Wenn eine Ehe weniger als ein Jahr andauert, muss im Todesfall der oder die Hinterbliebene glaubhaft machen, dass die Heirat nicht wesentlich zur Versorgung nach dem Tod stattfand. Ansonsten erlischt der Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente.
Wenn der verstorbene Partner am Hochzeitstermin an absehbar tödlichem Krebs erkrankt war und zwei Monate später stirbt, geht die Rentenversicherung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Versorgungsehe aus.
Trotzdem erkannte das Sozialgericht Berlin auch in einem solchen Fall den Anspruch auf eine Witwenrente an. Denn es hatte Monate gedauert, der erforderlichen Papiere für die Eheschließung aus der Ukraine zu besorgen, und ohne diese bürokratischen Hindernisse hätte die Hochzeit viel früher stattgefunden. (S 11 R 1839/16)
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Tod zwei Monate nach der Hochzeit
Die Witwe stammt aus der Ukraine. Ihren späteren Ehemann lernte sie 2007 keinen, Im Dezember 2010 diagnostizierten Ärzte eine fortgeschrittene Krebserkrankung. Im Februar 2011 beantragten die beiden die Eheschließung beim Standesamt und heirateten einen Monat später. Bereits im Juni 2011 starb der Mann an Krebs.
Für die Rentenversicherung ist der Fall klar
Die Witwe beantragte eine Witwenrente bei der Deutschen Rentenversicherung. Doch üfr die Rentenkasse war der Fall klar. Zwar hätten sich die Partner bereits 2007 kennengelernt, doch die Hochzeit hätten sie erst in die Wege geleitet, als sie bereits von der lebensbedrohlichen Erkrankung gewusst hätten.
Der Tod sei zwei Monate nach der Heirat eingetreten, und die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht widerlegt.
Ein Widerspruch der Betroffenen bei der Rentenversicherung blieb erfolglos, und deshlab reichte sie Klage beim Sozialgericht Berlin ein.
Es geht immer um die Gesamtbetrachtung
Die dortigen Richter erklärten, dass es bei der Prüfung einer möglichen Versorgungsehe imme rum die gesamten Umstände gehe. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei immer dann nicht gerechtfertigt, wenn andere Beweggründe als eine Versorgungsabsicht überwögen oder zumindest gleichwertig seien. Solche Beweggründe müsse der oder die Hinterbliebene nachweisen.
Bei lebensbedrohlicher Erkrankung ist die Beweislast hoch
Die Richter führten dann aus, welche Punkte in diesem Fall für die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sprächen, und die waren hier enorm. Je offensichtlicher die Lebensbedrohung durch eine Krankheit sei, um sie größer seien die Zweifel daran, dass eine Versorgungsabsicht nicht der Hauptgrund für die Ehe gewesen sei.
Lange ehelose Partnerschaft spricht nicht gegen Versorgungsehe
Dem stehe auch eine langjährige Beziehung vor der Ehe nicht entgegen. Es sei sogar das Gegenteil der Fall. Eine lange Partnerschaft ohne Ehe spreche vielmehr dafür, dass die Partner garnicht heiraten wollten, sondern diesen Schritt erst taten, damit die Hinterbliebene nach dem Tod abgesichert ist.
Heiratspläne gab es schon vorher
Trotz dieser harten Argumente für eine Versorgungsehe sahen die Richter die Vermutung als widerlegt an. Denn die Beiden hätten konkrete und ernsthafte Heiratsabsichten bereits Monate vor der Ehe und Monate vor dem Wissen um die Erkrankung gehabt.
Es dauert viele Monate, bis die Papiere beisammen sind
Bereits 2010 hätten sich beide Partner bemüht, die für die Eheschließung erforderlichen Papiere zu besorgen. Die Witwe hätte Monate gewartet, bis sie die erforderlichen Dokumente aus der Ukraine bekommen hätte.
Das Standesamt hätte zusätzlich bestätigt, dass bei Ehen mit ausländischen Staatsangehörigen in der Regel Monate vergingen zwischen der ersten Auskunft über die nötigen Papiere bis zu deren Beschaffung.