Bürgergeld: Zuschuss statt Darlehen vom Jobcenter bei kurzem Leistungsbezug

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Eine absehbar kurze Leistungsdauer kann die Annahme einer besonderen Härte gemäß § 12 Abs. 3 S 1 Nr. 6 Alt 2 SGB 2 a. F. (neu F. – § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II) rechtfertigen.

Zuschuss von ALG 2 statt Darlehen, wenn Leistungsbezug absehbar kurz ist

Mit wegweisender Entscheidung gab 2017 das Bundessozialgericht ( BSG, Urteil B 14 AS 30/16 R – ) bekannt, dass der Berücksichtigung eines selbstbewohnten Hausgrundstücks als Vermögen die ernsthafte Möglichkeit eines nur kurzzeitigen Bezugs existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II als besondere Härte entgegenstehen kann.

Dazu hob das BSG in seiner Entscheidung hervor:

Wiedereingliederung in Arbeit – oder eine stufenweise Wiedereingliederung iS von § 28 SGB IX

1. Bei nur absehbar kurzzeitigen Leistungsbezug sein Haus als Lebensmittelpunkt verwerten zu müssen, wäre für den Kläger eine besondere Härte gewesen, denn er könne voraussichtlich in kurzer Zeit an einen Arbeitsplatz zurückkehren.

2. Bei der Verwertung selbst genutzter Hausgrundstücke können Zeitmomente ihrem Nutzungszweck nach nicht außer Betracht bleiben.

3. Bei einem absehbar kurzen Leistungsbezug ( hier wegen Wiedereingliederung in Arbeit – oder eine stufenweise Wiedereingliederung iS von § 28 SGB IX ) dennoch die Verwertung des selbst bewohnten Hausgrundstücks und somit die endgültige Aufgabe des bisherigen Lebensmittelpunkts an zusinnen, bedeutet eine besondere Härte iS von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II.

Fazit:

Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 als Zuschuss und nicht (nur) als Darlehen, weil Vermögen nicht zu berücksichtigen ist , wenn seine Verwertung eine besondere Härte darstellen würde. Die Verwertung eines selbst bewohnten Hauses unangemessener Größe ist für sich genommen keine besondere Härte.

Die Dauer des Leistungsbezugs kann im Rahmen der Beurteilung möglicher außergewöhnlicher Umstände bei der Verwertung eines Hauses in Betracht zu ziehen sein.

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Denn zum Zeitpunkt der Hartz-IV-Antragstellung bestand die „ernste Möglichkeit”, dass der in ungekündigter Stellung befindliche Kläger zu seiner Firma zurückkehren kann.

Für diese kurze Zeit müsse das Jobcenter mit Hartz IV als Zuschuss einspringen.

Praxistipp vom Experten:

Eine absehbar kurze Leistungsdauer kann die Annahme einer besonderen Härte gemäß § 12 Abs. 3 S 1 Nr. 6 Alt 2 SGB 2 rechtfertigen ( vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 (Az.: B 14 AS 10/13 R; Sozialgericht Gießen, Urteil v. 05.05.2017 – S 28 AS 579/16 ).

Anmerkung vom Bürgergeld Experten Detlef Brock

1. Bei Bezug von Bürgergeld hatte das LSG Sachsen jüngst geurteilt, dass Bürgergeldempfänger sich nicht auf eine besonderen Härte nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II berufen können bei – alleinigem Hinweis des Antragstellers auf die geringfügige Überschreitung der für ihn nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II maßgeblichen Wohnfläche um 7 m² und einen sich daraus ergebenden geldliche(n) Wert von 1.257,62 €, da eine Wohnfläche von 140 m² bei – alleiniger Nutzung – eines Hausgrundstücks sehr großzügig bemessen ist, allein deren geringfügige Überschreitung (hier 5 %) keinen außergewöhnlichen Umstand begründet ( Sächsisches LSG, Beschluss v. 13.11.2024 – L 7 AS 379/24 B ER – ).

Dazu die Fachliche Weisungen § 12 SGB II

Liegt die Wohnfläche oberhalb der Grenzen, sind höhere Wohnflächen anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde. Das Vorliegen einer besonderen Härte ist unter Berücksichtigung der Lebensumstände im Einzelfall zu prüfen; wie z. B.

• Familienplanung,
• voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit
• besondere Verhältnisse im ländlichen Raum, z.B. regionale Besonderheiten des Wohnungsmarktes

Zudem können behinderungsbedingte Gründe für die Anerkennung einer höheren Wohnfläche sprechen

Wann wäre nach der Rechtsprechung des BSG eine besondere Härte gegeben?

Diese wäre gerechtfertigt zum Beispiel beim:

  • Zusammenleben von Pflegeeltern mit Pflegekindern
  • bei Ausübung eines Berufs oder Gewerbes im selbstgenutzten Haus

Betroffenen ist dringend anzuraten anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Sache ist sehr komplex und nach meiner Meinung zählt hier immer nur der Einzelfall.