Wenn die Lohnerhöhung für Familien nicht lohnt

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800€ mehr Bruttolohn und dann sogar 13€ weniger in der Haushaltskasse? Unglaublich aber wahr! Da müsste man ja fast sagen: “Chef, bitte keine Lohnerhöhung!” Grund dafür ist die hohe Anrechnung auf Sozialleistungen.

Vorstellung Beispielfamilie

Ich möchte die Problematiken der Anrechnung über verschiedene Sozialleistungen hinweg am Beispiel von Fam. Schulze darstellen.

Ehepaar Schulze hat einen Sohn(15). Sie leben in Hamburg und zahlen 775€ Miete + 80€ Nebenkosten + 80€ Heizung. Nur ein Elternteil arbeitet.

Übersicht ergänzende Sozialleistungen

Um die finanzielle Situation dieser Familie mit verschiedenem Einkommen zu erfassen, habe ich diese Tabelle erstellt.
Abhängig vom Bruttolohn lässt sich ablesen, welche den Lohn ergänzenden Sozialleistungen die Familie bekommt und welches Haushaltseinkommen sich ergibt.

Um die Ergebnisse besser sichtbar zu machen, hier eine grafische Darstellung des Haushaltseinkommens – abhängig vom Bruttoeinkommen (waagrechte Achse).

Sichbar wird ein Verlauf mit großen Palteaus, in denen das Einkommen stagniert, die Gründe will ich erklären.

Problembereich 1: 2800-3600€ Brutto

Ein Plateau wird zwischen 2.800€ Brutto und 3.600€ Brutto sichtbar.
2800€ kann ein Lagerarbeiter verdienen.
3600€ wären das Einstiegsgehalt eines Arbeitsvermittlers.

800€ mehr und keine finanzielle Verbesserung?

Wenn man in die Tabelle schaut, erkennt man, dass es sogar nicht nur keine Verbesserung gibt, sondern sogar eine finanzielle Verschlechterung. 800€ mehr Brutto führen zu 13€ weniger in der Familienkasse. Dabei kann man wirklich nicht mehr von einem Anreiz sprechen.

Rein von der aktuellen finanziellen Situation sollte der Arbeitsvermittler sich lieber selbst in einen anderen Job vermitteln – in den eines Lagerarbeiters. Oder nur noch in Teilzeit arbeiten. Wenn er nur noch 75% arbeitet, hätte er mehr Geld zur Verfügung als in Vollzeit.

Der Lagerarbeiter mit 2800€ hat 942€ mehr im Geldbeutel, als wenn er nicht arbeiten würde. Der Arbeitsvermittler mit 3600€ hätte zwar noch 929€ mehr als ohne Arbeit, aber 13€ weniger als der Lagerarbeiter.

Verrückt, aber wahr.

Problembereich 2: 1500-2400€

Der nächste Bereich ohne steigendes Einkommen ergibt sich ab 1500€ Brutto bis zum Übergang zu Wohngeld und Kinderzuschlag. Das liegt daran, dass es im Bürgergeld ab 1200€, mit Kindern ab 1500€ keine weiteren Freibeträge (§11b Abs 3 SGB II) aufs Einkommen gibt.

Im Bereich zwischen 1500€ und 2400€ (bei 2500€ Wechsel zu Wohngeld+Kinderzuschlag) ergibt sich daher keine Steigerung des Haushaltseinkommenns.

Problembereich 3: 1000-1500€

Auch der Bereich zwischen 1000€ Brutto und 1500€ Brutto ist nicht wirklich attraktiv. Es dürfen nur 10% des Bruttos als Freibetrag erhalten werden. 90% werden angerechnet. So unterscheidet sich die Haushaltskasse zwischen 1000€ und 1500€ Brutto nur um 50€.

Problembereich 2+3: 1000-2400€

Gemeinsam mit dem vorherigen Plateau ergibt sich, dass sich zwischen 1000€ Brutto (ca. Halbtags bei Mindestlohn) und 2400€ Brutto (Vollzeit 13,85€/Std) nur ein Unterschied in der Haushaltskasse von 50€ ergibt.

Es gibt also kaum einen Anreiz, mehr Stunden zu arbeiten.

HöherersEinkommen lohnt sich (nicht)?

+ Lohnerhöhungen
+ Tarifabschlüsse
+ Aufstieg auf der Karriereleiter
+ Überstunden
All dies lohnt sich für Familie Schulze nicht, wenn das Einkommen des Alleinverdieners zwischen 1000€ und 2400€ oder 2800€ und 3600€ Brutto bleibt.

MEHR Arbeit lohnt sich hier nicht!

Fazit

Insgesamt betrachtet, sieht man eine sehr unterschiedliche Entwicklung des Haushaltseinkommens…Wer diese Bereiche identifiziert hat, kann sich daran orientieren. Wobei für die Rente ein höheres Einkommen, immer besser ist – aber auch jetzt sollte es sich immer lohnen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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