Ob eine Kraftfahrzeugsteuer vollständig erlassen oder um fünfzig Prozent ermäßigt wird, hängt in Deutschland allein von den Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis ab.
Menschen mit den Merkzeichen „H“, „BI“ oder „aG“ können seit 2009 in den Genuss vollständiger Steuerbefreiung kommen, während das Merkzeichen „G“ oder „GL“ – jeweils mit orangefarbenem Flächenaufdruck – eine Halbierung ermöglicht. Der Vorteil gilt grundsätzlich nur für ein einziges Fahrzeug, das auf die behinderten Person selbst zugelassen ist.
Inhaltsverzeichnis
Welche Behörde nimmt den Antrag auf KFZ-Befreiung bzw. Ermäßigung entgegen?
Zuständig ist nicht – wie oft vermutet – die Zulassungsstelle, sondern das jeweilige Hauptzollamt. Seit dem Behördenwechsel von 2014 verwaltet die Zollverwaltung die Kraftfahrzeugsteuer und damit auch alle Vergünstigungen.
Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner finden sich auf der Zoll-Website über die bundesweite Dienststellensuche; dort lässt sich anhand des eigenen Wohnortes das verantwortliche Hauptzollamt ermitteln.
Wie läuft das Antragsverfahren ab?
Der klassische Weg führt über das zweiseitige Formular 3809 („Antrag auf Kfz-Steuervergünstigung für schwerbehinderte Menschen“). Es kann online als PDF heruntergeladen, ausgedruckt, ausgefüllt und zusammen mit einer gut lesbaren Kopie des Schwerbehindertenausweises an das Hauptzollamt geschickt werden.
Wahlweise lässt sich der Antrag seit 2024 vollständig digital über das Zoll-Portal einreichen; dafür ist eine einmalige Registrierung mit E-Mail-Adresse und Passwort erforderlich.
Nach dem Einloggen bietet die Online-Dienstleistung „Kraftfahrzeugsteuer“ einen strukturierten Fragebogen und ermöglicht es, den Bearbeitungsstand jederzeit nachzuverfolgen.
Welche Unterlagen verlangt der Zoll?
Neben dem unterschriebenen Formular benötigt die Zollverwaltung in jedem Fall eine beidseitige Kopie des gültigen Schwerbehindertenausweises.
Wer nur eine Steuerermäßigung beantragt, muss zusätzlich das orangefarbene Beiblatt mitsenden, weil dort das Wahlrecht zwischen der vergünstigten Kfz-Steuer und der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Nahverkehr dokumentiert wird.
Tipp: Eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil I erleichtert die Zuordnung, ist aber keine gesetzliche Pflicht.
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Wann beginnt die Steuervergünstigung zu laufen?
Der Vorteil greift rückwirkend zum Ersten des Monats, in dem der vollständige Antrag bei der Behörde eingeht.
Wird das Gesuch erst nach Ablauf eines Monats gestellt, beginnt die Ermäßigung erst mit dem Tag der Antragstellung. Das Bundesfinanzministerium hat diesen Stichtag klar geregelt, um nachträgliche Nachlasswünsche auszuschließen.
Wie lange gilt der Bescheid – und was passiert bei Fahrzeugwechsel?
Der Zoll erlässt einen zeitlich befristeten Bescheid, der sich an der Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises orientiert. Verändert sich die zugelassene Person, das Kennzeichen oder die Behinderungsmerkmale, ist binnen vier Wochen ein Änderungsantrag einzureichen. Beim Verkaufs- oder Halterwechsel endet die Vergünstigung automatisch; sie ist also nicht „übertragbar“.
Lässt sich die Steuerbefreiung mit öffentlichen Nahverkehrsvorteilen kombinieren?
Nein. Menschen mit dem Merkzeichen „G“ oder „GL“ müssen sich entscheiden: Entweder nehmen sie die fünfzig-prozentige Kfz-Steuerermäßigung in Anspruch oder sie lösen gegen Eigenbeteiligung die Wertmarke für kostenlose ÖPNV-Nutzung.
Für schwerbehinderte Betroffene mit „H“ oder „aG“ stellt sich diese Frage nicht, weil sie sowohl steuerbefreit als auch unentgeltlich im Nahverkehr fahren dürfen.
ADAC
Welche Fristen und Bearbeitungszeiten sind zu erwarten?
Digitale Anträge werden laut Zoll derzeit in zwei bis vier Wochen beschieden; postalische Einsendungen benötigen wegen Scan- und Erfassungsprozessen oft sechs Wochen.
Erst nach Zustellung des Bewilligungsbescheids reduziert sich die vom Konto abgebuchte Kfz-Steuer automatisch, denn die Zollverwaltung arbeitet mit SEPA-Lastschrift. Wird der Antrag abgelehnt, kann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden.
Warum lohnt sich manchmal der persönliche Gang zum Hauptzollamt?
Gerade bei komplexen Fallkonstellationen – etwa wenn mehrere Schwerbehinderte in einem Haushalt leben, ein Leasingfahrzeug genutzt wird oder der Grad der Behinderung kurz vor Ablauf neu festgestellt werden muss – spart ein persönliches Vorsprachegespräch Zeit.
Viele Hauptzollämter bieten inzwischen feste Beratungszeiten an, in denen die Unterlagen direkt geprüft werden, sodass Rückfragen vermieden werden.
Was hat sich 2025 geändert?
Seit März 2025 akzeptiert der Zoll digitale Schwerbehindertenausweise im Wallet-Format. Wer das fälschungssichere EU-weit einheitliche QR-Code-Dokument besitzt, kann es im Online-Portal hochladen; das ersetzt die Papier- oder Plastikausweis-Kopie vollständig.
Darüber hinaus wurde die Obergrenze für rückwirkende Steuervergünstigungen auf zwölf Monate angehoben, wenn der Antragsteller wegen längerer Klinikaufenthalte oder Pflegebedürftigkeit glaubhaft keine Antragstellung vornehmen konnte. Entsprechende Nachweise sind nötig.
Was tun bei Ablehnung oder Rückforderung?
Lehnt das Hauptzollamt den Antrag ab, etwa weil das Merkzeichen nicht mehr erfüllt wird, liegt dem Bescheid stets eine Rechtsmittelbelehrung bei. Ein fristgerechter und schriftlich begründeter Einspruch führt dazu, dass die Sachlage erneut geprüft und – falls nötig – ein medizinischer Nachweis der Versorgungsverwaltung eingefordert wird.
In Rückforderungsfällen wird oft eine zinsfreie Ratenzahlung eingeräumt; hier empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme, um Mahngebühren zu vermeiden.
Fazit: Wo und wie beantragt man richtig?
Der Weg zur Kfz-Steuervergünstigung beginnt und endet beim Zoll. Ob per Formular, per Online-Portal oder persönlich – entscheidend sind ein gültiger Schwerbehindertenausweis, das korrekte Antragsformular und die fristgerechte Einreichung.