Bürgergeld: Wegen Lebensmittelspende – Jobcenter will Leistungen nicht zahlen – Urteil

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Freiwillige Sachleistungen in Form von Lebensmitteln ersetzen nicht die Leistungsberechtigung beim Bürgergeld. So urteilte das Sozialgericht Magdeburg und verpflichtete das zuständige Jobcenter, dem Betroffenen weiterhin Bürgergeld auszuzahlen (S 24 AS 404/23 ER).

Jobcenter unterstellt fehlende Mitwirkung

Der Betroffene stellte einen Weiterbewilligungsantrag auf Bürgergeld. Das Jobcenter forderte dafür zusätzliche Unterlagen zu den bereits eingereichten und verlangte unter anderem die Belege für online bestellte Lebensmittel.

Der Mann weigerte sich. Er sei nicht verpflichtet, diese Unterlagen einzureichen. Eine solche Mitwirkungspflicht bestehe nicht, und er müsse dem Jobcenter auch nicht nachweisen, wofür er seinen Regelsatz verwende.

Das Jobcenter beharrt auf seinem Standpunkt

Das Jobcenter verlangte weiterhin, die Bestellungen einzusehen. Ohne die entsprechenden Belege könnte nicht nachvollzogen werden, ob er tatsächlich Lebensmittel erworben habe und darüber hinaus, ob er mittellos und hilfebedürftig sei.

Da der Mann bei seinem Standpunkt blieb, dass er keine Rechenschaft schuldig sei, versagte ihm das Jobcenter die Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen fehlender Mitwirkung.

Antrag auf einstweilige Anordnung

Der Betroffene stellte jetzt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Darin erklärte er, er verfüge weder über Einkommen noch Vermögen und hätte keine Geldmittel. Deshalb hat der Vermieter ihm bereits mit Kündigung gedroht.

Zudem könne er die Krankenversicherung nicht bezahlen, auch nicht den Mindestbeitrag für die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung.

Seine Existenz sei nur deswegen gesichert gewesen, weil ihn ein Freund mit Lebensmitteln versorgt hätte.

Nachweise über Ausgaben fehlen

Das Jobcenter argumentierte, dass der Betroffene keine Nachweise über seine Ausgaben eingereicht hätte. Außerdem könne er eine Bareinzahlung über 300 Euro nicht erklären. Es stehe in Zweifel, ob es überhaupt einen Anordnungsgrund gäbe.

Es gebe keine dringende oder existenzielle Notlage, da er mit Lebensmitteln versorgt würde. Auch die drohende Kündigung sei fragwürdig.

Sozialgericht lehnt Argumentation des Jobcenters ab

Das Sozialgericht Magdeburg lehnte diese Argumente des Jobcenters ab. Die Richter erklärten die einstweilige Anordnung als zulässig und begründet. Sie gingen nach der Prüfung im Eilverfahren davon aus, dass der Betroffene Anspruch auf Bürgergeld hat.

Das Gericht hob ausdrücklich hervor: „Dabei können die bisher von seinem Freund und Vermieter (…) erbrachten Sachleistungen in Form von Lebensmitteln nicht als Zuwendungen zur Bedarfsdeckung berücksichtigt werden.“

Freiwillige Zuwendungen können jederzeit eingestellt werden

Es handelt sich erstens um freiwillige Zuwendungen, die jederzeit eingestellt werden könnten. Zweitens umfasst der Regelsatz nicht nur Lebensmittel. Drittens seien freiwillige Leistungen Dritter kein Ersatz für die Leistungsverpflichtung des Jobcenters.

Es sei obendrein nicht zumutbar, durch fehlende Leistungen des Jobcenters Mietschulden zu verursachen und den Betroffenen ohne Schutz durch die Krankenversicherung zu lassen.

Deshalb muss das Jobcenter Bürgergeld auszahlen – vorerst für sechs Monate.

Rechtswidrige Argumentation des Jobcenters

Das Jobcenter argumentierte in einem entscheidenden Punkt gegen gültiges Recht. Sachgeschenke Dritter zählen beim Bürgergeld nämlich nicht als Einkommen, sondern werden -wenn überhaupt – auf das Vermögen angerechnet.

Das gilt nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für alle anderen Sachgeschenke, zum Beispiel für Möbel, Autos oder auch für Gutscheine.

Lebensmittel dürfen nicht als Vermögen angerechnet werden

Erst wenn durch solche Sachgeschenke die Vermögensgrenze von 15.000 Euro ab dem zweiten Jahr im Bürgergeld-Bezug (40.000 Euro in der Karenzzeit) überschritten ist, wird der überschüssige Betrag an die Bürgergeld-Leistungen angerechnet.

Lebensmittel, die die Betroffenen verbrauchen, lassen sich nicht als Vermögen anrechnen.

Das Jobcenter zeigte hier, dass elementare Rechtsgrundsätze bei der Vergabe von Sozialleistungen den zuständigen Mitarbeitern nicht bekannt sind, vorausgesetzt, diese wurden nicht absichtlich gebrochen.