Paukenschlag: Schufa muss negative Daten sofort löschen

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Ein negativer SCHUFA-Eintrag kann über Jahre wirken wie ein Mühlstein – selbst dann, wenn die zugrunde liegende Forderung längst beglichen ist. Damit bricht das Oberlandesgericht (OLG) Köln nun in zentralen Punkten.

Mit Urteil vom 10. April 2025 (Az. 15 U 249/24) stellte der Senat klar: Private Wirtschaftsauskunfteien dürfen erledigte Forderungen nicht weiter speichern, sobald die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen ist. In dem Verfahren sprach das Gericht dem Kläger auch immateriellen Schadensersatz zu. Für die Beklagte wurde Revision zugelassen.

Was das Kölner Urteil konkret ändert

Der Kölner Senat verwarf die Praxis, erledigte Negativmerkmale routinemäßig noch zwei bis drei Jahre vorzuhalten.

Maßgeblich sei die gesetzliche Wertung des öffentlichen Schuldnerverzeichnisses: Wird dort nach vollständiger Zahlung gelöscht, dürfe eine private Auskunftei dieselben Informationen nicht länger speichern – selbst dann nicht, wenn sie die Daten aus anderen Quellen erlangt hat. Das fortgesetzte Vorhalten könne, so das OLG, gegen die DSGVO verstoßen und einen Anspruch auf Schadensersatz auslösen.

DSGVO und EuGH: Der rechtliche Rahmen dahinter

Das Urteil reiht sich in die Linie der europäischen Rechtsprechung ein. Der Europäische Gerichtshof hat bereits betont, dass private Auskunfteien Daten aus öffentlichen Registern nicht länger speichern dürfen, als es das jeweilige Register vorsieht. Diese Leitplanke wirkt auf die Abwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO durch: Das „berechtigte Interesse“ der Auskunftei rechtfertigt keine überlangen Speicherfristen, wenn mildere Mittel – etwa kürzere Fristen – genügen.

Uneinheitliche Oberlandesgerichte – und der Blick nach Karlsruhe

Noch ist die Rechtslage nicht in allen Facetten höchstrichterlich vermessen. Andere Oberlandesgerichte haben in Einzelfällen längere Speicherungen gebilligt; das OLG Hamm etwa hielt 2025 eine dreijährige Frist für verhältnismäßig, weil die Schuldnerin über längere Zeit erheblich in Verzug gewesen sei.

Umso mehr Gewicht hat der anstehende Termin beim Bundesgerichtshof: Am 6. November 2025 verhandelt der I. Zivilsenat (Az. I ZR 97/25) die „Speicherungsfrist für Wirtschaftsauskunfteien“. Eine Grundsatzentscheidung dürfte für dringend benötigte Klarheit sorgen.

Warum die SCHUFA ein Akzeptanzproblem hat

Die Entscheidung trifft auf ein Klima wachsender Skepsis. Kritik entzündet sich seit Jahren an Intransparenz und Fehleranfälligkeit des Scorings. Verbraucherschützer und Datenschutzorganisationen monieren zudem „Dark Patterns“ und eine zu starke Kommerzialisierung rund um kostenpflichtige Auskünfte; die SCHUFA weist diese Vorwürfe zurück und verweist auf gesetzeskonforme, zügige Datenbereitstellung in der kostenlosen Datenkopie. Das Vertrauen der Öffentlichkeit bleibt gleichwohl fragil.

Pfändungsschutz praktisch nutzen: Das P-Konto

Wer in Zahlungsschwierigkeiten gerät, sollte den gesetzlichen Pfändungsschutz ausschöpfen. Seit dem 1. Juli 2025 sind bei einem Pfändungsschutzkonto (P-Konto) monatlich mindestens 1.559,99 Euro unpfändbar; in der Kontopraxis wird vielfach auf 1.560 Euro gerundet. Der Grundfreibetrag gilt automatisch und kann – etwa bei Unterhaltspflichten – erhöht werden. Das schützt den Alltag und verhindert, dass ein Negativmerkmal zur finanziellen Vollblockade führt.

Fehlerquellen in der Praxis – und wie Betroffene reagieren sollten

Viele Verbraucher werden aus völlig anderen Gründen als „Risiko“ markiert: Häufig bleiben erledigte Forderungen zu lange gespeichert; zuweilen kommt es zu Verwechslungen von Adressen oder Namen, Doppelmeldungen oder Übermittlungsfehlern.

Auch streitige Forderungen finden mitunter als Negativmerkmal Eingang, obwohl Betroffene widersprochen haben, oder Meldungen erfolgen ohne Einhaltung der formalen Voraussetzungen – etwa ohne die erforderlichen Mahnungen samt Androhung einer Einmeldung.

Schließlich spielen Identitätsdiebstahl und missbräuchliche Vertragsabschlüsse eine wachsende Rolle. In all diesen Fällen können Verbraucher Berichtigung oder Löschung verlangen – und, wenn nötig, Aufsichtsbehörden einschalten oder klagen.

Der neue SCHUFA-Score: Transparenzversprechen auf dem Prüfstand

Die SCHUFA hat auf Kritik reagiert und ihr Scoring grundlegend überarbeitet. Künftig soll ein einheitlicher Score zwischen 100 und 999 Punkten gelten; in die Berechnung fließen zwölf nachvollziehbare Kriterien ein, etwa die Dauer bestehender Kontoverbindungen oder dokumentierte Zahlungsstörungen.

Das Unternehmen kündigt an, dass Verbraucher ihren Score künftig selbst nachrechnen können. Der breite Roll-out ist für 2026 vorgesehen; erste Migrationen laufen bereits, der bisherige Basisscore soll im ersten Quartal 2026 auslaufen. Ob die neue Transparenz das Vertrauen nachhaltig stärkt, wird sich im Alltag beweisen müssen.

Die kostenlose Selbstauskunft: So behalten Sie die Kontrolle

Wer wissen will, welche Daten gespeichert sind, hat einmal jährlich Anspruch auf eine kostenlose Datenkopie nach Art. 15 DSGVO. Diese „Datenkopie“ kann direkt über meineschufa.de beantragt werden – wichtig ist, sie nicht mit kostenpflichtigen Produkten zu verwechseln, die für Vermieter- oder Arbeitgebernachweise gedacht sind.

Die Datenkopie enthält die zu Ihrer Person gespeicherten Informationen, ihre Herkunft und Empfänger und ist die Grundlage, um Fehler zu erkennen und zu korrigieren.

Zusammengefasst

Das Kölner Urteil verschiebt die Gewichte zugunsten der Betroffenen: „Bezahlt ist bezahlt“ – und erledigte Negativmerkmale dürfen nicht länger als nötig nachwirken. Bis zur höchstrichterlichen Klärung bleibt der Alltag jedoch von Einzelfallabwägungen geprägt. Wer sich schützt, nutzt das P-Konto, fordert konsequent die Datenkopie an, widerspricht fehlerhaften Einträgen und pocht – gestützt auf DSGVO und EuGH-Linie – auf rasche Löschung. Mit dem neuen Score verspricht die SCHUFA Transparenz; ob daraus Akzeptanz wird, entscheidet sich an der Praxis – und am Urteil des BGH.