Viele Bürgergeld- und Grundsicherungsbeziehende fürchten hohe Eigenanteile beim Zahnersatz. Tatsächlich können Sie in vielen Fällen 100 Prozent der Regelversorgung erstattet bekommen. Entscheidend ist die Härtefallregelung der Krankenkasse – nicht das Jobcenter.
Inhaltsverzeichnis
Bürgergeld, Grundsicherung und Zahnersatz: Ihre wichtigsten Rechte
Wenn Sie Bürgergeld, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung oder andere Sozialleistungen erhalten, gehören Sie in der Regel zur finanziell besonders schutzbedürftigen Gruppe. Für Zahnersatz reicht der reguläre Festzuschuss oft nicht aus.
Die Härtefallregelung sorgt dann dafür, dass Sie notwendigen Zahnersatz ohne Eigenanteil in der Regelversorgung erhalten können. Grundlage sind die Regelungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch und die Festzuschuss-Richtlinie.
Sie müssen diese Unterstützung jedoch aktiv bei Ihrer Krankenkasse beantragen. Das Jobcenter ist für Zahnersatzkosten nicht zuständig.
Warum das Jobcenter Zahnersatz nicht bezahlt
Leistungen für Zahnersatz sind Teil der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen zahlen befundbezogene Festzuschüsse für medizinisch notwendigen Zahnersatz. Bürgergeld oder Grundsicherung sichern Ihren Lebensunterhalt, ersetzen aber nicht die Leistungszuständigkeit der Krankenkasse.
Wenn Ihre Zahnärztin Ihnen einen Heil- und Kostenplan ausstellt, läuft die Prüfung deshalb immer über Ihre Krankenkasse. Dort wird geklärt, ob der normale Festzuschuss gilt oder ob ein Härtefall mit vollständiger Kostenübernahme der Regelversorgung vorliegt.
So funktioniert der Festzuschuss bei Zahnersatz
Die gesetzliche Krankenkasse beteiligt sich mit einem festen Betrag an den Kosten der sogenannten Regelversorgung. Dieser Festzuschuss orientiert sich an durchschnittlichen Kosten für eine medizinisch ausreichende Standardlösung, zum Beispiel eine Metallkrone oder eine einfache Brücke.
Aktuell deckt der reguläre Festzuschuss 60 Prozent dieser Regelversorgung. Durch ein lückenlos geführtes Bonusheft kann der Zuschuss auf 70 oder 75 Prozent steigen.
Alle Kosten, die darüber hinausgehen, zahlen Sie als Eigenanteil. Das betrifft insbesondere höherwertige Lösungen wie Vollkeramik oder spezielle Laborleistungen.
Härtefallregelung: Wann 100 Prozent Festzuschuss möglich sind
Die Härtefallregelung greift, wenn Ihnen der gesetzliche Eigenanteil wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann. In diesen Fällen verdoppelt die Krankenkasse den Festzuschuss, sodass die Kosten der Regelversorgung vollständig gedeckt sind und Sie die medizinisch notwendige Standardversorgung ohne Eigenanteil erhalten.
Ein Härtefall liegt in der Regel vor, wenn Ihr Einkommen bestimmte, jährlich angepasste Grenzen nicht überschreitet oder Sie existenzsichernde Sozialleistungen beziehen, etwa Bürgergeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt, bestimmte Ausbildungsförderungen oder Kriegsopferfürsorge.
Versicherte mit einem Bürgergeld- oder Grundsicherungsbescheid werden von vielen Krankenkassen als Härtefall anerkannt, sobald der entsprechende Nachweis vorliegt; ob die Voraussetzungen erfüllt sind, prüft jedoch stets die jeweilige Krankenkasse im Einzelfall.
Einkommensgrenzen 2025: Wann die Kasse „Härtefall“ sagt
Für 2025 gelten als Orientierungswerte für die volle Härtefallregelung unter anderem folgende Grenzen: 1.498 Euro monatliches Einkommen für Alleinstehende und 2.059,75 Euro für Versicherte mit einem Angehörigen; für jede weitere Person erhöht sich der Betrag.
Liegen Sie darunter oder beziehen Sie Bürgergeld oder Grundsicherung, sollten Sie konsequent die Härtefallprüfung beantragen. Die Einkommensgrenzen werden regelmäßig angepasst. Prüfen Sie daher den aktuellen Stand bei Ihrer Krankenkasse.
