Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wies eine Berufungsklage gegen das Sozialgericht Stuttgart zurück. Streitpunkt war die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bürgergeld).
Die Begründung lautete, die Klage sei in der Sache unbegründet, besonders, da die Kläger im Berufungsverfahren keinerlei Ausführungen zur Sache gemacht hätten.(L 9 AS 3036/22)
“Gewährung von Leistungen”
Streitpunkt war die “Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Mehrbedarf wegen Umgangsrechts mit dem anderen Elternteil) in den Sommerferien 2021.” Die Klägerin bezog mit ihren drei Kindern von 2006 bis 2013 Hartz IV.
Danach ging das Jobcenter von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Kindsvater aus und gewährte deshalb keine weiteren Leistungen. Mutter und Vater lehnten es beide ab, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen, da keine Bedarfsgemeinschaft beziehe. Der Vater arbeitet selbstständig im Blumenhandel. Vater und Mutter sind nicht verheiratet, üben aber die elterliche Sorge gemeinsam aus.
Familie unterhält 26 Konten und verweigert die Einsicht
Polizei und Finanzdienstaufsicht ermittelten 2013 insgesamt 26 Konten, verteilt auf alle Familienmitglieder, davon 13 beim Kindsvater. Das Jobcenter forderte wiederholt auf, Kontoauszüge der letzten drei Monate für alle Konten vorzulegen. Der Kindsvater kam dem gar nicht nach, die Klägerin legte lediglich Auszüge eines Kontos vor. (SG Stuttgart, Beschluss vom 4.7.2013 – S 22 AS 2429/13 ER – sowie Bl. 30-46, 83 der Gerichtsakte S 22 AS 2429/13 ER).
Familie führte hunderte Verfahren
Seit das Jobcenter die Leistung gestrichen hat, führte die Familie eine Fülle von sozialgerichtlichen Verfahren, “allein beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (…) seit 2011 bis Ende 2020 über 550 (…).”
“Keine Voraussetzungen für besonderen Bedarf”
In diesem Fall beantragte der Vater als gesetzlicher Vertreter der Kinder „Mehrbedarf wegen Umgangsrechts mit dem anderen Elternteil vom 29.07.2021 bis 12.09.2021 über 12 Stunden/46 Tage zu je 12,43 € = 1.715,34 €“. Das Jobcenter lehnte dies ab mit der Begründung, die Voraussetzungen für einen besonderen Bedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II lägen nicht vor.
Einen Widerspruch des Vaters wies das Jobcenter als unbegründet zurück. Einen zweiten Widerspruch, den ein Rechtsanwalt erhob, wies das Jobcenter als unzulässig ab. Der Rechtsanwalt und Prozessbevollmächtigte erhob Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart, um das Jobcenter zu zwingen, den (erneuten) Widerspruch zu bewilligen.
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“Ein erneuter Widerspruch ist unstatthaft”
Das Sozialgericht wies die Klage ab, denn der erneute Widerspruchsbescheid sei zu Recht als unzulässig abgewiesen worden: “Ein erneuter Widerspruch gegen einen Bescheid, der Gegenstand eines Vorverfahrens sei, sei unstatthaft und somit unzulässig (mit Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.07.2018 – L 10 R 3653/17 -, juris Rn. 23 m.w.N.).”
“Keine Begründung für Berufung
Der Prozessbevollmächtigte legte Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg ein. Dieses entschied, die Klage sei unbegründet. Trotz Erinnerung habe es weder eine Begründung für die Berufung gegeben noch sei ein Berufungsantrag gestellt worden. Der Prozessbevollmächtigte hätte lediglich das Ruhen des Verfahrens angeregt.
“Klage ist unbegründet”
Das Landessozialgericht hält die Entscheidung der ersten Instanz für begründet: “Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 12.09.2022 zu Recht abgewiesen. Es hat unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen und Heranziehung einschlägiger Rechtsprechung zutreffend dargelegt, dass die Klage unbegründet ist.”
“Berufung wird zurückgewiesen”
Die Berufung wurde deshalb zurückgewiesen: “Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des (wenigen) Vorbringens der Kläger uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).”
“Keine Ausführungen zur Sache”
Es hätte nichts gegeben, das neu hätte verhandelt werden können: “Nachdem die Kläger im Berufungsverfahren keinerlei Ausführungen zur Sache gemacht und sich auch nicht mit der – zutreffenden – Begründung des SG auseinandergesetzt haben, besteht für den Senat kein Anlass zu weiteren Ausführungen.”
“Keine Veranlassung, das Verfahren ruhen zu lassen”
Ein Ruhen des Verfahrens sei ausgeschlossen: “Insbesondere besteht keine Veranlassung, das Ruhen des Verfahrens in Betracht zu ziehen, denn weder sind im vorliegenden Verfahren materielle Fragen der Anspruchsberechtigung überhaupt Prüfungsgegenstand noch können die Kläger mit ihrem Feststellungsbegehren durchdringen (vgl. insoweit den Beschluss des Senats im Verfahren L 9 AS 1052/23).”