Die Rentenversicherung muss Übergangsgeld auch dann zahlen, wenn eine Reha-Maßnahme wegen einer Krankheit verschoben wird. So urteilte das Sozialgericht Koblenz und entschied damit gegen die Rentenversicherung, die einer Frau kein Übergangsgeld zahlen wollte. (S 12 R 18/20).
Inhaltsverzeichnis
Wann zahlt die Rentenkasse Übergangsgeld?
Die Rentenversicherung zahlt zum einen Übergangsgeld, wenn eine Maßnahme nicht berufsbegleitend möglich ist, also mehr als 15 Stunden pro Woche einnimmt. Bei einer medizinischen Rehabilitation übernimmt die Rentenkasse das Übergangsgeld, wenn die Maßnahme dazu dient, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen.
Gesetzliche Grundlagen
Das Übergangsgeld ist im Sechsten und Neunten Buch Sozialgesetzbuch verankert. § 20 SGB VI bestimmt den Grundanspruch auf die Leistung; § 71 SGB IX regelt speziell die Weiterzahlung, wenn zwischen zwei Reha‑ oder Teilhabemaßnahmen eine Lücke entsteht, die die Versicherten nicht zu vertreten haben.
Für den hier entschiedenen Fall wichtig: § 44 SGB IX ordnet an, dass eine stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) als Teil der medizinischen Rehabilitation gilt und deshalb ebenfalls von der Rentenversicherung flankiert wird.
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Was bedeutet stufenweise Wiedereingliederung?
Unter einer stufenweisen Wiedereingliederung versteht man die therapeutisch begleitete, schrittweise Rückkehr eines weiterhin arbeitsunfähigen Menschen in sein gewohntes Arbeitsumfeld.
Sie dient dazu, Belastbarkeit zu testen und langsam zu steigern, bis idealerweise volle Arbeitsfähigkeit erreicht ist. Der Wiedereingliederungsplan wird vom behandelnden Arzt aufgestellt, vom Arbeitgeber akzeptiert und während der gesamten Dauer ärztlich überwacht.
Reha führt nicht zum Erfolg
Die Betroffene bezog Krankengeld und beantragte dann eine Reha. Während dieser Wiedereingliederungsmaßnahme zahlte die Rentenversicherung ihr Übergangsgeld. Die Reha führte nicht zum gewünschten Erfolg. Sie plante eine weitere Maßnahme zur Wiedereingliederung, und ihr Arbeitgeber stimmte dieser neuen Reha zu.
Erneute Reha wird wegen Krankheit verschoben
Bevor die zweite Reha begann, verschlimmerte sich jedoch ihre Erkrankung, und deshalb musste sie die bereits geplante und abgesprochene Maßnahme auf unbestimmte Zeit verschieben. Die Arbeitsunfähigkeit bestätigte sie mit einem ärztlichen Attest.
Rentenkasse weigert sich, zu zahlen
Diesmal weigerte sich die Rentenkasse, das Übergangsgeld weiter zu zahlen. Sie argumentierte, Übergangsgeld würde nur gezahlt, wenn die Wiedereingliederung direkt im Anschluss an die Reha erfolge. Die Versicherte habe die Wiedereingliederung aber nicht begonnen und deshalb bestehe auch keinen Anspruch auf die Leistung.
Es geht vor das Sozialgericht
Ein Widerspruch der Frau blieb erfolglos, und deshalb klagte sie vor dem Sozialgericht, um ihren Anspruch auf Übergangsgeld durchzusetzen. Die dortigen Richter wandten sich gegen die Auffassung der Rentenversicherung, dass Übergangsgeld nur dann gelte, wenn eine Wiedereingliederung direkt im Anschluss erfolge.
Übergangsgeld soll den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtern
Das Übergangsgeld solle Betroffene vielmehr finanziell während der Wiedereingliederung absichern und die Rückkehr ins Arbeitsleben erleichtern. Die Richter erklärten, die Versicherte hätte alle Bedingungen für das Übergangsgeld erfüllt.
Sechs‑Wochen‑Grenze bei Unterbrechungen
§ 71 Abs. 3 SGB IX begrenzt die Weiterzahlung des Übergangsgeldes bei gesundheitsbedingten Unterbrechungen grundsätzlich auf 42 Kalendertage (sechs Wochen). Erst wenn feststeht, dass die geplante Maßnahme überhaupt nicht mehr stattfinden kann, darf die Rentenversicherung die Leistung vorzeitig beenden.
In der Praxis bedeutet das: Wird eine Wiedereingliederung wegen neuer Krankheitssymptome nur verschoben, besteht der Anspruch für bis zu sechs Wochen weiter.
Wiedereingliederung ist notwendig
Die Wiedereingliederung sei notwendig, und der Arbeitgeber hätte der Reha-Maßnahme zugestimmt. Der Arzt hätte erst zu einem späteren Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, als die Klägerin die Reha-Maßnahme geplant und mit dem Arbeitgeber abgestimmt hätte. Erst ab der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hätte die Rentenversicherung das Übergangsgeld einstellen dürfen.
Planung und Notwendigkeit reicht
Die Richter rückten die Vorstellung der Rentenversicherung gerade, dass eine Wiedereingliederung tatsächlich stattfinden müsse, um Übergangsgeld zu zahlen. Es reiche hingegen aus, dass die Maßnahme notwendig und geplant sei.
Übergangsgeld auch bei Verschieben der Maßnahme ohne eigene Schuld
So bleibe der Anspruch auf Übergangsgeld auch bestehen, wenn die Wiedereingliederung verschoben werden müsse. Das gelte zumindest dann, wenn die Versicherten keine Schuld daran trügen, dass es zu dieser Verzögerung kommt.