Mehr Rente durch Erziehungszeiten: So den Antrag V0800 und V0805 richtig ausfüllen

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Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten können spürbar zur späteren Rente beitragen. Sie honorieren die gesellschaftlich wichtige Erziehungsarbeit und schließen Lücken im Versicherungsverlauf. Automatisch erfasst werden diese Zeiten jedoch nicht. Sie müssen aktiv beantragt und in die Kontenklärung eingebracht werden.

Wichtig ist dabei die Kombination aus Kontenklärungsantrag V0100 und dem speziellen Antrag V0800 für Kindererziehungs- bzw. Kinderberücksichtigungszeiten.

Je nach Familiensituation kommt zusätzlich der Zusatzfragebogen V0805 ins Spiel. Wer diese Formulare systematisch angeht, vermeidet Rückfragen und beschleunigt die Anerkennung.

Erste Station: Kontenklärung mit V0100

Im Rahmen der Kontenklärung wird Ihr Versicherungsverlauf auf Vollständigkeit überprüft. Der V0100 stellt hierzu gezielte Fragen, unter anderem, ob Erziehungszeiten noch nachzutragen sind. Ist das der Fall, führt der Weg direkt zum V0800.

Eine Besonderheit gleich zu Beginn: Es wird nach dem Wohnsitz am 18. Mai 1990 gefragt. Hintergrund sind rentenrechtliche Sonderregelungen für Versicherte, die zu diesem Stichtag in der ehemaligen DDR lebten. Diese Angabe ist keine Nebensächlichkeit, sondern kann den Rentenverlauf beeinflussen.

V0800: Persönliche Angaben

Das Ausfüllen der persönlichen Daten ist Routine. Auffällig bleibt die Frage nach dem Wohnsitz zum Stichtag 18. Mai 1990, die – wie erwähnt – der Abgrenzung historischer Rechtslagen dient. Sorgfalt hilft hier, spätere Rückfragen zu vermeiden.

Welche Kinder werden erfasst – und wie vollständig?

Im zweiten Abschnitt werden die Kinder benannt, für die Zeiten geltend gemacht werden. Bei einer ersten Kontenklärung werden grundsätzlich alle Kinder eingetragen. Gibt es mehr als zwei, werden die entsprechenden Seiten vervielfältigt.

Wenn in der Vergangenheit bereits Erziehungs- und Berücksichtigungszeiten anerkannt wurden, sind nur die Kinder anzugeben, bei denen die Kinderberücksichtigungszeit noch nicht vollständig bis zum zehnten Lebensjahr erfasst ist.

Kinder, die beim letzten Antrag bereits älter als zehn waren und für die die Berücksichtigung bis dahin anerkannt ist, müssen nicht erneut aufgeführt werden.

Ein Beispiel verdeutlicht die Logik: Bei drei Kindern mit Geburtsjahren 2000, 2005 und 2015 und einer Kontenklärung im Jahr 2013 ist das älteste Kind beim erneuten Antrag im Jahr 2022 nicht mehr relevant, weil es 2013 bereits über zehn Jahre alt war. Für Nachweise genügt häufig die Geburtsurkunde des jüngsten Kindes, wenn die Unterlagen der älteren Geschwister schon früher vorlagen.

Für jedes Kind werden Geburtsdatum, gegebenenfalls Sterbedatum, sowie der rechtliche Status abgefragt.

Bei Stiefkindern gilt: Kindererziehungs- oder Kinderberücksichtigungszeiten können erst ab Eheschließung mit dem leiblichen Elternteil anerkannt werden; vorherige Anerkennung ist nur möglich, wenn das Kind als Pflegekind galt.

Ein Pflegekindschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Kind dauerhaft in häuslicher Gemeinschaft mit Pflegeeltern lebt und eine familiäre Bindung besteht. Der Nachweis erfolgt regelmäßig über eine Jugendamtsbescheinigung oder eine Melderegisterbescheinigung zum gemeinsamen Wohnsitz.

Beantragen Stief- oder Pflegeeltern die Anerkennung, ist für jedes betroffene Kind zusätzlich der V0805 erforderlich. Am Ende des Frageblocks wird außerdem abgefragt, ob das Kind ununterbrochen erzogen wurde.

Erziehung liegt auch dann vor, wenn das Kind während einer Erwerbstätigkeit zeitweise von Großeltern, Tagespflegepersonen oder einer Kita betreut wurde. Keine Erziehung im rentenrechtlichen Sinn liegt in der Regel vor, wenn kein gemeinsamer Haushalt bestand, etwa bei Heimunterbringung oder wenn das Kind beim anderen Elternteil lebte.

Wohnsitz während der Erziehung – Ost oder West?

Bis zum zehnten Geburtstag des Kindes ist anzugeben, wo die Erziehung stattfand. Rechtlicher Hintergrund ist die bisherige Unterscheidung von Entgeltpunkten Ost und West.

