), der Besuch von Gaststätten in Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) abgebildet.

Aufwendungen für einen Einkaufshelfer

Auch dieser Bedarf kann nicht berücksichtigt werden, denn die Ehefrau des Klägers kann im nahegelegenen Supermarkt die notwendigen Einkäufe zumutbar bewältigen. Auch Hilfen zur Weiterführung des Haushalts (§ 70 Abs 1 Satz 1 SGB XII) scheiden aus diesem Grund aus.

Wegen der Einschränkung seines Gehvermögens ist außerdem in der Bedarfsrechnung ein Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII in die Bedarfsberechnung eingestellt, der gerade bezweckt, Bedarfspositionen abzudecken, die an eine eingeschränkte Mobilität anknüpfen, weshalb die geltend gemachten Bedarfe dem Regelungsbereich des § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII zuzuordnen sind und eine abweichende Festsetzung nach § 27a Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB XII ausscheidet (vgl BSG vom 29.9.2009 – B 8 SO 5/08 R -).

Tipp vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

Bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung hat der 8. Senat des Bundessozialgerichts mit heutigem Tage bekannt gegeben, dass das Sozialamt auch Kosten für den Heizstrom eines Heizstrahlers als Heizkosten übernehmen ( (vgl zur Schätzung der Stromkosten eines Heizstrahlers BSG vom 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R – SozR 4-4200 § 21 Nr 12 RdNr 37 und die Vorinstanz LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2009 – L 12 AS 4179/08 – ) muss.