Mittellose Arbeitnehmer können bei einer im arbeitsgerichtlichen Vergleich erhaltenen Abfindung für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nicht darauf vertrauen, dass der Staat die angefallenen Prozesskosten voll übernimmt.
Beträge, die über dem Netto-Schonvermögen in Höhe von 10.000 Euro liegen, müssen regelmäßig für die Begleichung der Prozesskosten eingesetzt werden, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 6. Mai 2025 klar (Az.: 13 Ta 344/24). Das LAG ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.
Für Kündigungsschutzverfahren wurde Prozesskostenhilfe bewilligt
Für ein Kündigungsschutzverfahren wurde dem mittellosen Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Der Kläger einigte sich schließlich mit seinem Arbeitgeber auf einen arbeitsgerichtlichen Vergleich. Danach erhielt er für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 20.000 Euro brutto.
Das Arbeitsgericht hakte nach, wie viel der Mann denn tatsächlich netto ausgezahlt bekommen habe. Denn Vermögen sei für die Begleichung der Prozesskosten grundsätzlich einzusetzen. Dazu gehören auch Abfindungszahlungen für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Der arbeitsunfähig erkrankte Kläger legte eine Abrechnung vor, nach der ihm 14.840 Euro ausgezahlt worden waren. Dieses Geld sei aber nicht mehr vorhanden, so der Kläger.
Er habe damit einen Kredit zurückgezahlt, den er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts aufgenommen hatte. Zudem habe er Unterhaltsrückstände für seinen Sohn und eine Nebenkostennachzahlung beglichen. Nachweise hierfür erbrachte er nicht.
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Hohe Abfindung nach Kündigung ist für Prozesskostenhilfe einzusetzen
Das Arbeitsgericht verpflichtete ihn, einen einmaligen Betrag in Höhe von 4.340 Euro aus seinem Vermögen zu zahlen. Es hatte hierbei einen Schonbetrag von 10.000 Euro sowie weitere 500 Euro für die Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind berücksichtigt.
Das LAG hielt diese Rechnung für korrekt. Zwar hat das BAG am 24. April 2006 entschieden, dass einem von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer neben dem Schonvermögen ein weiterer Betrag von der Abfindung verbleiben muss (Az.: 3 AZB 12/05). Denn durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstünden typischerweise weitere Kosten – etwa für Bewerbungen, Fahrten oder einen Umzug. Müsse der Arbeitnehmer diese Kosten – so das BAG damals – aus der gesamten Abfindung bezahlen, sei dies unzumutbar.
LAG Hamm lehnt Erhöhung des Schonvermögens ab
Ausgehend davon hatten mehrere LAGs nach Anhebung des gesetzlichen Vermögensfreibetrags auf 5.000 Euro entweder eine weitere Erhöhung des Schonbetrags infolge eines Arbeitsplatzverlustes abgelehnt oder diesen um bis zu 3.000 Euro für rechtens erachtet.
Doch seit dem 1. Januar 2023 ist der Vermögensfreibetrag nun auf 10.000 Euro verdoppelt worden, stellte das LAG Hamm fest. Eine erneute Erhöhung des Schonvermögens wegen der durch den Arbeitsplatzverlust entstandenen Kosten sei „nicht mehr ersichtlich“.
Parteien, denen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, würden sonst besser gestellt, als Arbeitnehmer, die diese staatliche Unterstützung nicht erhalten haben. Der Kläger habe auch nicht belegt, dass bei ihm eine besondere Notlage vorgelegen habe, die eine Erhöhung des Schonbetrags erfordern könnte. fle