Witwenrente aktuell: Diese Einnahmen zählen wirklich

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Hunderttausende Hinterbliebene leben von einer Witwen- oder Witwerrente. Mehr als 538 000 Betroffene erhalten trotzdem keinen Cent, weil ihr eigenes Einkommen die Zahlung auf null kürzt. Besonders häufig fragen sich Erben, ob Vermögen aus einem Nachlass – etwa ein Haus oder ein Aktiendepot – als Einkommen gilt und die Rente mindert.

Erbschaft zählt grundsätzlich nicht als Einkommen

Das Sozialgesetzbuch IV legt exakt fest, welche Einkünfte die Deutsche Rentenversicherung anrechnet. Erbschaften stehen nicht auf dieser Liste. Ein Nachlass gilt als Vermögensübergang vom Erblasser auf den Erben und bleibt daher bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente außen vor.

Wann Vermögen zum Einkommen wird

Sobald Sie das geerbte Vermögen nutzen und daraus Erträge ziehen, ändert sich die Lage. Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen oder Veräußerungsgewinne sind Vermögenseinkünfte und damit anrechnungsfähig. Das gilt unabhängig davon, ob Sie eine Wohnung vermieten, ein Aktiendepot betreuen oder ein Grundstück verkaufen.

Auch wenn Sie einen vom Verstorbenen geschlossenen Vertrag unverändert fortführen, fließen die Erträge jetzt Ihnen zu und gelten als eigenes Einkommen.

Stichtag „Altrecht“: Wer profitiert?

  • Vor dem 1. Januar 2002 verheiratet
  • Mindestens ein Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren

Treffen beide Bedingungen zu, greift das alte Recht (§ 114 SGB IV). Dann bleiben reine Vermögenseinkünfte vollständig von der Anrechnung ausgenommen. Hinterbliebene jüngerer Jahrgänge unterliegen dem neuen Recht (§ 18a SGB IV) und müssen Erträge oberhalb des Freibetrags berücksichtigen.

Freibetrag 2025: 1 076,86 Euro pro Monat

Der anrechnungsfreie Betrag wird jährlich angepasst. Seit dem 1. Juli 2025 gilt bundesweit ein aktueller Rentenwert von 40,79 Euro. Daraus ergibt sich:

  • 26,4 × 40,79 Euro = 1 076,86 Euro anrechnungsfreies Einkommen für Witwen- oder Witwerrenten (ohne Kinder).

Für jedes kindergeldberechtigte Waisenrenten-Kind erhöht sich der Betrag um das 5,6-Fache des Rentenwerts, also um weitere 228,42 Euro.

So rechnet die Rentenversicherung

  1. Aus dem Brutto-Einkommen wird ein pauschales Netto ermittelt.
  2. Der Freibetrag wird abgezogen.
  3. 40 Prozent des verbleibenden Betrags kürzen die Hinterbliebenenrente.

Liegt Ihr Einkommen unterhalb des Freibetrags, bleibt die Rente unverändert. Steigt es darüber, ruht die Rente teilweise oder vollständig. Sinkt es später, kann eine Nachzahlung erfolgen.

Meldepflichten und Fristen im Blick

Hinterbliebene müssen jede Änderung ihrer Einkünfte innerhalb eines Monats melden (§ 99 Abs. 1 SGB VI). Reichen Sie dazu Kontoauszüge, Steuerbescheide oder Mietverträge ein. Wer die Mitteilung versäumt, riskiert Rückforderungen, Verzugszinsen und in schweren Fällen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Steuerliche Stolperfallen bei Erbschaften

Erben zahlen nur dann Erbschaftsteuer, wenn die persönlichen Freibeträge überschritten werden. Ehegatten und Kinder haben dazu noch einen Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG. Dieser Freibetrag schrumpft, sobald der Erbe steuerfreie Versorgungsbezüge wie eine gesetzliche Hinterbliebenenrente erhält. Die Kürzung erfolgt automatisch über das Bewertungsgesetz und kann die Steuerlast erheblich steigern.

Praxisbeispiel: Verkauf einer geerbten Immobilie

Eine Witwe verkauft im September 2025 ein geerbtes Haus für 600 000 Euro.

  • Spekulationsfrist erfüllt: Das Objekt lag länger als zehn Jahre im Familienbesitz, der Gewinn ist einkommensteuerfrei.
  • Trotzdem handelt es sich um Vermögenseinkünfte im Sinne des neuen Rechts.
  • Der Gewinn von 100 000 Euro wird gleichmäßig auf zwölf Monate verteilt (8 333 Euro pro Monat).
  • Nach Abzug des Freibetrags ruht die Rente voraussichtlich für zwölf Monate vollständig.

Wer die Spekulationsfrist nicht einhält, muss zusätzlich Einkommensteuer zahlen. Die Rentenkürzung bleibt davon unberührt.

Handlungstipps für Hinterbliebene

Planen Sie vor dem Verkauf größerer Vermögenswerte unbedingt die Folgen für Ihre Rente, nutzen Sie Freibeträge, indem Sie Einnahmen zeitlich strecken oder in wertstabile, aber nicht ertragsbringende Anlageformen umschichten.

Lassen Sie anschließend Bescheide von unabhängigen Rentenberatern oder Fachanwälten prüfen, weil diese häufig Rechenfehler aufdecken, und dokumentieren Sie sämtliche Erträge, indem Sie alle Unterlagen zehn Jahre lang aufbewahren, um Rückfragen der Rentenversicherung oder des Finanzamts zügig beantworten zu können.

Erbschaft mindert nur in diesem Fall

Eine Erbschaft mindert die Witwen- oder Witwerrente erst dann, wenn daraus eigenes Einkommen entsteht. Entscheidend sind die aktuellen Freibeträge und die strengen Meldepflichten. Wer vorausschauend plant, rechtzeitig informiert und bei Bedarf fachkundigen Rat einholt, kann Kürzungen begrenzen oder ganz vermeiden.