Was bringt eine Schwerbehinderung bei der Steuererklärung?

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Eine anerkannte Schwerbehinderung kann Ihre Einkommensteuer spürbar senken. Im Steuerrecht ist es dabei wichtig, zwischen dem sozialrechtlichen Status „schwerbehindert“ und den steuerlichen Vergünstigungen zu unterscheiden: Schwerbehindert im Sinne des § 2 SGB IX ist, wer einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 hat; daneben gibt es weitere Nachteilsausgleiche, die an sogenannte Merkzeichen wie G, aG, H, Bl oder TBl anknüpfen.

Für die Steuer zählen sowohl der festgestellte GdB als auch vorhandene Merkzeichen.

Der Behinderten-Pauschbetrag als wichtigster Steuervorteil

Ein großer Vorteil ist der Behinderten-Pauschbetrag. Er ersetzt typische, behinderungsbedingte Mehraufwendungen pauschal, ohne dass Sie Einzelbelege einreichen müssen. Anspruch besteht bereits ab GdB 20; die Höhe steigt stufenweise an und reicht von 384 Euro (GdB 20) bis 2.840 Euro (GdB 100) pro Jahr.

Für Blinde, Taubblinde und hilflose Menschen gilt ein erhöhter Pauschbetrag von 7.400 Euro, der den gestaffelten Pauschbetrag ersetzt. Das Wahlrecht, den Pauschbetrag statt einzelner Kosten zu nutzen, kann je Veranlagungsjahr nur einheitlich ausgeübt werden.

Tabelle: Alle Steuererleichterungen 2025 bei einer Schwerbehinderung

Steuererleichterung bei Behinderung Kurzbeschreibung
Behinderten-

Pauschbetrag (§ 33b EStG)

Ab GdB 20; je nach GdB 384 € bis 2.840 € pro Jahr. Für hilflose Menschen (Merkzeichen H) sowie Blinde/Taubblinde 7.400 € p.a. Ersetzt typische laufende behinderungsbedingte Mehraufwendungen; Nachweis durch Feststellungsbescheid/Schwerbehindertenausweis.
Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) Unentgeltliche Pflege in der Wohnung der pflegebedürftigen oder der pflegenden Person: 600 € (Pflegegrad 2), 1.100 € (PG 3), 1.800 € (PG 4/5 oder Hilflosigkeit) je Pflegeperson und Jahr; keine Pflegevergütung bezogen.
Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a EStG) Pauschal für private, behinderungsbedingte Fahrten: 900 € p.a. bei GdB ≥ 80 oder GdB ≥ 70 + Merkzeichen G; 4.500 € p.a. bei Merkzeichen aG/Bl/TBl/H. Kein Einzelnachweis der Fahrten erforderlich.
Arbeitsweg:

tatsächliche Kosten statt Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 2 EStG)

Bei GdB ≥ 70 oder GdB ≥ 50 + Merkzeichen G: Wahlrecht, statt Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten anzusetzen; ohne Einzelnachweis anerkannt: 0,30 €/gefahrener km; einschließlich notwendiger Parkgebühren.
Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) Besondere behinderungsbedingte Aufwendungen (z. B. Heilbehandlungen, Hilfsmittel, barrierefreier Umbau) abziehbar, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen; private behinderungsbedingte Fahrten sind durch die Pauschale abgegolten.
Übertragung des Pauschbetrags bei Kindern Behinderten-Pauschbetrag und ggf. Fahrtkostenpauschale des Kindes können ganz/teilweise auf die Eltern übertragen werden, wenn Kindergeld/Kinderfreibetrag zusteht; steuerliche Identifikationsnummer des Kindes angeben.
Kinder mit Behinderung: Kindergeld/Kinderfreibetrag ohne Altersgrenze Zeitlich unbegrenzte Berücksichtigung möglich, wenn das Kind sich wegen der Behinderung nicht selbst unterhalten kann und die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist.
§ 35a EStG: haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen Zusätzlich möglich: 20 % der haushaltsnahen Dienstleistungen inkl. Pflege/Betreuung bis max. 4.000 € p.a.; Handwerkerleistungen 20 % bis max. 1.200 € (nur Arbeitskosten). Keine Doppelbegünstigung, wenn dieselben Kosten bereits als außergewöhnliche Belastungen abgezogen wurden.