Was der volle Festzuschuss wirklich abdeckt
Der 100-prozentige Festzuschuss deckt ausschließlich die Kosten der Regelversorgung. Das bedeutet:
Kronen, Brücken oder Prothesen in der einfachen, medizinisch ausreichenden Ausführung werden komplett übernommen. Wählen Sie jedoch eine höherwertige oder aufwendigere Lösung, bleibt der Mehrpreis Ihr Eigenanteil. Das gilt typischerweise für Implantate, vollkeramische Versorgungen oder Sondermaterialien.
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Bescheid prüfenWichtig: Auch im Härtefall können Sie eine ästhetisch bessere Versorgung wählen. Sie erhalten dann den vollen Festzuschuss der Kasse, zahlen aber die Differenz zur teureren Variante selbst.
Antragstellung: So sichern Sie sich die Härtefallübernahme
Der Weg zur vollständigen Kostenübernahme ist klar strukturiert:
Ihre Zahnärztin oder Ihr Zahnarzt erstellt einen Heil- und Kostenplan. Diesen reichen Sie vor Behandlungsbeginn bei Ihrer Krankenkasse ein, zusammen mit Nachweisen zu Ihrem Einkommen oder Ihrem Leistungsbezug. Dazu zählen insbesondere aktuelle Bescheide über Bürgergeld, Grundsicherung oder andere Sozialleistungen.
Die Krankenkasse entscheidet, ob ein Härtefall oder die gleitende Härtefallregelung greift. Bei positiver Entscheidung wird der Heil- und Kostenplan mit entsprechend erhöhtem Festzuschuss genehmigt. Erst dann sollten Sie die Behandlung starten. Bei Ablehnung können Sie fristgerecht Widerspruch einlegen und weitere Nachweise nachreichen.
Gleitende Härtefallregelung: Unterstützung knapp über der Grenze
Liegen Sie mit Ihrem Einkommen leicht über der Härtefallgrenze, kann ein erhöhter Zuschuss nach der sogenannten gleitenden Härtefallregelung infrage kommen. In diesen Fällen reduziert sich Ihr Eigenanteil, ohne dass er vollständig entfällt. Die genaue Berechnung erfolgt nach gesetzlichen Vorgaben durch die Krankenkasse.
Für Sie bedeutet das: Selbst wenn Sie die starre Grenze knapp überschreiten, lohnt sich der Antrag mit vollständigen Einkommensnachweisen.
Praxisbeispiel: So läuft es für eine Bürgergeld-Empfängerin
Eine alleinstehende Versicherte bezieht Bürgergeld und benötigt eine Brücke als Regelversorgung. Der Zahnarzt erstellt den Heil- und Kostenplan und kreuzt die Prüfung auf Härtefall an.
Die Versicherte reicht den Plan mit ihrem Bewilligungsbescheid bei der Krankenkasse ein. Die Kasse erkennt den Härtefall, verdoppelt den Festzuschuss auf 100 Prozent der Regelversorgung und übernimmt die Kosten vollständig.
Wählt die Versicherte stattdessen eine teurere vollkeramische Brücke, zahlt sie nur die Mehrkosten gegenüber der genehmigten Regelversorgung aus eigener Tasche.
Dieses Beispiel zeigt: Wer rechtzeitig beantragt und Nachweise beilegt, kann existenzbedrohende Zahnarztrechnungen vermeiden.
Was Sie als Betroffene konkret tun sollten
Wenn Sie Bürgergeld, Grundsicherung oder ein sehr geringes Einkommen haben, sollten Sie:
Sprechen Sie Ihre Zahnärztin oder Ihren Zahnarzt aktiv auf die Härtefallregelung an. Lassen Sie den Heil- und Kostenplan vor Beginn der Behandlung von der Krankenkasse prüfen. Legen Sie lückenlos Ihre Einkommens- und Leistungsnachweise vor.
Prüfen Sie den Bescheid sorgfältig. Wenn die Kasse den Härtefall ablehnt oder nur den einfachen Festzuschuss gewährt, kann ein begründeter Widerspruch sinnvoll sein.
So nutzen Sie die bestehenden Schutzmechanismen konsequent aus und sichern sich notwendigen Zahnersatz, ohne Ihren ohnehin knappen Regelsatz zu gefährden.
Quellenangabe:
[1]: https://www.kzbv.de/patienten/patient-und-krankenkasse/zahnersatz/festzuschuesse-zum-zahnersatz/ “KZBV | Festzuschuss und Eigenanteil”
[2]: https://www.kzbv.de/patienten/medizinische-infos/zahnersatz/implantate/ “KZBV | Implantate”




