Hartz IV: Jobcenter nimmt Omas Geschenke weg

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Müssen nicht-zweckbestimmte Geldgeschenke an Geburtstagen von Verwandten an Kinder grundsätzlich als Einkommen angerechnet werden? Darüber wird das Bundessozialgericht in Kassel am kommenden Dienstag entscheiden.

21.08.2011

Kinder in sogenannten Hartz IV Familien haben nach Ansicht der Richter des Landessozialgerichts Chemnitz keinen Anspruch auf Geldgeschenke zum Geburtstag oder Weihnachtsfest. Am kommenden Dienstag wird das Bundessozialgericht in einem Revisionsverfahren darüber entscheiden, ob Kinder auch außerhalb der Regelleistungen „nicht zweckbestimmte Geldgeschenke“ von ihren Tanten, Omas und Verwandten erhalten dürfen, ohne dass der Hartz IV Satz gekürzt wird.

Im konkreten Fall hatte eine Großmutter zwischen November 2006 und Februar 2007 für ihre Enkelkinder Geld zum Weihnachtsfest und Geburtstag an die Kindesmutter überwiesen. Für jedes der drei Kinder überwies die Oma jeweils 100 Euro zu Weihnachten und für zwei Kinder zum Geburtstag je 135 Euro. Insgesamt wurden demnach in dem benannten Zeitraum 570 Euro auf das Konto der Mutter überwiesen. Das Jobcenter des Landkreises Leipzig verlangte daraufhin die Kontoauszüge der Mutter und kürzte die ALG II Regelleistungen, um fast den gesamten Geldbetrag, den die Oma überwiesen hatte. In der Begründung hieß es, dass die Geldleistungen als „Einkommen“ bewertet werden müssen. Gegen den Bescheid des Leistungsträgers klagte die Mutter.

Sozialgericht: 50 Euro bleiben anrechnungsfrei
Das Sozialgericht in Leipzig urteilte daraufhin, dass die Geldüberweisungen zu Feierlichkeiten der Kinder den Betrag von 50 Euro nicht übersteigen dürfen. Demnach hätte das Jobcenter nicht die volle Summe zurückfordern dürfen, sondern nur einen Teilbetrag. 250 Euro sollten laut Urteil Anrechnungsfrei bleiben. Die Beträge darüber gelten demnach als Einkommen und müssten zurück an das Jobcenter gezahlt werden (Sozialgericht Leipzig, Aktenzeichen: S 25 AS 2897/07).

Jobcenter ging in Revision und bekam Recht
Doch dem Jobcenter des Kreises Leipzig reichte das nicht aus. Da das Geld an die Mutter überwiesen wurde, sollten 510 Euro zurückerstattet werden. Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Landessozialgericht Chemnitz im Berufsverfahren an. Das Vorgehen des Jobcenters gehe Konform mit den Regelungen der Sozialgesetzgebungen. In der damalige Urteilsbegründung hieß es, dass die Geldgeschenke nicht „zweckbestimmt“ gewesen seien. Das Motiv der Großmutter, die Kind können sich mit dem Geld „einen Wunsch erfüllen“, erfülle keinen bestimmten Zweck wie beispielsweise einer konkreten Anschaffung außerhalb der Regelleitungen. Hieraus ergebe sich, dass damit etwas anderes gemeint ist, als ein von Hartz IV bereits berücksichtigter Zweck. Weil das Geld den Kindern zur freien Verfügung stand, bestehe der gleiche Zweck wie bei den Regelleistungen der Grundsicherung. In den Bezügen seien Spielzeug oder Kleidung mit eingerechnet. Demnach komme auch eine Reduzierung auf 50 Euro monatlich nicht in Betracht, wie die Richter urteilten. Die Familie haben deshalb das Geld in voller Höhe zurück zuzahlen. Dennoch erkannten die Landessozialrichter, dass der Fall eine „grundsätzliche Bedeutung“ inne hat. Aus diesem Grund wurde eine Revision vor dem Bundessozialgericht in Kassel zugelassen. (Landessozialgericht Sachsen, Aktenzeichen: L 2 AS 248/09) Der Anwalt der Familie beantragte daher ein Berufsverfahren. Das Bundessozialgericht in Kassel wird sich nun am Dienstag des Falles annehmen und abschließend entscheiden (Az: B 14 AS 74/10 R).

Ausweg Vermögensfreigrenze für Kinder
In der Zwischenzeit hatten soziale Einrichten und Erwerbslosen-Initiativen auf einen Ausweg für ebenfalls Betroffene verwiesen. Ein Hintertürchen könnte die Vermögensfreigrenze für Kinder sein. Jedem Kind steht ein bestimmter jährlicher Freibetrag zu. Wird das Geld einem bestimmten Zweck zugewiesen, kann die Geldleistung behalten werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte dies im Vorfeld mit dem Leistungsträger abgesprochen werden. Ein konkreter Zweck könnte beispielsweise die Anschaffung eines Fahrrades oder ein Führerschein sein. Eventuell müssen Belege für die Anschaffung vorgelegt werden. Über den Ausgang des Verhandlung vor dem Bundessozialgericht werden wir am Dienstag berichten. (sb)

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Bild: Angelina S. / pixelio.de

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