Rente: Sozialhilfe-Bezieher müssen für Sterbefall vorsorgen können

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Sozialhilfebezieher mit einer Rente oder anderen Einkünften müssen zur Entlastung von Angehörigen Vorsorge für ihren Sterbefall treffen können. Sozialämter dürfen daher bei der Berechnung ihrer Leistungen die Berücksichtigung einer angemessenen Sterbegeldversicherung nicht unnötig erschweren, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in zwei am Donnerstag, 21. September 2023, bekanntgegebenen Urteilen vom Vortag (Az.: B8 SO 22/22 R und Az: B8 SO 19/22 R).

Im ersten Verfahren hatte die klagende, 1940 geborene Rentnerin im September 2015 eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen. Hierfür zahlte sie monatlich 53,68 Euro ein. Im Sterbefall sollte ihre Tochter widerruflich das Sterbegeld mit einer Versicherungssumme von 4.000 Euro erhalten, damit diese die Bestattungskosten schultern kann.

Rentnerin beantragte Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung

Als die Rentnerin im Dezember 2016 vom Landkreis Karlsruhe Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung beantragte, wollte sie die Beiträge ihrer Sterbegeldversicherung einkommensmindernd berücksichtigen lassen.

Bei der Berechnung der Sozialhilfe sollten die Beiträge von ihrer Altersrente in Höhe von 465 Euro monatlich abgezogen werden. Der Landkreis sollte so mehr Sozialhilfe zahlen.

Sozialamt: Sterbegeldversicherung sei zu hoch und nicht angemessen

Doch die Behörde lehnte dies ab. Die Beiträge zur Sterbegeldversicherung seien zu hoch und nicht angemessen. Außerdem sei die Tochter auf Widerruf bezugsberechtigt gewesen. Damit werde nicht ausreichend gewährleistet, dass das Sterbegeld für die Bestattung eingesetzt werde.

Auch im zweiten Fall wurde eine 1960 geborene, voll erwerbsgeminderte Rentnerin vom Sozialhilfeträger abgewiesen. Die Frau, die an einer fortschreitenden Nervenerkrankung, dem Guillain-Barré-Syndrom leidet, lebt von einer Erwerbsminderungsrente und ergänzenden Sozialhilfeleistungen. Sie wollte eine Sterbegeldversicherung neu abschließen und die Beiträge in Höhe von monatlich 27,32 Euro einkommensmindernd berücksichtigen lassen.

Das Land Berlin meinte, dass die Sterbegeldversicherung vor dem Sozialhilfebezug abgeschlossen werden müsse, damit die Beitragszahlungen berücksichtigt werden könnten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

BSG: Sozialamt darf dies nicht mit hohen Anforderungen erschweren

Das BSG stellte in beiden Verfahren jedoch klar, dass Beiträge zur Sterbegeldversicherung, anders als andere kapitalbildende Versicherungen, nach dem Gesetz privilegiert seien. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass Sozialhilfebezieher von ihrem Geld aus eigenen Einkünften Vorsorge für ihren Sterbefall treffen können.

Im ersten Streitfall habe die Klägerin Anspruch darauf, dass die Beitragszahlungen einkommensmindernd berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür sei, dass die Versicherungsleistungen tatsächlich für den Bestattungsfall eingesetzt werden. Ausreichend sei, dass ein bestattungspflichtiger Erbe wie hier die Tochter bezugsberechtigt sei. Die Versicherungssumme von 4.000 Euro sei auch angemessen.

Sterbegeldversicherung auch berücksichtigen, wenn erst nach Sozialhilfe-Antrag abgeschlossen

Den zweiten Fall verwiesen die Kasseler Richter an das Landessozialgericht (LSG) Potsdam zurück. Grundsätzlich könne eine Sterbegeldversicherung auch berücksichtigt werden, wenn sie erst nach Beginn des Sozialhilfebezugs abgeschlossen werde.

Erforderlich sei dann aber ein Anlass dafür, dass „Vorsorge für die Sicherstellung der Beerdigungskosten“ getroffen werden. Dies könne eine „zeitliche Nähe zum Vorsorgefall“ wegen hohen Alters oder auch wegen einer Erkrankung sein. Ob dies hier wegen der fortschreitenden Nervenerkrankung der Fall ist, müsse das LSG ebenso prüfen, wie die Angemessenheit der Beiträge zur Sterbegeldversicherung. fle/mwo/fle

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