Bürgergeld: Jobcenter muss private Versicherungen übernehmen – Urteil

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Ein Jobcenter muss die Kosten der privaten Haftpflicht- und Hausratsversicherung eines Leistungsbeziehers übernehmen. So entschied das Sozialgericht Berlin in einem konkreten Fall (S 109 AS 25036/15).

Haftpflicht- und Hausratsversicherung per Mietvertrag

Der Betroffene bezog Leistungen des Jobcenters. Laut Mietvertrag war er verpflichtet, zu Beginn des Mietverhältnisses eine private Haftpflicht- und Hausratversicherung abzuschließen. Diese wäre für die Dauer des Mietverhältnisses beizubehalten. Das tat der Leistungsberechtigte auch.

Jobcenter lehnt Antrag auf Übernahme der Prämien ab

Der Betroffene beantragte beim Jobcenter, die Prämien für die beiden Versicherungen zu übernehmen. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab. Der Leistungsbezieher legte fristgerecht Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein, und das Jobcenter wies diesen zurück.

Klage vor dem Sozialgericht

Deshalb klagte er vor dem Sozialgericht Berlin und ließ sich dort anwaltlich vertreten. Der Anwalt argumentierte folgendermaßen: Beide Versicherungen schützten vordergründig nur Dritte sowie den Staat.

Die Haftpflichtversicherung würde Ansprüche geschädigter Dritter regulieren, und die Hausratversicherung springe im Schadensfall ein, zum Beispiel bei Einbruch oder Brand. Ohne eine Hausratversicherung müsste das Jobcenter die Kosten des Schadens übernehmen.

Anwalt erkennt Sonderbedarf

Die mit dem Fall betraute Rechtsanwaltskanzlei Kurth schreibt: „Aus meiner Sicht handelte es sich dabei um eine „Art Sonderbedarf“, da während des SGB II-Bezugs des Mandanten allein Dritte bzw. die Staatskasse begünstigt wären – und nicht er selbst – und der Gesetzgeber solche Versicherungsprämien nicht in die Berechnung des Regelbedarfs eingeführt hatte.“

Mietvertragliche Pflicht

Außerdem verwies der Anwalt auf die mietvertragliche Verpflichtung des Leistungsberechtigten. Das Mietverhältnis war damit verbunden, diese Versicherungen abzuschließen und zu unterhalten. Das Jobcenter argumentierte hingegen, dass die Klausel unwirksam sei. Der Leistungsberechtigte könne also dagegen verstoßen. Wenn der Vermieter ihm deshalb das Mietverhältnis kündige, dann sei die Kündigung unwirksam.

Das Sozialgericht überzeugen die Argumente des Jobcenters nicht

Das Sozialgericht Berlin konnte mit dieser Konstruktion des Jobcenters wenig anfangen. Der Anwalt des Leistungsberechtigten schreibt: „Dieses zivilrechtliche und im Hinblick auf die Wohnungsknappheit in Berlin „schwierige“ Argument drang nicht durch. Das Sozialgericht folgte unserer Argumentation und verurteilte das JobCenter zur Erstattung der Prämien als Kosten der Unterkunft – mit dauerndem Erfolg auch für die nachfolgenden Jahre.“

Was bedeutet dieses Urteil?

Die Kosten für eine private Haftpflichtversicherung sind im Regelsatz für Leistungsberechtigte vorgesehen und müssen daher aus diesem oder dem Schonvermögen bestritten werden. Wenn jedoch der Mietvertrag eine Haftpflichtversicherung vorschreibt, dann ist dies Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung, die das Jobcenter übernehmen muss. Eine solche Pflichtversicherung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wohnung.

Eine Dreistigkeit des Jobcenters

In diesem konkreten Fall argumentierte das Jobcenter besonders dreist. In Berlin herrscht akute Wohnungsnot. Das Jobcenter verlangte jetzt ernsthaft, dass ein Mieter einen Mietvertrag unterschrieb, mit dem Vorsatz, gegen eine Klausel dieses Vertrags zu verstoßen. Im Fall einer Kündigung sollte er dann darauf verweisen, dass die Klausel unwirksam sei.

Jobcenter drängt Leistungsberechtigten in Notlage

Das Jobcenter maßte sich also an, nicht nur über juristische Fragen zu entscheiden, sondern wollte den Leistungsberechtigten auch noch in eine schwierige rechtliche Lage bringen und in Unsicherheit, seine Wohnung zu verlieren. Zum Glück hat das Sozialgericht dieser Dreistigkeit einen Riegel vorgeschoben und das Jobcenter gewissermaßen auf den Topf gesetzt.