Das deutsche Steuersystem sieht verschiedene Steuervorteile vor, um Menschen mit Schwerbehinderung und ihren Angehörigen eine Entlastung zu gewähren. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit den Fragen, welche steuerlichen Vorteile in Anspruch genommen werden können und was der Unterschied zwischen Pauschbeträgen und außergewöhnlichen Belastungen ist.
Inhaltsverzeichnis
Vorteile bei Behinderung nur mit Nachweis
Diese steuerlichen Vergünstigungen basieren auf entsprechenden Nachweisen wie dem Schwerbehindertenausweis, dem Feststellungsbescheid des Versorgungsamts oder dem Bescheid der Pflegekasse.
Zukünftig ist geplant, einen Datenaustausch zwischen den relevanten Behörden zu etablieren, um den Prozess für die Betroffenen weiter zu vereinfachen.
Steuerliche Entlastungen für Menschen mit einer Schwerbehinderung
Die steuerlichen Entlastungen für Menschen mit einer Behinderung erstrecken sich über verschiedene Bereiche und beinhalten sowohl Pauschalbeträge als auch die Möglichkeit, tatsächliche Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen.
Im Rahmen der jährlichen Steuererklärung können diese Entlastungen beantragt werden und dienen dazu, die finanzielle Belastung, die oft mit der Behinderung einhergeht, zu mildern.
Für die steuerlichen Entlastungen ist der Behinderten-Pauschbetrag, der bis zu 7.400 € betragen kann, festgelegt.
Dieser wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und kann alternativ auch monatlich bei der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Zusätzlich können Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen auf Eltern oder Angehörige übertragen werden.
Welche steuerlichen Vergünstigungen werden bei Schwerbehinderungen gewährt?
- Kinderfreibetrag für erwachsene Kinder mit Behinderungen: Dieser gilt, wenn die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist und kann alternativ zum Kindergeld beantragt werden.
- Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Betreuung von Kindern mit Behinderungen, die über den 14. Geburtstag hinausgehen, können geltend gemacht werden.
- Außergewöhnliche Belastungen bei Pflegepersonen und Pflegepauschbetrag: Kosten für die Pflege von Angehörigen können als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Dabei gibt es gestaffelte Pauschbeträge, die vom Pflegegrad abhängig sind.
- Außergewöhnliche Belastungen durch private Kraftfahrzeugkosten und Fahrtkostenpauschale: Fahrtkosten zur Arbeit können je nach Grad der Behinderung als Pauschale oder nachgewiesene Kosten abgesetzt werden.
- Steuererleichterungen bei der Kfz-Steuer, Hundesteuer und Umsatzsteuer: Schwerbehinderte Menschen können je nach Situation Ermäßigungen in verschiedenen Steuerbereichen erhalten.
Unterschied zwischen Pauschbeträgen und außergewöhnlichen Belastungen
Steuerpflichtige stehen vor der Entscheidung, ob sie Pauschbeträge oder tatsächliche Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend machen möchten. Pauschbeträge ermöglichen einen einfachen Abzug ohne detaillierte Nachweise, während außergewöhnliche Belastungen eine genaue Dokumentation der Ausgaben erfordern.
Es wird zwischen allgemeinen und besonderen außergewöhnlichen Belastungen unterschieden. Besondere Belastungen, wie Pflegekosten von pflegenden Angehörigen, können in vollem Umfang abgezogen werden. Bei allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen, wie Krankheitskosten, wird eine zumutbare Belastung abgezogen, die vom Einkommen und Familienstand abhängt.
Die Staffelung der zumutbaren Belastung orientiert sich an drei unterschiedlichen Einkommensbereichen: bis 15.340 €, über 15.340 € bis 51.130 € und über 51.130 €.
Entscheidend ist dabei nicht nur das individuelle Einkommen, sondern auch der Familienstand der Steuerpflichtigen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die prozentualen Anteile der zumutbaren Belastung:
Einkünfte bis 15.340 €:
- Steuerpflichtige ohne Kinder, einzeln veranlagt: 5 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige ohne Kinder, zusammen veranlagt: 4 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 1–2 Kindern: 2 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 3 und mehr Kindern: 1 % der Einkünfte
Einkünfte über 15.340–51.130 €:
- Steuerpflichtige ohne Kinder, einzeln veranlagt: 6 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige ohne Kinder, zusammen veranlagt: 5 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 1–2 Kindern: 3 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 3 und mehr Kindern: 1 % der Einkünfte
Einkünfte über 51.130 €:
- Steuerpflichtige ohne Kinder, einzeln veranlagt: 7 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige ohne Kinder, zusammen veranlagt: 6 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 1–2 Kindern: 4 % der Einkünfte
- Steuerpflichtige mit 3 und mehr Kindern: 2 % der Einkünfte
Wichtig: die zumutbare Belastung wird nicht pauschal auf das gesamte Einkommen angewendet. Stattdessen erfolgt die Ermittlung abschnittsweise, wobei die prozentualen Anteile jeweils auf den entsprechenden Einkommensbereich angewendet werden.
