Der Geburtsjahrgang 1964 besitzt in Deutschland gleich zwei Wendepunkte. Erstens ist er der erste Jahrgang, für den die reguläre Altersgrenze von 67 Jahren vollständig gilt – die schrittweise Anhebung der „Rente mit 67“ läuft mit ihm aus.
Zweitens handelt es sich um den geburtenstärksten Jahrgang der Bundesrepublik: 1964 kamen rund 1,36 Millionen Kinder zur Welt.
Beides zusammen macht die 1964 Geborenen zu einem Schlüsseljahrgang für das Rentensystem – rentenrechtlich, weil sie die neue Regelaltersgrenze voll tragen, und gesellschaftlich, weil ihr massenhafter Übergang in den Ruhestand die demografische Welle an die Rentenkasse und den Arbeitsmarkt weiterreicht.
Was „Rente mit 67“ konkret bedeutet
Für alle ab 1964 Geborenen liegt die abschlagsfreie Regelaltersgrenze einheitlich bei 67 Jahren. Wer also 1964 geboren wurde, erreicht die reguläre Altersgrenze im Jahr 2031. Frühere Geburtsjahrgänge steigen noch in Zwei-Monats-Schritten an; mit 1964 ist die Staffel beendet.
Damit ist zugleich klargestellt: Wer früher in Rente geht, muss dauerhaft mit Abschlägen rechnen. Deren Mechanik ist verbindlich: Für jeden Monat vorgezogenen Bezugs werden 0,3 Prozent von der Rente abgezogen, bis maximal 14,4 Prozent bei einem Vorziehen um 48 Monate (63 statt 67). Diese Kürzung gilt lebenslang.
Abschlagsfrei trotz 67: Sonderwege für 45 Jahre und bei Schwerbehinderung
Die Rechtslage kennt zwei wichtige Ausnahmen ohne dauerhafte Kürzung. Wer mindestens 45 Versicherungsjahre nachweist („besonders langjährig Versicherte“), kann als 1964er bereits mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen.
Das ist die endgültige Altersgrenze dieser Rentenart für alle ab 1964 Geborenen. Daneben gibt es die Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Für 1964 und jünger ist sie abschlagsfrei mit 65 möglich; ein vorzeitiger Beginn ist bereits mit 62 machbar, dann allerdings mit bis zu 10,8 Prozent Abzug.
Flexibler Übergang: Hinzuverdienst und Teilrente
Seit 2017 eröffnet die „Flexirente“ mehr Spielräume zwischen Arbeiten und Ruhestand. Besonders relevant für die 1964er: Seit 1. Januar 2023 sind Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten entfallen.
Wer also vor der Regelaltersgrenze eine Teil- oder Vollrente bezieht, kann parallel unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird.
Das erleichtert gleitende Übergänge, die Anrechnung von zusätzlichen Beiträgen kann die spätere Rentenhöhe steigern; auch ein späterer Rentenbeginn erhöht die Rente pro Monat des Aufschubs.
Warum dieser Jahrgang die Rentenfinanzen und den Arbeitsmarkt spürbar bewegt
Mit den geburtenstarken Jahrgängen nimmt die Verrentungswelle bis etwa Mitte der 2030er Jahre an Fahrt auf.
Das IAB erwartet dadurch eine Verschärfung der Fachkräfteengpässe; die Zahl der Älteren im Erwerbsleben sinkt, Wissen und Erfahrung gehen verloren, während weniger junge Menschen nachrücken. Für die Rentenfinanzen heißt die Altersstruktur: Das Sicherungsniveau wird politisch stabilisiert, während der Beitragssatz perspektivisch steigt.
Nach dem Rentenversicherungsbericht 2024 dürfte der Beitragssatz – ohne weitere Korrekturen – bis 2038 in Richtung gut 22 Prozent zunehmen.
Parallel setzt die Bundesregierung mit dem „Rentenpaket 2025“ auf eine Festschreibung des Rentenniveaus von 48 Prozent über 2025 hinaus; Ziel ist es, die Kaufkraft der Renten trotz Demografie zu sichern. Die 1964er stehen im Zentrum dieser Balance zwischen Leistungszusagen und Finanzierbarkeit.
Früher raus – was das für 1964er bedeutet
Wer aus dem Jahrgang 1964 schon mit 63 aussteigen möchte, kann das über die Altersrente für langjährig Versicherte tun, muss aber den vollen Abschlag von 14,4 Prozent akzeptieren.
Die dauerhafte Kürzung macht die Entscheidung für die Rente bedeutsam; sie lässt sich durch Sonderzahlungen ab 50 teilweise ausgleichen, oder durch Weiterarbeit mit Teilrente abmildern.
Hier gilt das individuelle Rechnen: Versicherungsverlauf, Entgeltpunkte, Steuern und Krankenversicherung entscheiden über die Nettoeffekte. Offizielle Online-Rechner und eine persönliche Beratung der Deutschen Rentenversicherung helfen, den besten Zeitpunkt zu bestimmen.
Einordnung: Was die Besonderheit des Jahrgangs 1964
Der Jahrgang 1964 ist rechtlich der erste, der die „67“ voll schultern muss, und demografisch der größte, der in den Ruhestand eintritt.
Das macht ihn zur Messlatte für die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rente in den nächsten Jahren: an der Beratungspraxis, an den zigtausenden individuellen Übergängen mit und ohne Abschläge, an der Vereinbarkeit von Arbeit und Rente – und an der Frage, wie stabil Zusagen und Beiträge in Zeiten des demografischen Drucks bleiben.
Für die Betroffenen bedeutet das vor allem, die neu gewonnene Flexibilität klug zu nutzen und den eigenen Eintritt sorgfältig zu planen. Die Regeln sind klar, die Spielräume vorhanden – und beides zusammen erklärt, warum 1964 bei der Rente so besonders ist.
Quellenhinweise: Deutsche Rentenversicherung zu Regelaltersgrenze, Abschlägen, Sonderwegen und Flexirente; Statistisches Bundesamt zu Geburten 1964; IAB/Bundesagentur für Arbeit zu Fachkräftebedarf; Rentenversicherungsbericht 2024 und BMAS zum „Rentenpaket 2025“.