Das Merkzeichen H darf nur entzogen werden, wenn sich der Gesundheitszustand nachweislich wesentlich geändert hat. Dies entschied das Sozialgericht Aachen und gab damit zugunsten eines Schwerbehinderten, dem dieses Merkzeichen entzogen worden war. (S 12 SB 642/16)
Das Merkzeichen bedeutet Hilflosigkeit
Das Merkzeichen H steht für Hilflosigkeit und steht Menschen mit Schwerbehinderung zu, die besondere Hilfe benötigen. Dieses Merkzeichen berechtigt zu speziellen Nachteilsausgleichen und Unterstützungen. Es wird nach einer Untersuchung des zuständigen Versorgungsamts festgestellt. Das Merkzeichen kann wieder entzogen werden, wenn eine Nachprüfung ergibt, dass die Voraussetzungen nicht mehr bestehen. Diese Nachprüfung stand im Zentrum des Verfahrens vor dem Sozialgericht.
Anerkannte Schwerbehinderung
Der Betroffene hatte seit 2008 eine anerkannte Schwerbehinderung. Ursache dafür sind ein Herzfehler, Entwicklungs- wie Verhaltensstörungen sowie weitere gesundheitliche Einschränkungen. Er erhielt einen Grad der Behinderung von 60 und zudem wurde ihm das Merkzeichen H zuerkannt.
Nachdem er volljährig geworden war, führte die zuständige Behörde eine Nachprüfung durch. Im Ergebnis erhielt er zwar sogar einen höheren Grad der Behinderung von 70, doch das Merkzeichen H wurde ihm entzogen.
Widerspruch zurückgewiesen, Klage vor dem Sozialgericht
Ein Widerspruch gegen die Entziehung des Merkzeichens blieb erfolglos, und darum legte der Betroffene Klage vor dem Sozialgericht ein, um seinen Anspruch durchzusetzen.
Dabei bezweifelte der Kläger, dass sich sein Gesundheitszustand wesentlich verändert hätte, was eine Entziehung des Merkzeichens rechtfertigen würde.
Gericht holt Gutachten ein
Das Gericht holte ein zusätzliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten ein, um den Hilfebedarf genau zu bewerten. Die Gutachterin erklärte, dass der Betroffene weiterhin einen täglichen Hilfebedarf von rund zwei Stunden pro Tag hätte. Dies entspreche rechtlich der Bedeutung von erheblich.
Voraussetzungen für Merkzeichen sind weiterhin gegeben
Das Sozialgericht Aachen hilet die Klage für ebenso zulässig wie begründet ist. Die Richter sahen es als bewiesen an, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichens H weiterhin vorhanden sind. Deshalb hob es die angefochteten Bescheide auf.
Es sei keine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse eingetreten, die den Entzug des Merkzeichens rechtfertigten. Die Richter betonten darüber hinaus, dass eine genaue Prüfung des Einzelfalls erforderlich sei. Dazu müsse beim Merkzeichen H der tägliche Hilfebedarf objektiv ermittelt werden.
Kontrolle ist notwendig
Die Feststellung eines Grades der Behinderung und eines entsprechenden Merkzeichens bezieht sich immer auf den Einzelfall. Zwar gibt es die Richtlinien der Versorgungsmedizin. Diese sind jedoch kein Schema, das sich einfach abhaken lässt.
Die Versorgungsämter haben die Pflicht zu einer genauen Prüfung der individuellen Situation, und diese vernachlässigen sie bisweilen. Für die Betroffenen hat das schwere Folgen, denn auf diese Art bekommen sie nicht die Unterstützung, die sie brauchen. Dieses Urteil bekräftigt noch einmal, wie wichtig es ist, die Behörde sozialrechtlich zu kontrollieren, damit sie ihre Verantwortung erfüllen.