Die Summe dieser Ergebnisse aus den verschiedenen Einkommensbereichen bildet schließlich die Gesamtbelastung, die bei der Steuerberechnung bei Behinderungen berücksichtigt wird.
Berechnung der zumutbaren Belastung: Ein praktisches Beispiel
Die zumutbare Belastung wird abschnittsweise ermittelt, abhängig von Einkommen und Familienstand. Ein Berechnungsbeispiel verdeutlicht dies: Angenommen, Frau Müller verdient 36.000 € im Jahr und hat keine Kinder. Ihre zumutbare Belastung beträgt in diesem Fall 2.006,60 €.
Beispiel zur Berechnung der zumutbaren Belastung
Herr Peters mit einem Jahreseinkommen von 36.000 € hat eine zumutbare Belastung von 2.006,60 €.
Berechnungsbeispiele
Erklärung | Beispiel: 1 | Beispiel: 2 |
Ein Mensch mit GdB 80 hat krankheitsbedingte Aufwendungen: | 2.500 € | 800 € |
Der Betroffen kann zusätzlich die Fahrtkostenpauschale von 900 € ansetzen: | 2.500 € + 900 € = 3.400 € | 800 € + 900 € = 1.700 € |
Der Betroffene verdient 36.000 € im Jahr und hat keine Kinder. Das ergibt eine zumutbare Belastung von 2.006,60 € (§ 33 Abs. 3 EStG). | 3.400 € – 2.006,60 € = 1.393,40 € | 1.700 € – 2.006,60 € = -306,60 € |
Der Betroffene darf also 900 € Fahrtkostenpauschale voll ansetzen und darüber hinaus noch 493,40 € für krankheitsbedingte Aufwendungen. | Die Betroffene kann keine Fahrtkostenpauschale und keine krankheitsbedingten Aufwendungen bei der Steuererklärung ansetzen. |
Berechnungsbeispiel: Herr Peters verdient 36.000 € im Jahr und hat keine Kinder. 5 % vom Betrag bis 15.340 € = 767,00 €. 6 % für den Betrag ab 15.340 € bis 36.000 € = 1.239,60 € 767,00 € + 1.239,60 € = 2.006,60 € Seine zumutbare Belastung beträgt demnach 2.006,60 €.
Für eine detaillierte Berechnung steht ein Rechner zur zumutbaren Belastung beim Bayerischen Landesamt für Steuern zur Verfügung. Hier gehts lang.
Sonderausgaben für Kinderbetreuung und Pflege
Für die Betreuung von Kindern unter 14 Jahren können Sonderausgaben geltend gemacht werden. Dies gilt auch über den 14. Geburtstag hinaus für Kinder mit Behinderungen, sofern die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist.
Hierzu zählen Aufwendungen für Internate oder Betreuungspersonen, jedoch nicht für Unterricht oder Freizeitaktivitäten.
Bei der Pflege von Angehörigen stehen zwei Optionen zur Verfügung: die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastung oder die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags, der gestaffelt nach Pflegegraden ist.
Fahrtkosten und weitere Vergünstigungen
Fahrtkosten, insbesondere zur Arbeit, können je nach Grad der Behinderung als Entfernungspauschale oder tatsächliche Aufwendungen abgesetzt werden. Zusätzlich gibt es behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschalen, die sich nach dem Grad der Behinderung richten.
Außergewöhnliche Belastungen durch private Kraftfahrzeugkosten und Fahrtkostenpauschale: Bei einem Grad der Behinderung (GdB) ab 70 können tatsächliche Fahrtkosten zur Arbeit abgesetzt werden.
Kfz-Steuerermäßigung bei Schwerbehinderung, Hundesteuer und Umsatzsteuerermäßigung für blinde Unternehmer: Zusätzliche Erleichterungen für schwerbehinderte Menschen in verschiedenen steuerlichen Aspekten.
Berechnungsbeispiele: Steuerliche Entlastung bei Krankheitskosten und Fahrtkostenpauschale
Die steuerliche Berücksichtigung von krankheitsbedingten Aufwendungen und Fahrtkostenpauschalen spielt eine wichtige Rolle, um finanzielle Belastungen zu mildern. Nachfolgend werden ein Berechnungsbeispiel erläutert.
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Beispiel: Krankheitsbedingte Aufwendungen und Fahrtkostenpauschale:
Angenommen, eine Person hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 und hat krankheitsbedingte Aufwendungen in Höhe von 2.500 € sowie Fahrtkosten von 800 €. Zusätzlich kann die Person eine Fahrtkostenpauschale von 900 € geltend machen.
