Laut dem Kündigungsschutzgesetz muss eine entsprechende Klage innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Doch das Arbeitsgericht Iserlohn entschied bei einem Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung, dass das in Ausnahmen nicht gilt. (4 Ca 675/23)
Warum in diesem Fall die Klagefrist nicht von Bedeutung war, worauf Sie als Mensch mit Behinderung bei Klagen des Arbeitgebers achten müssen, und welche Nachteilsausgleiche Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsplatz haben, das zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes
Bei Schwerbehinderung gelten am Arbeitsplatz Nachteilsausgleiche. Zu diesen gehört, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes einholen muss, bevor er einem Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung kündigt. Bei dem Betroffenen hatte der Arbeitgeber jedoch gekündigt, ohne die Zustimmung des Integrationsamtes zu erhalten.
Klage erst fünf Monate nach der Kündigung
Trotzdem legte der Betroffene erst einmal keine Kündigungsschutzklage ein. Erst der Rechtsschutz des DGB informierte ihn, dass eine Kündigung in seinem nicht wirksam sei, wenn der Arbeitgeber diese ohne Bestätigung des Integrationsamtes ausspreche. Nach und wegen dieser Beratung klagte der Betroffene. Seit dem Zugang der Kündigung waren inzwischen fünf Monate verstrichen.
Arbeitsgericht nimmt die Klage an
Das Arbeitsgericht nahm die Klage nicht nur an, sondern erklärte die Kündigung auch für nichtig. Es erklärte, die Kündigung sei nicht wirksam, die Klage war nicht verfristet, da die Frist gemäß § 4 Satz 4 KSchG erst mit Bekanntgabe der Entscheidung des Integrationsamtes zu laufen beginnt – eine solche Entscheidung lag nicht vor.
Laut Kündigungsschutzgesetz laufe die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst ab der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde, wenn die Kündigung einer solchen behördlichen Zustimmung bedürfe.
Klagefrist hatte nicht einmal begonnen
Die zuständige Behörde war in diesem Fall das Integrationsamt. Da dieses aber nicht um seine Zustimmung ersucht worden war, fehlte auch die Zustimmung, was gerade der Inhalt der Klage war.
Wie lautet die gesetzliche Regelung?
Im Kündigungsschutzgesetz ist das Verfahren klar definiert. Dort steht im Paragrafen 4: „Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.“
Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung
Menschen mit Schwerbehinderung und diesen am Arbeitsplatz Gleichgestellte haben Nachteilsausgleiche am Arbeitsplatz. Diese sollen ihnen ermöglichen, am Arbeitsleben teilzuhaben, ohne wegen ihrer Einschränkungen benachteiligt zu werden.
Zu diesen Nachteilsausgleichen gehört eine angepasste Gestaltung des Arbeitsumfelds, das Recht auf zusätzliche Urlaubstage, das Verbot von Mehrarbeit und die Möglichkeit einer vorzeitigen Altersrente ohne Abschläge. Wichtig ist auch ein besonderer Kündigungsschutz.
Zustimmung gilt bei allen Kündigungen
So muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung eines Betroffenen die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Das gilt für alle Arten von Kündigungen und ist unabhängig vom Grund der beabsichtigten Kündigung. Es gilt nicht bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder in gegenseitigem Einverständnis.
Außerdem gibt es bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ein Präventionsverfahren sowie ein Betriebliches Eingliederungsmanagement, um zu verhindern, dass es überhaupt zu einer Kündigung kommt.