In einem bemerkenswerten Fall vor dem Sozialgericht für das Saarland ging es um die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft einer Klägerin. Ein ärztliches Gutachten, das zu einem positiven Ergebnis führte, spielte dabei eine zentrale Rolle – jedoch mit einem gravierenden Fehler: Der Gutachter verwechselte die Patientin.
Was war passiert?
Die Klägerin beantragte die Anerkennung ihrer Schwerbehinderteneigenschaft. Das Sozialgericht beauftragte daraufhin einen Arzt mit der Erstellung eines Gutachtens.
Dieses Gutachten stellte einen Grad der Behinderung von über 50 fest, was zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft führte. Aufgrund dieses Gutachtens gab das Landesamt ein Anerkenntnis ab, das von der Klägerin akzeptiert wurde. Der Rechtsstreit schien damit beendet zu sein.
Sowas gibt’s auch?
Es stellte sich jedoch heraus, dass der Gutachter die Klägerin mit einer anderen Patientin verwechselt hatte. Das Gutachten bezog sich auf eine andere Person und nicht auf die Klägerin des Verfahrens.
Der Fehler blieb zunächst unbemerkt, und das Landesamt wollte nun, nachdem der Fehler entdeckt wurde, vom Anerkenntnis zurücktreten.
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Kann das Verfahren fortgeführt werden?
Das Sozialgericht für das Saarland entschied jedoch, dass der Rechtsstreit durch das Anerkenntnis abgeschlossen sei. Ein Prozesserklärung in Form eines Anerkenntnisses ist grundsätzlich bindend und kann nicht einfach widerrufen werden.
Auch wenn es möglich wäre, eine Prozesserklärung unter bestimmten Umständen zu widerrufen, waren diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Bindendes Anerkenntnis: Kein einfacher Widerruf möglich
Ein Anerkenntnis ist als Prozesserklärung grundsätzlich bindend. Die Nichtigkeitsklage, die eine Ausnahme darstellen könnte, war in diesem Fall nicht anwendbar.
Selbst wenn das Gutachten die Klägerin nicht betraf, hätte das Landesamt den Fehler erkennen können. Der falsche Name wurde mehrfach im Gutachten genannt, und die Diagnosen stimmten nicht mit den Erkrankungen der Klägerin überein.
Was hätte das Landesamt tun müssen?
Das Landesamt hätte bei sorgfältigem Lesen des Gutachtens feststellen müssen, dass es sich um eine Verwechslung handelte.
Auch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatten schriftlich auf den Fehler hingewiesen. Dieses Schreiben wurde vom Landesamt auch erhalten, sodass kein Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens bestand.
Entscheidung des Sozialgerichts
Das Sozialgericht entschied klar, dass ein prozessuales Anerkenntnis wegen Irrtums nicht angefochten oder widerrufen werden kann. Der Rechtsstreit war somit durch das Anerkenntnis abgeschlossen.
Was bedeutet diese Entscheidung für zukünftige Fälle?
Die Entscheidung des Sozialgerichts ist bemerkenswert und zeigt, wie wichtig eine gründliche Prüfung aller Dokumente in einem Rechtsstreit ist.
Fehler können passieren, aber sie müssen frühzeitig erkannt und korrigiert werden. Für das Landesamt bleibt in solchen Fällen nur die Möglichkeit, eventuell einen Minderungsbescheid zu erlassen, da das Anerkenntnis auf falschen Voraussetzungen beruhte.
Was sagen die Experten?
Experten bewerten diese Entscheidung als ungewöhnlich und lehrreich. Der Fall zeige “die Wichtigkeit der genauen Überprüfung von Gutachten und die Schwierigkeit, einmal abgegebene Anerkenntnisse wieder rückgängig zu machen”, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.
Das Landesamt wird sich in Zukunft wohl genauer überlegen müssen, wie es mit solchen Fehlern umgeht und welche internen Prozesse verbessert werden können, um solche Verwechslungen zu vermeiden.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.