Die Berechnung lautet wie folgt:
– Krankheitsbedingte Aufwendungen: 2.500 € + 900 € = 3.400 €
– Fahrtkosten: 800 € + 900 € = 1.700 €
Der Betroffene verdient im Jahr 36.000 € und hat keine Kinder. Die zumutbare Belastung beträgt gemäß § 33 Abs. 3 EStG 2.006,60 €.
Daraus ergibt sich:
Krankheitsbedingte Aufwendungen – Zumutbare Belastung = 1.393,40 €
Fahrtkosten – Zumutbare Belastung = -306,60 €
Ergebnis: Der Betroffene kann somit die volle Fahrtkostenpauschale von 900 € geltend machen und darüber hinaus weitere 493,40 € für krankheitsbedingte Aufwendungen.
Übertragung des Pauschbetrags und besondere Vergünstigungen
Diese Beträge können auch berücksichtigt werden, wenn Sie selbst keine Behinderung haben, sondern der Pauschbetrag auf Sie übertragen wurde und Sie den Menschen mit Behinderung pflegen und unterstützen. Die Übertragung des Pauschbetrags ist möglich, wenn Sie für den Menschen mit Behinderung beispielsweise als Elternteil Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag beziehen.
Pauschbeträge und außergewöhnlichen Belastungen?
Steuerpflichtige Menschen mit einer Schwerbehinderung müssen sich also entscheiden, ob sie Pauschbeträge oder tatsächliche Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend machen möchten.
Pauschbeträge ermöglichen einen einfachen Abzug vom zu versteuernden Einkommen, ohne dass detaillierte Nachweise erforderlich sind. Im Gegensatz dazu müssen außergewöhnliche Belastungen mit Belegen nachgewiesen werden.
Es wird zwischen allgemeinen und besonderen außergewöhnlichen Belastungen unterschieden, wobei besondere Belastungen in vollem Umfang abgezogen werden können.
Die zumutbare Belastung, abhängig vom Einkommen und Familienstand, wird demnach von den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen abgezogen. Die Ergebnisse aus verschiedenen Einkommensbereichen werden addiert, um die zumutbare Belastung zu ermitteln.
Tipp: Praktische Hilfen wie ein Rechner zur zumutbaren Belastung, den das Bayerische Landesamt für Steuern anbietet, können bei der genauen Ermittlung helfen.
Sonderausgaben für Kinderbetreuung und Pflege
Wie sieht es bei der Kinderbetreuung und Pflege aus? Dienstleistungen zur Betreuung von Kindern unter 14 Jahren können als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
Für Kinder mit Behinderungen können diese Sonderausgaben über den 14. Geburtstag hinaus in Anspruch genommen werden, sofern die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist.
Hierbei können Aufwendungen für Internate oder Betreuungspersonen berücksichtigt werden.
Für die Pflege von Angehörigen stehen sowohl der Pflege-Pauschbetrag als auch die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastung zur Verfügung.
Die Höhe des Pflege-Pauschbetrags variiert je nach Pflegegrad und kann bis zu 1.800 € betragen.
Fahrtkosten und weitere Vergünstigungen für Menschen mit Behinderungen
Neben der Möglichkeit, allgemeine Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen, existieren weitere Regelungen für behinderungsbedingte Fahrtkosten.
- Fahrten zur Arbeit: Alle Steuerpflichtigen können eine Entfernungspauschale für Fahrten zur Arbeit und Familienheimfahrten absetzen. Menschen mit Behinderungen haben jedoch die Option, die tatsächlichen Aufwendungen für diese Wege abzusetzen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
- Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale: Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 stehen unterschiedliche Pauschalen für Menschen mit verschiedenen Graden der Behinderung zur Verfügung. Diese können entweder pauschal abgesetzt oder nachgewiesen und in voller Höhe abgesetzt werden, sofern sie die zumutbare Belastung übersteigen.
Tipp: Es können beispielsweise auch Beträge bei Personen berücksichtigt werden, die selbst keine Behinderung haben, aber den Pauschbetrag auf sich übertragen lassen, wenn sie für die Beförderung eines Menschen mit Behinderung verantwortlich waren.
Weitere Hilfen
Für individuelle Auskünfte zu allen steuerlichen Vergünstigungen stehen die zuständigen Finanzämter zur Verfügung. Insbesondere für steuerliche Fragen im Zusammenhang von Menschen mit Behinderungen kann auch das Versorgungsamt kompetente Auskünfte geben. Bei Fragen zur Hundesteuer für Blindenhunde ist die jeweilige Gemeinde der Ansprechpartner. Und zu guter Letzt kann auch ein Steuerberater helfen.
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.