Bürgergeld: Schadensersatzzahlungen sind kein Einkommen

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Zur Frage, ob Zahlungen auf eine Schadensersatzforderung aus unerlaubter Handlung wegen Unterschlagung von Eigentum als Einkommen oder Vermögen einzuordnen sind, wenn die Forderung vor Beginn des Leistungsbezuges entstanden und tituliert worden ist, die Zahlungen aber erst aufgrund eines während des laufenden Leistungsbezuges geschlossen Vergleichs erfolgten.

Einnahmen zum Ausgleich eines Vermögensschadens sind grundsicherungsrechtlich nicht als Einkommen zu qualifizieren

So urteilte das Bundessozialgericht mit Urteil vom 09.08.2018 – B 14 AS 20/17 R –

Wenn Bürgergeldempfänger eine Zahlung der Haftpflichtversicherung, der Hausratversicherung, der Glasversicherung oder anderweitige Schadensersatzzahlungen wie etwa Schadenersatz wegen Minderung mangelhafter Auftragsausführung der Bauarbeiten am Eigenheim erhalten, fragen sie sich vielleicht, ob diese Zahlungen womöglich als Einkommen vom Jobcenter zugerechnet werden?

Oder zählen diese doch zum Vermögen?

Hierzu muss man erst mal Einkommen vom Vermögen abgrenzen. Während Einkommen grundsätzlich alles das ist, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, ist Vermögen alles was man vor der Antragstellung bereits hatte.

Zahlungen zum Ersatz von Wertgegenständen, die jemand vor Antragstellung bereits hatte, sind dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen.

Schon in der Rechtsprechung des BSG ua zur Arbeitslosenhilfe und des BVerwG zur Sozialhilfe war geklärt, dass bloße Vermögensumschichtungen keinen als Einkommen zu qualifizierenden Wertzuwachs begründen.

Ebenso hat das BSG für das SGB II entschieden, dass ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen bleibt.

Sind danach Geldzuflüsse aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten nicht als Einkommen zum Lebensunterhalt einzusetzen, so verhält es sich bei dem Wertersatz für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders; auch durch ihn erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte.

So stellte das BSG fest, dass Zahlungen zum Ausgleich eines Vermögensschadens grundsicherungsrechtlich nicht als Einkommen zu qualifizieren sind.

Nach der modifizierten Zuflusstheorie ist eine Schadensersatzforderung dann nicht als Einkommen zu qualifizieren, wenn diese lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstellt. Dem steht auch § 11a Abs 2 SGB 2 nicht entgegen.

Somit kann man sagen, dass die meisten Schadenersatzforderungen kein anrechenbares Einkommen im SGB II darstellen, ausgenommen z. Bsp. Genesungsgeld der Unfallversicherung oder eine während des Bürgergeldbezuges zugeflossene Geldforderung des Leistungsbeziehers, denn eine Forderung stellt kein Vermögen dar ( vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 04.04.2023 – L 4 AS 240/22 D ). 

Rechtstipp Redakteur Detlef Brock:

  1. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.5.2014 – L 18 AS 3167/12

Eine Schadensersatzleistung, z. B. für die Beschädigung oder den Verlust einer Sache, die nur eine frühere Vermögenslage wiederherstellt, bewirkt keinen Zufluss. Der Ersatz ist keine Einnahme, sondern, wie das durch die Schadensersatzzahlung Ersetzte wiederum Vermögen.

  1. Sozialgericht Karlsruhe Urteil vom 16.08.2011, – S 13 AS 1617/10 –

Schadensersatz und andere Geldleistungen, die lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstellen (hier: Minderung wegen mangelhafter Auftragsausführung der Bauarbeiten am Eigenheim) sind auch nach der “Zuflusstheorie” unabhängig vom Zeitpunkt des Zuflusses als Vermögen zu berücksichtigen (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 18.02.1999, 5 C 14/98).

Was Anderes kann aber gelten bei Anrechnung einer erfüllten Geldforderung des Grundsicherungsberechtigten als Einkommen auf die ihm bewilligten Grundsicherungsleistungen

Bei der Erfüllung einer Forderung ist von zugeflossenem Einkommen auszugehen. Eine Forderung stellt kein Vermögen dar, das durch die Auszahlung lediglich um geschichtet wird ( LSG Hamburg, Urt. v. 04.04.2023 – L 4 AS 240/22 D ).

Bei der Erfüllung einer Forderung ist von zugeflossenem Einkommen auszugehen. Eine Forderung stellt kein Vermögen dar, das durch die Auszahlung lediglich umgeschichtet wird.

Lediglich z. B. bei Banken oder Versicherungen zielgerichtet angespartes Guthaben, das einen Auszahlungsanspruch gegen die Bank bzw. Versicherung begründet, wird als Vermögen beurteilt (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008 – B 4 AS 57/07 R).

Bei dem bei Rechtsanwalt H. deponierten Geld handelt es sich aber nicht um ein solches Ansparvermögen, sondern dieses wurde dem Rechtsanwalt für die weitere Prozessführung überlassen.

Damit ist der Fall auch nicht mit dem einer unterschlagenen Sache vergleichbar (BSG, Urteil vom 9.8.2018 – B 14 AS 20/17 R). Denn dort hat sich der unterschlagene Gegenstand im Vermögen des Geschädigten befunden, als er entwendet wurde.

Hier hingegen bestand lediglich ein Anspruch auf Auszahlung gegen Rechtsanwalt H., vergleichbar einem Anspruch auf Zahlung von verspätetem Arbeitsentgelt.

Lesetipp vom Redakteur Detlef Brock:

Auf der Seite auch ein Beispiel, warum z. Bsp. Schadenersatzzahlung der Hausratversicherung kein Einkommen ist!! und auch ein Beispiel, warum es sich beim Genesungsgeld der Unfallversicherung um Einkommen handelt.

Link: Rechtsanwalt David Andreas Köper zu: Schadenersatzzahlungen kein anrechenbares Einkommen im SGB II