Schwerbehinderung: Eilantrag – Gericht stoppt Kündigung trotz Integrationsamts-Zustimmung

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Wenn das Integrationsamt einer Kündigung zustimmt, ist der Schock groß. Viele fragen sich: Lohnt sich Eilrechtsschutz noch? Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW bejaht das nun deutlich. Das hilft Ihnen, Zeit zu gewinnen und Ihre Chancen im Kündigungsschutzprozess zu verbessern. (Az: 12 B 783/24)

Kern der Entscheidung: Eilrechtsschutz ist zulässig und sinnvoll

Das OVG NRW hat den Eilantrag einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin zugelassen. Das Gericht ordnete die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Integrationsamts-Zustimmung an. Die Richter bejahten das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig, wenn parallel eine Kündigungsschutzklage läuft.

Das ändert die bisherige Linie des Senats. Das Arbeitsgericht kann den Kündigungsprozess dann eher aussetzen und das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens abwarten. Das stärkt Ihre Prozessposition.

Was Betroffene konkret davon haben

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung stoppt die Kündigung nicht automatisch. Sie verbessert aber Ihre Ausgangslage im Arbeitsgerichtsverfahren. Das Arbeitsgericht kann das Verfahren aussetzen. Es vermeidet damit widersprüchliche Entscheidungen.

Für Sie heißt das: Der Verwaltungsrechtsstreit wird vorgezogen geklärt. Eine spätere Restitutionsklage wird entbehrlicher.

Gesetzliche Lage: Zustimmung, Fristen, keine automatische Hemmung

Für die Kündigung schwerbehinderter Menschen braucht der Arbeitgeber die vorherige Zustimmung des Integrationsamts. Nach erteilter Zustimmung muss er zügig kündigen. Für die ordentliche Kündigung gilt eine Monatsfrist. Widerspruch und Klage gegen die Zustimmung hemmen die Wirkung grundsätzlich nicht.

Diese fehlende automatische Hemmung steht ausdrücklich im Gesetz. Deshalb bleibt eine Zustimmung wirksam, bis sie aufgehoben ist.

Neuer Akzent: Aussetzung des Kündigungsprozesses wird wahrscheinlicher

Die Arbeitsgerichte setzen Kündigungsschutzprozesse nicht automatisch aus. Sie haben aber Ermessen. Das OVG betont: Eine angeordnete aufschiebende Wirkung im Verwaltungsverfahren ist dort zu berücksichtigen. Das spricht in vielen Fällen für eine Aussetzung. So lässt sich die Zustimmung gründlich prüfen, bevor über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden wird.

bEM und Prävention: häufige Schwachstellen der Zustimmung

Das Gericht sah die Zustimmung hier voraussichtlich als ermessensfehlerhaft an. Grund: Das betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM) wurde vorschnell als „gescheitert“ gewertet. Dabei lag ein konkreter Hinweis auf ein zeitnahes Gespräch vor. bEM und Präventionsverfahren sollen Kündigungen vermeiden.

Behörden müssen sorgfältig prüfen, ob tragfähige Alternativen bestanden. Werden diese Punkte übergangen, kann die Zustimmung rechtswidrig sein.

So gehen Sie nach einer Kündigung vor

Handeln Sie schnell und parallel. Erheben Sie binnen drei Wochen Kündigungsschutzklage. Legen Sie Widerspruch gegen die Integrationsamts-Zustimmung ein. Stellen Sie beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Beantragen Sie im Kündigungsschutzprozess die Aussetzung, bis das Verwaltungsgericht entschieden hat. Sichern Sie Nachweise zum bEM und zur Prävention. Dokumentieren Sie Angebote, Termine und Kommunikation.

Grenzen der Entscheidung: wichtig, aber nicht automatisch übertragbar

Die Entscheidung betrifft Nordrhein-Westfalen. Andere Obergerichte sehen die Zulässigkeit des Eilrechtsschutzes teils anders. Dennoch ist der Beschluss ein starkes Argument. Arbeitsgerichte bleiben an die Linie des Bundesarbeitsgerichts gebunden: Die Zustimmung gilt, bis sie bestands- oder rechtskräftig aufgehoben ist. Das erklärt, warum der Eilrechtsschutz plus Aussetzungsantrag so wichtig ist.

Was Sie für ein starkes Verfahren brauchen

Sammeln Sie Atteste, Gesprächsnotizen und Mails. Zeigen Sie, dass bEM ernsthaft gewollt und möglich war. Legen Sie dar, welche leidensgerechten Anpassungen denkbar sind. Verweisen Sie auf konkrete Zeitfenster, Ansprechpartner und Vorschläge. Das erhöht die Erfolgsaussichten im Widerspruch und im Eilverfahren. Es stärkt auch Ihre Position im Kündigungsschutzprozess.

Mehr Hebel im Eilverfahren nutzen

Das OVG NRW eröffnet Betroffenen mehr Spielraum. Der Eilrechtsschutz ist regelmäßig zulässig und sinnvoll. Die Chance auf eine Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens steigt. Prüfen Sie bEM und Prävention genau. Setzen Sie auf eine parallel geführte Strategie. Das erhöht die Chance, eine Zustimmung zu kippen und den Arbeitsplatz zu sichern.