Einem jungen schwerbehinderten Mann mit Prader-Willy-Syndrom wurde im Eilverfahren Eingliederungshilfe in Form einer Geldleistung in Höhe von – 44.841,48 € – monatlich zugesprochen (LSG Baden-Württemberg, 17.9.2025 – L 2 SO 2657/25 ER-B -).
Der 2. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat damit die Vorinstanz im wesentlichem bestätigt ( SG Freiburg, Beschluss v. 8.8.2025 – S 10 SO 2132/25 ER – ).
Vorangegangen war eine jahrelange Suche nach einer geeigneten Versorgung. Während dieser Zeit wurde der Antragsteller von seinen die Eltern versorgt, die dadurch in so hohem Maß überfordert wurden, dass sie gesundheitliche Schädigungen davontrugen – leider kein Einzelfall, vgl. SG Freiburg, 27.5.2025, S 7 SO 1914/23, so der Sozialrechtler Roland Rosenow.
Er führt weiter dazu aus:
Wenn der Träger der Eingliederungshilfe seinen Sicherstellungsauftrag nicht erfüllt, führt das zunächst oft dazu, dass Leistungsberechtigte die Leistungen, die sie brauchen, nicht erhalten – oft mit durchaus furchtbaren Folgen für sie selbst und für ihre Angehörigen.
Wenn sie aber einen Leistungserbringer finden, der die benötigte Leistung anbietet, dann muss der Träger der Eingliederungshilfe für diese Leistung eine Geldleistung bewilligen – und zwar unabhängig davon, ob sie wirtschaftlich ist.
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip kann er nur durch den Vergleich mit einer günstigeren und in der Regel vereinbarungsgebundenen Leistung durchsetzen, § 104 Abs. 2 SGB IX.
Denn es gilt: erst Sicherstellung der Leistung, dann Wirtschaftlichkeit!
Der Anspruch auf eine Leistung geht nicht dadurch unter, dass der Träger der Eingliederungshilfe es versäumt, seinen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Wenn er eine Leistung, für die eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung besteht, nicht anbieten kann, dann muss er eine Geldleistung bewilligen (soweit nicht die besonderen Voraussetzungen des § 123 Abs. 5 SGB IX erfüllt sind).
Es ist nicht erforderlich, dass die leistungsberechtigte Person ein persönliches Budget beantragt.
Anmerkung vom Sozialrechtler Detlef Brock
Die Behörde für Eingliederungshilfe muss die Bedarfsdeckung sicherstellen!
Sie muss sicherstellen, dass Leistungen zur Eingliederungshilfe erbracht werden können. Wenn sie das – nicht – tut, finden Betroffene keinen anerkannten Leistungserbringer und bleiben mit ihrem Hilfebedarf allein. Für die Betroffenen hat das immer schwerwiegende Folgen.
Meilenstein in der Rechtsprechung
Der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg hat nun klargestellt, dass in solchen Fällen Geldleistungen zu erbringen sind, damit sich Betroffene auf dem freien Markt einen geeigneten Anbieter suchen können. Die Behörde für Eingliederungshilfe kann dann keine – Unwirtschaftlichkeit – wegen hoher Kosten einwenden.
Die Betroffenen müssen auch kein persönliches Budget beantragen.



