Bürgergeld: Wohnungssuchend gemeldet zu sein reicht nicht aus

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Das Landessozialgericht Hessen in Darmstadt urteilte: Um einen vom Jobcenter zur Kostensenkung geforderten Umzug als unmöglich anzusehen, reicht es nicht, sich bei Wohnungsbaugesellschaften lediglich als wohnungssuchend zu melden. (Aktenzeichen: L 9 AS 138/19)

Warum kam es zur Klage?

Streitpunkt zwischen Leistungsberechtigter und Jobcenter waren die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft. Die Betroffene lebte in einer 60,16 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung. Zuerst übernahm das Jobcenter die Kosten.

Die Grundmiete lag pro Monat 302,60 Euro, eine Vorauszahlung kalter Betriebskosten bei 104,00 Euro sowie Heizkosten bei 59,00 Euro. Vermieter war die C. Wohnungsgesellschaft mbH Hessen.

Ab Mai 2013 definierte das Jobcenter die Bruttokaltmiete als zu hoch und übernahm die tätsächlichen Kosten nur noch bis November desselben Jahres. Angemessen sei eine Bruttokaltmiete von 304,72 Euro.

“Kosten senken und belegen”

Das Jobcenter verlangte von der Bürgergeld-Bezieherin, die Unterkunftskosten zur Grenze der Angemessenheit zu senken, insbesondere durch Umzug in eine günstigere Unterkunft. Dies solle sie bis zum 30. November 2013 tun, sonst würden die Unterkunftszahlungen “auf den angemessenen Betrag” von 363,72 Euro (304,72 Euro plus 50,00 Euro Heizkosten in Höhe von 59,00 Euro) gedrückt.

“Erfolglos bemüht”

Die Klägerin teilte im November 2013 dem Jobcenter schriftlich und mit Belegen von zwei Wohnungsbaugesellschaften mit, dass sie sich sehr bemüht habe, eine andere Wohnung zu finden, aber erfolglos geblieben sei.

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“Jobcenter zahlt weniger”

Trotzdem kürzte das Jobcenter die Zahlungen für Unterkunft und Heizung ab Januar 2014 auf insgesamt 363,37 Euro, Es verwies auf die Richtlinien des Landkreises, die eine Bruttokaltmiete von 304,37 Euro für angemessen hielten.

Die Klägerin hätte die Pflicht gehabt, so das Jobcenter, auch auf dem freien Wohnungsmarkt und im Umland zu suchen und nicht nur durch Meldung bei Wohnungsgenossenschaften. Vom 1. Januar bis 30. Juni erhielt die Betroffenen Zahlungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 363,72 Euro.

Einen Widerspruch der Leistungsberechtigten wies das Jobcenter zurück: “Die angemessenen Unterkunftskosten seien nach einem schlüssigen Konzept ermittelt worden und betrügen (vor Ort) 304,72 Euro bruttokalt.”

“Die Wohnung ist angemessen, und die Betroffene hat intensiv eine Wohnung gesucht”

Der Anwalt der Betroffenen argumentierte, die Klägerin habe sich schon zwei Jahre vor der Aufforderung des Jobcenters um günstigeren Wohnraum bemüht.

Außerdem sei die Wohnung zwar nach den Richtlinien des SGB II zehn Quadratmeter zu groß, liege dafür aber um untersten Segment der in Betracht kommenden Wohnungen.

Für den vom Jobcenter verlangten Preis sei es unmöglich eine Wohnung zu finden. Gerade in der Stadt, in der die Betroffene lebe, bestehe große Wohnungsknappheit für Alleinstehende.

Das Landessozialgericht stimmt dem Jobcenter grundsätzlich zu

Das Landessozialgericht stimmte im Berufungsverfahren zwar zu, dass das Jobcenter der Klägerin höhere Unterkunftskosten hätte gewähren müssen, nämlich 363,00 Euro bruttokalt pro Monat.

Die fehlerhafte Angemessenheitsgrenze des Jobcenters von 304,72 Euro bedeute aber nicht die die Übernahme der tatsächlichen Wohnungskosten im strittigen Zeitraum.

Wie begründet das Gericht sein Urteil?

Die Leistungsberechtigte hätte konkret und schlüssig darlegen müssen, warum in der entsprechenden Übergangsfrist ein Umzug unmöglich gewesen sei. Ein Nachweis, bei zwei Wohnungsbaugesellschaften als wohnungssuchend gemeldet zu sein, und kein Wohnungsangebot erhalten zu haben, reiche dafür nicht aus.

Die Klägerin hätte auch auf dem privaten Wohnungsmarkt nach einer Wohnung suchen und dies belegen müssen. Insbesondere gelte dies, da private Vermieter in dieser Stadt mehrheitlich Mietwohnungen belegten.

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