Eine vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie darf bei überschuldeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gepfändet werden.
Denn diese ist Teil des „pfändbaren, wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens“, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 23. Mai 2024, veröffentlichten Beschluss (Az.: IX ZB 55/23).
Im Insolvenzverfahren befindliche Schuldner können aber das bis zur gesetzlichen Pfändungsfreigrenze liegende Einkommen behalten.
Es muss das Existenzminimum gewahrt bleiben
Müssen überschuldete Arbeitnehmer Insolvenz anmelden, muss ihnen dennoch ein Einkommen verbleiben, damit sie ihr Existenzminimum und Unterhaltspflichten erfüllen können.
Der Gesetzgeber hat hierfür eine jährlich angepasste Pfändungsfreigrenze festgelegt. So betrug bis Ende Juni 2023 der unpfändbare Betrag nach Anwendung einer Rundungsvorschrift 1.339,99 Euro (ab Juli 2023 1.409,99 Euro).
Ist der Schuldner gegenüber anderen Personen zum Unterhalt verpflichtet, erhöht sich die Pfändungsfreigrenze. Liegt das Arbeitseinkommen über der Pfändungsfreigrenze, muss der Schuldner nicht alles zur Schuldentilgung verwenden. Einen Teil darf er davon behalten.
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BGH: Gehört zu pfändbaren, wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommen
Im konkreten Fall ging es um einen überschuldeten Krankenpfleger aus dem Raum Bielefeld. Das Insolvenzgericht eröffnete am 27. Februar 2023 das Insolvenzverfahren. Sein über der Pfändungsfreigrenze liegendes Arbeitseinkommen konnte damit gepfändet werden.
Als seine Arbeitgeberin, eine Caritas-Einrichtung, wegen der stark gestiegenen Verbraucherpreise eine in zwei Raten zu zahlende Inflationsausgleichsprämie in Höhe von insgesamt 3.000 Euro gewährte, wollte auch der Krankenpfleger von dieser voll profitieren.
Er beantragte, dass das Geld nicht zur Schuldentilgung verwendet, sondern für ihn freigestellt wird. Da die Prämie den Zweck habe, die Arbeitnehmer wegen der gestiegenen Inflation zu entlasten, sei das Geld unpfändbar. Der Pfändungsschutz gelte zudem für „einmalige Bezüge“, meinte er.
Sowohl das Landgericht Bielefeld als auch er BGH folgten dem jedoch nicht. Die Inflationsausgleichsprämie sei Teil des pfändbaren, wiederkehrenden Arbeitseinkommens, so der BGH in seinem Beschluss vom 25. April 2024.
Der über der Pfändungsfreigrenze liegende Betrag könne daher entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gepfändet werden.
Zwar diene die vom Arbeitgeber ausgezahlte Prämie dem Zweck, Inflationslasten auszugleichen.
Ohne Zweck wird Inflationsausgleichsprämie gepfändet
Ein Pfändungsschutz bestehe aber dennoch nicht. Denn hierfür brauche es eine konkrete „Zweckbindung“. Über die Verwendung der steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsausgleichsprämie könne der Arbeitnehmer aber frei entscheiden.
Die Prämie stelle auch keine unpfändbare Erschwerniszulage dar. Dafür fehle es an einem Bezug zur erbrachten Arbeitsleistung.
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