Pflege-Pauschbetrag für unentgeltlich Pflegende

Pflegen Sie eine Person unentgeltlich in Ihrer oder in deren Wohnung, können Sie zusätzlich einen Pflege-Pauschbetrag beanspruchen. Dieser beträgt 600 Euro bei Pflegegrad 2, 1.100 Euro bei Pflegegrad 3 sowie 1.800 Euro bei Pflegegrad 4 oder 5; auch bei „Hilflosigkeit“ steht der Betrag von 1.800 Euro zu. Maßgeblich ist der höchste im Kalenderjahr festgestellte Pflegegrad; der Betrag ist ein Jahresbetrag. Voraussetzung ist, dass keine Einnahmen für die Pflege bezogen werden.

Fahrtkosten: Pauschalen für Privatfahrten und Sonderregeln für den Arbeitsweg

Für private Fahrten aufgrund der Behinderung gibt es eine eigenständige behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale. Wer das Merkzeichen aG, Bl, TBl oder H hat, kann jährlich 4.500 Euro geltend machen (entspricht 15.000 km à 0,30 Euro). Bei GdB 80 oder GdB 70 mit Merkzeichen G beträgt die Pauschale 900 Euro pro Jahr. Ein Einzelnachweis der Fahrten ist dafür nicht erforderlich.

Auch beim Arbeitsweg gelten Erleichterungen: Bei einem GdB von mindestens 70 oder bei GdB 50 mit erheblicher Gehbehinderung dürfen statt der Entfernungspauschale die tatsächlich gefahrenen Kilometer mit 0,30 Euro je Kilometer angesetzt werden. Das kann insbesondere bei kurzen Entfernungen oder häufiger Pkw-Nutzung vorteilhaft sein.

Einzelkosten als außergewöhnliche Belastungen – und die Grenze der „zumutbaren Belastung“

Neben Pauschalen können außergewöhnliche, behinderungsbedingte Aufwendungen – etwa Heilbehandlungen, Hilfsmittel oder Umbauten – als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein.

Hier wirkt sich allerdings nur der Teil aus, der die sogenannte zumutbare Eigenbelastung übersteigt. Wer den Behinderten-Pauschbetrag nutzt, kann die darin abgegoltenen typischen laufenden Mehraufwendungen nicht zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen geltend machen; darüber hinausgehende, besondere Aufwendungen bleiben aber daneben möglich.

Nachweise und Eintragung in der Steuererklärung

Der Behinderten-Pauschbetrag und die Fahrtkostenpauschale werden in der „Anlage Außergewöhnliche Belastungen“ eingetragen; dort finden sich auch die Zeilen für den Hinterbliebenen- und den Pflege-Pauschbetrag.

Wer die Pauschbeträge erstmals beantragt, muss den GdB bzw. das Merkzeichen nachweisen, etwa durch Feststellungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis; bei Pflege ist der Bescheid zum Pflegegrad maßgeblich. In späteren Jahren sind Nachweise nur bei Änderungen erforderlich.

Unterjähriger Vorteil über die Lohnsteuer und Übertragung beim Kind

Damit sich der Behinderten-Pauschbetrag schon während des Jahres im Nettogehalt auswirkt, kann er als Freibetrag in die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) eingetragen werden; alternativ erfolgt die Berücksichtigung im Rahmen der Steuererklärung.

Steht der Pauschbetrag einem Kind zu, für das Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, kann er auf die Eltern übertragen werden; grundsätzlich je zur Hälfte, auf gemeinsamen Antrag auch abweichend, Voraussetzung ist die Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer des Kindes.

Was „Schwerbehinderung“ über den Pauschbetrag hinaus bedeutet

Der sozialrechtliche Status „schwerbehindert“ (GdB ≥ 50) ist häufig der Schlüssel zu höheren steuerlichen Vergünstigungen, vor allem über Merkzeichen, die die Höhe der Fahrtkostenpauschale bestimmen, und zu Erleichterungen beim Arbeitsweg. Steuerlich relevant bleiben jedoch auch niedrigere GdB-Stufen, weil der gestaffelte Behinderten-Pauschbetrag bereits bei GdB 20 beginnt und ohne weitere Voraussetzungen gewährt wird.

Fazit: Pauschalen gezielt nutzen, Besonderheiten ergänzen

Wer eine anerkannte Schwerbehinderung oder einen festgestellten GdB hat, kann die Steuerlast mithilfe von Pauschbeträgen deutlich reduzieren.

In vielen Fällen ist der pauschale Ansatz komfortabel und planbar; bei hohen, außergewöhnlichen Einzelkosten kann es sinnvoll sein, zusätzlich die Abziehbarkeit als außergewöhnliche Belastungen zu prüfen.

Entscheidend für den vollen Vorteil sind korrekte Nachweise, die richtige Eintragung in der „Anlage Außergewöhnliche Belastungen“ – und, wenn gewünscht, eine unterjährige Entlastung über ELStAM.