Wenn ein Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließt, dann rechtfertigt das in einer bestimmten Situation keine Sperre beim Arbeitslosengeld. Die Arbeitslosigkeit gilt nämlich nicht als selbst verursacht, wenn der Aufhebungsvertrag wegen einer drohenden betriebsbedingten Kündigung geschlossen wurde. So urteilte das Bundessozialgericht (B 11 AL 6/11 R)
An welchen Leitsätzen orientierten sich die Richter?
Die Entscheider am Bundessozialgericht gingen im konkreten Fall von folgenden Orientierungssätzen aus: Schließt ein Arbeitnehmer angesichts einer drohenden betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung, die sich im Rahmen des § 1a Kündigungsschutzgesetz hält, so steht ihm ein wichtiger Grund zur Seite, der eine Sperrzeit ausschließt, es sei denn, es liegt eine Gesetzesumgehung.
2. Das gilt auch für einen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer, dem eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung droht.
Schwerbehinderte Sekretärin schließt Aufhebungsvertrag, um nicht gekündigt zu werden
Die Betroffene arbeitete 39 Jahre für ihren Arbeitgeber als Sekretärin und Sachbearbeiterin. Sie hat eine anerkannte Schwerbehinderung. Sie schloss mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, der ihr Arbeitsverhältnis “auf Veranlassung des Unternehmens zur Vermeidung einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung unter Einhaltung der tariflichen bzw einzelvertraglichen Kündigungsfristen” beendete.
Was waren die Gründe für den Aufhebungsvertrag?
Als Gründe genant wurden Umstrukturierungen, in denen der Arbeitsplatz ersatzlos wegfalle. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin gebe es auch keine alternativen Möglichkeiten, sie einzusetzen. Die Abfindung betrug 47.000 Euro.
Die Betroffene meldet sich arbeitslos
Die Frau meldete sich in der Folge arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit verhängte eine Sperre der Leistung von zwölf Wochen mit der Begründung, dass die Betroffene den Zustand der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt habe. Denn mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags habe sie ihr Beschäftigungsverhältnis selbst ohne wichtigen Grund gelöst.
Widerspruch und Klage
Die Betroffene legte erfolglos Widerspruch ein und klagte in der Folge vor dem Sozialgericht. Hier bekam sie Recht. Die Richter führten aus, dass eine Sperrzeit nicht berechtigt sei. In der Berufung durch die Bundesagentur kam das Landessozialgericht zum gleichen Ergebnis.
Das Landessozialgericht führte aus, dass ein wichtiger Grund vorhanden gewesen sei, was eine Sperrzeit ausschließe: „Denn die Klägerin habe für den Abschluss des Aufhebungsvertrags einen wichtigen Grund gehabt, weil ihr zum gleichen Beendigungszeitpunkt eine nicht verhaltensbedingte arbeitgeberseitige Kündigung gedroht habe. Dies gelte trotz der vereinbarten Abfindung.“
Arbeitsagentur legt Revision ein
Die Bundesagentur akzeptierte auch die Entscheidung des Landessozialgerichts nicht und legte vor dem Bundessozialgericht Revision ein. Doch auch hier scheiterte die Klage, und das abschließend.
Die Richter stellten klar:
„Der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungsregelung verknüpft worden ist, (steht) grundsätzlich der Annahme eines wichtigen Grunds nicht entgegen. Zwar kann das Interesse am Erhalt der Abfindung für sich allein einen wichtigen Grund nicht rechtfertigen, jedoch schließt umgekehrt eine Abfindung diesen nicht aus. Vielmehr kann auch das Interesse schützenswert sein, sich bei einer ohnehin nicht zu vermeidenden Beschäftigungslosigkeit wenigstens eine Abfindung zu sichern.“
Insofern hätte die Arbeitnehmerin einen wichtigen Grund gehabt, den Abfindungsvertrag abzuschließen, denn Ihr Arbeitsverhältnis hätte in jedem Fall geendet und die Arbeitslosigkeit nicht verhindern lassen.