Gericht erleichterte Fortzahlung von Krankengeld

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Nahtlose Krankschreibungen sichern Krankengeld ausnahmslos

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Fortzahlung von Krankengeld erleichtert. In zwei bekanntgegebenen Grundsatzurteilen vom Vortag betonten die Kasseler Richter den Willen des Gesetzgebers, die sogenannte Krankengeldfalle zu beenden (Az.: B 3 KR 4/21 R und B 3 KR 9/21 R).

Krankengeldbezug auch für arbeitslos gewordenen Versicherten gesichert

Danach sichern nahtlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausnahmslos auch arbeitslos gewordenen Versicherten den weiteren Krankengeldbezug. Versuche der BMW-BKK und AOK Bayern, neue „Lücken” zu finden, wies das BSG ab.

Hintergrund sind früher erheblich unterschiedliche Regeln bei Krankengeld und Lohnfortzahlung. Häufigster Fall war die „Wochenendfalle”.

Wochenendfalle wurde zur Krankengeldfalle

Bei einer Krankschreibung bis Freitag reicht für die Lohnfortzahlung eine Folgebescheinigung am nachfolgenden Montag aus. Um sich durchgehendes Krankengeld zu sichern, mussten Versicherte dagegen noch am Freitag ihre Praxis aufsuchen. Rückwirkende Bescheinigungen wurden nicht akzeptiert.

Für Versicherte war dies ungewohnt, und auch Ärzte hatten die Besonderheiten des Krankengeldbezugs oft übersehen. Ihre Patienten tappten so in die „Krankengeldfalle”.

Für Versicherte mit fortbestehendem Arbeitsverhältnis war dies ärgerlich. Im Beispiel ruhte das Krankengeld über das Wochenende, mit der neuen Bescheinigung lebte der Anspruch am Montag aber wieder auf.

Bei Versicherten, die wegen ihrer langandauernden Erkrankung ihren Arbeitsplatz verloren hatten, schnappte die Falle besonders schmerzhaft zu.

Durch Lücke ging Anspruch auf Krankengeld dauerhaft verloren

Denn laut Gesetz sind sie nur so lange weiter versichert, wie ein Anspruch auf Krankengeld besteht.

Mit der „Lücke” über das Wochenende ging dieser Schutz und damit auch der Anspruch auf Krankengeld dauerhaft verloren. Auch das BSG hatte das entsprechend harte Vorgehen der Krankenkassen bestätigt (Urteile Az.: B 1 KR 31/14 und weitere).

Der Gesetzgeber hatte darauf mit mehreren Änderungen reagiert. So ist inzwischen eine Bescheinigungslücke über das Wochenende unschädlich.

Eine nahtlose Bescheinigung für alle Werktage reicht aus, wobei der Samstag nicht als Werktag zählt. Für inzwischen arbeitslose Versicherte bleibt seit Mai 2019 der Krankengeldanspruch sogar dann bestehen, senn eine Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit innerhalb eines Monats bescheinigt wird.

Aus diesem und einem weiteren Verweis auf „dieselbe Krankheit” wollten BMW-BKK und AOK Bayern nun herauslesen, dass die Erleichterungen generell nur für Folgebescheinigungen gelten.

Für die Bescheinigung wegen einer anderen Erkrankung oder den Wechsel zwischen Arbeitsunfähigkeit und Klinikaufenthalt müsse es weiterhin eine Überlappung geben.

Dem hat das BSG nun klar widersprochen. Eine nahtlose Abdeckung reiche aus. Die gesetzliche Formulierung „dieselbe Krankheit” beziehe sich auf solche Fälle nicht, sondern allein auf Regelungen zu entsprechenden Folgebescheinigungen. Das ergebe sich auch aus dem eindeutigen Ziel des Gesetzgebers, Versicherte vor Krankengeldausfällen zu schützen.

Ausnahmen vom Erfordernis nahtloser Bescheinigungen

Weiter stellte das BSG klar, dass alle einen Krankengeldanspruch begründenden Sachverhalte und Bescheinigungen tageweise gelten. Bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich Mittwoch und einer Klinikaufnahme um 10 Uhr am Donnerstag können die Krankenkassen daher nicht eine „Lücke” für die Zeit am Donnerstag von 0 bis 10 Uhr konstruieren.

Mit einem dritten Urteil bekräftigten die Kasseler Richter, dass es Ausnahmen vom Erfordernis nahtloser Bescheinigungen geben kann, wenn der Versicherte alles Zumutbare getan hat, um eine Lücke zu vermeiden (Az.: B 3 KR 16/20 R).

Im konkreten Fall hatte die Hausarztpraxis wegen eines Trauerfalls kurzfristig geschlossen. Das BSG hatte schon am 26. März 2020 entschieden, dass Versicherte dann nicht eine andere, ihnen fremde Praxis aufsuchen müssen (Az.: B 3 KR 9/19).