Wie wirken sich 30 Prozent Schwerbehinderung auf die eigene Rente aus?

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Der Grad der Behinderung (GdB) wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 vergeben. Er beschreibt, wie stark körperliche, seelische oder geistige Funktionsbeeinträchtigungen das Leben Betroffener langfristig erschweren. Erst ab einem GdB von 50 spricht das Gesetz von Schwerbehinderung. Ein GdB 30 signalisiert also eine anerkannte, aber nur mittelgradige Beeinträchtigung.

Gilt ein GdB 30 als Schwerbehinderung im Rentenrecht?

Klare Antwort: nein. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI) verlangt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mindestens GdB 50. Wer diese Schwelle nicht erreicht, kann weder zwei Jahre früher ohne Abschlag noch bis zu fünf Jahre früher mit maximal 10,8 Prozent Abschlag in Rente gehen. Ein reiner GdB 30 ändert daher weder das reguläre Renteneintrittsalter noch die spätere Rentenhöhe.

Warum erlaubt die „Gleichstellung“ keine frühere Rente?

Betroffene mit GdB 30 oder 40 können sich bei drohender Arbeitsplatzgefährdung von der Arbeitsagentur „gleichstellen“ lassen, um innerbetrieblich denselben Kündigungsschutz wie schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen zu genießen (§ 2 Abs. 3 SGB IX).

Für die Rente bleibt der tatsächliche GdB jedoch unverändert. Gleichgestellte gelten ausdrücklich nicht als schwerbehindert nach Rentenrecht, weshalb sie keinen früheren Rentenbeginn geltend machen können.

Welche Wege bleiben, um mit 30 Prozent Behinderung die Erwerbsfähigkeit abzusichern?

Kommt es infolge der Behinderung zu einer erheblichen Minderung der Arbeitskraft, greift statt des GdB-Systems die Erwerbsminderungsrente. Entscheidend ist hier nicht der Behindertengrad, sondern die medizinisch festgestellte verbliebene Stunden-Leistungsfähigkeit.

Wer nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten kann, erhält die volle Erwerbsminderungsrente, zwischen drei und sechs Stunden die teilweise. Eine parallele Schwerbehinderteneigenschaft ist nicht erforderlich; sie kann die Beweisführung aber erleichtern.

Welche steuerlichen Entlastungen ergeben sich trotz fehlender Rentenvorteile?

Auch ohne Rentenvorzug bringt ein GdB 30 finanzielle Entlastung: Seit 2021 steht allen Menschen ab GdB 20 ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG zu.

Für das Veranlagungsjahr 2025 beträgt er bei GdB 30 genau 620 Euro und vermindert das zu versteuernde Einkommen unmittelbar. Der Pauschbetrag kann bereits während des Arbeitslebens als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden und bleibt auch nach Rentenbeginn wirksam.

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Wie verändern sich die Regeln ab 2026 – und warum spielt der GdB 30 dabei weiterhin keine Rolle?

Die schrittweise Anhebung der Altersgrenzen erreicht 2026 einen weiteren Meilenstein: Für den Jahrgang 1964 steigt das reguläre Rentenalter endgültig auf 67 Jahre; die Sonderaltersgrenze für Schwerbehinderte klettert parallel auf 62 Jahre.

Da der Gesetzgeber die Definition von Schwerbehinderung nicht anfasst, bleibt GdB 30 außen vor. Wer heute 30 Prozent anerkannt hat, muss also künftig sogar länger warten, sofern er keine Erwerbsminderung geltend machen kann.

Welche Rolle spielt ein GdB 30 bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge?

Betriebliche Versorgungsordnungen oder private Berufsunfähigkeits-Policen knüpfen Leistungen meist an das medizinische Gutachten zur Berufsunfähigkeit, nicht an den GdB.

Einige Arbeitgeber versprechen jedoch Zusatzbeiträge oder frühere Pensionszusagen erst ab anerkannter Schwerbehinderung. Hier lohnt ein Blick in die jeweiligen Vertragsbedingungen.

Für Riester- oder Basisrenten ist der Behindertengrad allenfalls indirekt relevant, etwa wenn er mit voller Erwerbsminderung zusammenfällt.

Was sollten Betroffene jetzt prüfen und wo bekommen sie Beratung?

Erstens: Liegt vielleicht doch ein höherer GdB vor, weil gesundheitliche Einschränkungen zugenommen haben? Ein Verschlimmerungsantrag beim Versorgungsamt kann sich auszahlen.

Zweitens: Besteht das Risiko des Arbeitsplatzverlustes, sollte unverzüglich eine Gleichstellung geprüft werden, um Kündigungsschutz und Zusatzurlaub zu sichern. Drittens: Wer dauerhaft weniger als sechs Stunden täglich arbeiten kann, sollte wegen der Erwerbsminderungsrente frühzeitig ärztliche Unterlagen sammeln.

Für alle Detailfragen zur gesetzlichen Rente ist die kostenlose Auskunfts- und Beratungsstelle der DRV erste Adresse; Steuerfragen klärt ein Lohnsteuer-Hilfeverein oder eine Steuerberatungskanzlei.

Fazit

Ein GdB 30 verschafft spürbare steuerliche Vorteile, eröffnet aber keine Sonderwege in die Altersrente. Rentenrechtlich beginnt jedes Privileg erst bei GdB 50. Gleichstellung schützt zwar den Arbeitsplatz, überbrückt aber nicht das Reguläreintrittsalter.

Wer seine Altersabsicherung verbessern will, muss deshalb andere Hebel nutzen: eine rechtzeitige Neubewertung des GdB, einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente oder private Vorsorgelösungen. Damit bleibt GdB 30 ein wichtiges sozialrechtliches Signal – doch der Generalschlüssel zur früheren Rente ist er nicht.