Hartz IV-Betroffener beantragte Übernahme der Mietkaution
Der Betroffene, der seit 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II bezieht, hatte im Januar 2015 eine neue Wohnung gefunden und vom Jobcenter ein Darlehn über 2.450 Euro zum Erwerb der notwendigen Genossenschaftsanteile beantragt. Dieses sicherte ein entsprechendes Darlehn zu, woraufhin der Betroffene der Wohngenossenschaft beitrat und einen Dauernutzungsvertrag für die neue Wohnung unterzeichnete.
Im Februar unterschrieb der Betroffene einen Abtretungsvertrag mit dem Jobcenter, in dem er zur Sicherung des Darlehnsrückzahlungsanspruchs seinen Anspruch auf Rückzahlung der Genossenschaftsanteile, die im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses ausgezahlt würden, an das Jobcenter abtrete. Anschließend bewilligte das Jobcenter das Darlehen.
Betroffener reicht Widerspruch gegen Anrechnung des Darlehns auf ALG II-Leistungen ein
In den dem Darlehnsbescheid beigefügten Bedingungen teilte das Jobcenter dem Betroffenen mit, das Darlehen ab dem Monat der Auszahlung auf den Regelbedarf des Betroffenen in Höhe von 10 % anzurechnen und etwaige Zinsen in Höhe der Genossenschaftsdividende zu berechnen. Hiergegen legte der Betroffene Widerspruch ein.
Als Gründe für den Widerspruch führte der Betroffene an, dass er keinen separaten Aufrechnungsbescheid erhalten habe, trotzdem bereits unmittelbar monatlich 39,90 Euro vom Jobcenter einbehalten worden waren, der Abtretungsvertrag einen Darlehnsbescheid vom Tag des Vertragsschlusses vorsehe, welcher jedoch nicht existiere. Eine Vereinbarung über die Wirksamkeit der Rückzahlung des Darlehns sei mithin nicht getroffen worden. Außerdem sei ein Darlehn zinslos zu gewähren. Zusätzlich beantragte er die Umwandlung des Darlehns in eine einmalige Beihilfe, da nach Fachanweisung des Jobcenters ein Darlehn nur zulässig wäre, sofern eine Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen in absehbarer Zeit zu erwarten ist und damit eine Rückzahlung des Darlehns in weniger als sechs Monaten gewährleistet wäre.
Jobcenter lehnt Widerspruch und Antrag auf Beihilfe ab
Das Jobcenter hob daraufhin den Darlehnsbescheid auf und lehnte die Umwandlung in eine Beihilfe ab, da diese nach § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II nur in untypischen Ausnahmefällen zu gewähren sei. Gleichzeitig sandte das Jobcenter dem Betroffenen einen rückdatierten Darlehnsbescheid samt Aufrechnungsbescheid mit Verweis auf § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II, nachdem eine unmittelbare Anrechnung auf bezogene Leistungen in Höhe von 10 % festgelegt sei. Der Betroffene legte erneut Widerspruch ein, das Jobcenter lehnte diesen wieder ab. Im September 2015 reichter der Betroffene daher Klage vor dem Sozialgericht Hamburg ein.
Neben den bereits genannten Punkten, brachte der Betroffene außerdem vor, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass die Rückzahlung des Darlehns länger als fünf Jahre dauern würde. Außerdem sei die Vorschrift des § 42a Abs. 2 SGB II verfassungswidrig, da Ausgaben für eine Mitekaution nicht in der Berechnung des Regelbedarfes vorgesehen seien und eine Kürzung der Regelleistungen daher nicht zulässig sei. In einem erörterungstermin im Juli 2019 wies er außerdem darauf hin, dass das Jobcenter die Dividenden aus den Genossenschaftsanteilen für die vergangenen Jahre einbehalten habe.
Gerichte entscheiden gegen Betroffenen
Das Sozialgericht Hamburg hat im Dezember 2019 den Darlehnsbescheid aufgehoben, da eine Verzinsung des Darlehens nach SGB II nicht vorgesehen sei. Alle anderen Klagepunkte wies das Gericht jedoch ab, da der Aufrechnungsbescheid rechtmäßig sei und keine verfassungsmäßigen bedenken vorlägen. Der Betroffene legte daraufhin Berufung ein.
Das Landessozialgericht Hamburg hat schließlich im August 2020 entschieden, dass und die Berufung überwiegend unzulässig sei (L 4 AS 13/20). Das Jobcenter solle zwar die einbehaltenen Dividenden umgehend auszahlen, dafür sei aber die Berufung nicht der richtige Weg. Im Übrigen sei das Urteil des Sozialgerichtes nicht zu beanstanden, eine Rückdatierung sei unproblematisch, das die Leistungen bereits ausgezahlt worden waren und den beteiligten aufgrund der ursprünglichen vereinbarung klar gewesen sei, dass es sich um ein Darlehn handele. Außerdem sei eine Anwendung des § 42a SGB II nach Urteil des Bundessozialgerichtes (B 14 AS 31/17 R) auch auf Mietkautionen zulässig.
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