Auch wenn die Anerkennung der Zeiten an sich identisch verläuft, wurden Erziehungsleistungen je nach Ort bisher unterschiedlichen Bewertungssystemen zugeordnet. Nach aktueller Rechtslage wird diese Differenzierung aufgehoben, sodass perspektivisch keine unterschiedliche Bewertung mehr erfolgen soll.

Die historische Zuordnung bleibt für zurückliegende Zeiträume dennoch dokumentationspflichtig.

Mitgliedschaft in anderen Alterssicherungssystemen

Von zentraler Bedeutung ist die Frage, ob während der Erziehung eine Mitgliedschaft in einem anderen Alterssicherungssystem bestand, etwa im Beamtenrecht oder in einer berufsständischen Versorgung. Werden aufgrund der Erziehung dort vergleichbare Anwartschaften erworben, kann die Anerkennung in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen sein.

Das betrifft insbesondere Beamtinnen und Beamte sowie Personen mit kirchenrechtlichen Versorgungen.

Bei berufsständischen Versorgungen lohnt der Blick in die jeweilige Satzung, da die Ausgestaltung variiert. Ein Ausschluss ist jedenfalls gegeben, wenn bereits während der Erziehungszeit eine Versorgung aus dem anderen System bezogen wurde.

Selbstständigkeit während der Erziehung

Wer während der Erziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten selbstständig war, muss angeben, ob die Tätigkeit nur geringfügig oder darüber hinausgehend ausgeübt wurde. Rechtlich bedeutsam ist, dass Kinderberücksichtigungszeiten bei selbstständig Erwerbstätigen mit einem monatlichen Gewinn oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze nur anerkannt werden, wenn Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand.

Fehlt diese Pflichtversicherung, scheidet die Anerkennung aus. In Partnerschaften sollte dann geprüft werden, ob die Zeiten sinnvollerweise beim anderen Elternteil anerkannt werden können.

Erziehung im Ausland, besondere Statusfragen und Ausnahmen

Erfolgte die Erziehung außerhalb Deutschlands, ist eine Anerkennung in der Regel ausgeschlossen. Ausnahmen greifen unter anderem, wenn die Entsendung durch einen deutschen Arbeitgeber erfolgte.

Für Asylberechtigte und Spätaussiedler bestehen ebenfalls besondere Regelungen. Unabhängig von der Staatsangehörigkeit ist ein rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland erforderlich, weshalb für nichtdeutsche Staatsangehörige der aufenthaltsrechtliche Status während der Erziehung zu belegen ist.

Auch der umgekehrte Sonderfall wird erfasst: Selbst wenn die Erziehung in Deutschland stattfand, kann eine Anerkennung ausgeschlossen sein, etwa bei Zugehörigkeit zu ausländischen Streitkräften oder bei Entsendung durch ein ausländisches Unternehmen.

Diese Konstellationen werden im zehnten Frageblock abgefragt. In der überwiegenden Zahl der Fälle lassen sich die Fragen ohne Besonderheiten verneinen.

Bei wem werden die Zeiten gutgeschrieben?

Im elften Abschnitt entscheidet sich, welchem Elternteil die Erziehungs- und Berücksichtigungszeiten zugeordnet werden. Eine zeitliche Aufteilung ist möglich, eine doppelte Gutschrift für denselben Zeitraum ausgeschlossen.

Wichtig ist die formale Zuständigkeit: Der Frageblock 11 ist nur auszufüllen, wenn die Mutter den Antrag stellt. Beantragt der Vater oder eine andere Person, die nicht die Mutter ist, die Anerkennung, entfällt dieser Block – dafür ist für jedes Kind der V0805 auszufüllen.

Für alleinerziehende Mütter, die von der Geburt bis zum zehnten Lebensjahr durchgehend allein erzogen haben, ist der Weg besonders klar: Mit der passenden Antwort in Frage 11.1 ist der Antrag praktisch abgeschlossen.

Überschaubar bleibt es auch bei gemeinsamer Erziehung, wenn feststeht, dass die Mutter überwiegend erzogen hat oder beide Elternteile die Erziehungsleistung zeitlich gleichwertig erbracht haben. „Überwiegend“ meint, dass unter objektiven Gesichtspunkten mehr Zeit mit dem Kind verbracht wurde oder hätte verbracht werden können als der andere Elternteil – etwa, wenn die Mutter nicht oder in Teilzeit arbeitete, der Vater aber vollzeitbeschäftigt war.

In diesen Fällen wird die entsprechende Auswahl in 11.1 und 11.2 getroffen; zusätzlich sind Angaben zum anderen Elternteil erforderlich und dessen Unterschrift, die die überwiegende Erziehung bestätigt. Ist die Unterschrift nicht zu beschaffen, muss der Grund benannt werden.

Übereinstimmende Erklärung – nur für die Zukunft

Zum Schluss fragt der V0800, ob eine übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeiten abgegeben wurde. Mit einer solchen Erklärung können Eltern festlegen, dass die Zeiten künftig bei einem Elternteil anerkannt werden, selbst wenn nach der Rechtslage eigentlich der andere anspruchsberechtigt wäre.

Diese Erklärung wirkt ausschließlich für die Zukunft und sollte idealerweise früh, im besten Fall kurz nach der Geburt, erfolgen. Wurde keine Erklärung abgegeben, wird dies entsprechend vermerkt.

Der Zusatzfragebogen V0805: Wenn Vater, Stief- oder Pflegeeltern beantragen – oder Erziehungsphasen wechseln

Der V0805 ist immer dann erforderlich, wenn nicht die Mutter beantragt oder wenn Erziehungsphasen nicht durchgehend von null bis zehn Jahren in einer Hand lagen. Inhaltlich greift der V0805 viele Fragen aus dem V0800 auf, ergänzt aber um eine feingliedrige zeitliche Zuordnung.

Nach den persönlichen Daten folgen die Angaben zum Kind. Anschließend wird erfasst, ob die häusliche Gemeinschaft während der ersten zehn Lebensjahre unterbrochen war; entsprechende Zeiträume sind konkret zu benennen.

Besonders wichtig ist der Block zur Erziehungsbiografie: Wer hat wann erzogen, und gab es Phasen gemeinsamer Erziehung? Bei gemeinsamer Erziehung ist die Angabe, wer überwiegend erzog, zwingend – zudem ist die Unterschrift des anderen Elternteils erforderlich, um die Angaben zu bestätigen.

Der V0805 enthält außerdem einen eigenen Abschnitt, wenn nicht die leibliche oder adoptive Mutter beantragt. Soweit bekannt, sind dann Angaben zur leiblichen bzw. adoptiven Mutter zu machen, einschließlich der Frage, ob dort beamtenrechtliche Ansprüche bestehen. Eine adoptive Mutter ist der leiblichen Mutter gleichgestellt; beantragt sie selbst, kann der entsprechende Abschnitt entfallen.

Nachweise und Unterlagen: Was dem Antrag beigelegt werden sollte

Unverzichtbar ist der Nachweis der Geburt des Kindes, für das Erziehungszeiten beantragt werden. In der Regel genügt eine Geburtsurkunde oder ein Auszug aus dem Familienbuch.

Oft reicht eine einfache Kopie, doch eine beglaubigte Abschrift schafft Rechtssicherheit und beschleunigt die Bearbeitung. Die Beglaubigung kann direkt bei der Deutschen Rentenversicherung erfolgen. Alternativ stellen Standesämter gebührenfrei Geburtsurkunden „für Zwecke der gesetzlichen Rentenversicherung“ aus, die dem Antrag im Original beigefügt werden können.

Weitere Nachweise – etwa Jugendamtsbescheinigungen bei Pflegekindschaft, Melderegisterauskünfte zur gemeinsamen Wohnung, Arbeitszeit- oder Beschäftigungsnachweise zur Einordnung der überwiegenden Erziehung oder Bescheinigungen anderer Versorgungssysteme – sollten beigefügt werden, wenn sie für die konkrete Konstellation relevant sind.

Praxisnahe Tipps für eine zügige Anerkennung

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine klare Struktur und vollständige Belege Bearbeitungszeiten verkürzen. Elternteile sollten frühzeitig klären, bei wem die Zeiten sinnvollerweise anerkannt werden, insbesondere wenn Selbstständigkeit ohne Rentenversicherungspflicht vorlag. Zeitliche Veränderungen – etwa Trennung, Wechsel der hauptsächlichen Betreuung oder Auslandsaufenthalte – sollten im V0805 präzise mit Daten hinterlegt werden.

Wo Unterschriften des anderen Elternteils erforderlich sind, hilft es, diese frühzeitig einzuholen oder anderweitig zu dokumentieren, warum dies nicht möglich ist. Bei Stief- und Pflegekindschaften sind formale Nachweise zur rechtlichen Einordnung essenziell.

Fazit: Mehr Rente mit Kindererziehungszeiten, wenn man richtig vorgeht

Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten sind ein zentrales Element für eine faire Rentenbiografie. Sie erfordern jedoch Aufmerksamkeit bei der Antragstellung.

Wer den V0100 für die Kontenklärung mit dem V0800 kombiniert und – je nach Lebenssachverhalt – den V0805 sorgfältig ergänzt, schafft die Grundlage für eine zügige und rechtssichere Anerkennung.

Sehr wichtig sind vollständige Angaben, eine belastbare zeitliche Zuordnung der Erziehungsphasen und passende Nachweise. So wird Erziehungsarbeit nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rentenrechtlich angemessen abgebildet.