Schwerbehinderung: Wann übernimmt die Krankenkasse die Fahrtkosten?

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Wer aus gesundheitlichen Gründen ärztliche Hilfe benötigt oder sich einer Therapie unterziehen muss, stellt sich die Frage, wie die Fahrtkosten übernommen werden. Seit Oktober 2020 gibt es dafür teilweise neue Regelungen.

Übernimmt die Krankenkasse immer die Transportkosten?

Gesetzliche Krankenkassen kommen nur für Fahrten auf, die im Zusammenhang mit einer notwendigen medizinischen Behandlung stehen. Dabei muss es sich um eine Leistung handeln, die von der Krankenkasse selbst getragen wird.

Üblicherweise betrifft dies den direkten Weg zwischen dem aktuellen Aufenthaltsort – sei es die eigene Wohnung, eine Pflegeeinrichtung oder ein Unfallort – und der geeigneten Praxis, Klinik oder Reha-Einrichtung. Ob ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht, hängt immer von einer gültigen ärztlichen Verordnung ab.

Warum ist eine ärztliche Verordnung Pflicht?

Ärztinnen und Ärzte dürfen Krankentransporte nur dann verordnen, wenn aus ihrer fachlichen Einschätzung heraus eine medizinische Notwendigkeit besteht. Dadurch verhindern die Krankenkassen, dass Transporte für nicht zwingend erforderliche Fahrten übernommen werden. Eine Verordnung ist vor allem für folgende Situationen wichtig:

  • Fahrt zur ambulanten oder stationären Behandlung
  • Patienten mit eingeschränkter Mobilität, die den Transport nicht selbst bewältigen können
  • Nachweis, dass die Behandlung eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist

In dringenden Ausnahmefällen, bei akuten Notlagen oder Lebensgefahr, darf die Beförderung zwar nachträglich verordnet werden. Für alle anderen Fälle gilt: Vorher das Rezept vom Arzt einholen und im Zweifelsfall die Genehmigung der Kasse abwarten.

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Wann werden Fahrten zur ambulanten Behandlung erstattet?

Üblicherweise beteiligt sich die Krankenkasse an den Kosten für Fahrten zur Arztpraxis nur in bestimmten Situationen. Dazu zählen unter anderem ambulante Operationen, bei denen ein längerer Krankenhausaufenthalt vermieden oder verkürzt wird. Auch Patientinnen und Patienten, die regelmäßig zu einer Chemotherapie, Strahlentherapie oder Dialyse müssen, erhalten Unterstützung. Für nichtärztliche Leistungen, etwa Massagen oder Physiotherapie, übernehmen gesetzliche Kassen keine Fahrtkosten.

Grundsätzlich muss die Krankenkasse die Fahrt zur ambulanten Behandlung vor Fahrtantritt genehmigen. Jedoch existieren Ausnahmen für einige Gruppen von Versicherten, die ohne vorherige Rücksprache ein Taxi nehmen dürfen.

Wer profitiert von der erweiterten Kostenübernahme ohne Genehmigung?

Menschen mit schweren Einschränkungen der Mobilität können bestimmte Fahrten auch ohne vorheriges Einholen einer Genehmigung durch die Krankenkasse durchführen. Konkret betrifft dies:

  • Personen mit Pflegegrad 4 oder 5
  • Personen mit Schwerbehindertenausweis und den Merkzeichen „aG“, „BI“ oder „H“
  • Personen mit Pflegegrad 3, sofern sie zusätzlich erheblich in ihrer Mobilität eingeschränkt sind

Dieser Personenkreis darf medizinisch notwendige Fahrten zum Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten auch dann antreten, wenn die Krankenkasse vorher nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Die Versicherten erhalten im Anschluss die Fahrtkosten erstattet, sofern eine ärztliche Verordnung vorliegt und die Inanspruchnahme des Taxis nachvollziehbar ist.

Fahrten, die nicht in Zusammenhang mit einer konkreten Behandlung stehen – etwa das bloße Abholen eines Rezepts – werden nicht übernommen.

Welche Rolle spielt die Krankenbeförderungs-Verordnung?

Seit dem 1. Oktober 2020 sind die Regelungen für Krankentransporte zusätzlich konkretisiert worden. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat festgelegt, dass die zwingende Notwendigkeit einer Verordnung immer begründet werden muss.

Ärzte verwenden dafür spezielle Formulare der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, auf denen sie Folgendes genau vermerken:

  • Grund der Fahrt (z. B. ambulante Operation, Chemotherapie)
  • Art des Beförderungsmittels
  • Hinweis, ob eine Genehmigungspflicht durch die Krankenkasse besteht

Ein Rezept vom behandelnden Arzt reicht in vielen Fällen für die Kostenübernahme. Dennoch sollten Versicherte im Zweifelsfall bei ihrer Krankenkasse nachfragen, um sicherzustellen, dass keine unvorhergesehenen Kosten entstehen.

Wie wählt man das richtige Transportmittel?

Gesetzliche Kassen schreiben vor, dass stets das wirtschaftlich günstigste Transportmittel zu wählen ist, das den Gesundheitszustand der Patienten berücksichtigt. Wenn Bus, Bahn oder das private Auto zumutbar sind, sollen diese Optionen bevorzugt werden.

Falls Betroffene stark eingeschränkt sind und mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder eigenem Pkw nicht zurechtkommen, dürfen Taxi oder Mietwagen genutzt werden. Wagen mit speziellen Einrichtungen für Rollstuhlfahrer gelten als Mietwagen und sind erstattungsfähig, sofern die Krankenkasse die Genehmigung erteilt oder die genannten Ausnahmeregelungen greifen.

Ein Krankentransportwagen wird meist nur für Notfälle oder für Patienten angefordert, die eine qualifizierte Betreuung oder liegenden Transport benötigen. Für Fahrten zu ambulanten Behandlungen bleibt der Einsatz eines Krankentransporters genehmigungspflichtig und unterliegt strikten Vorgaben.

Werden Fahrten ins Krankenhaus automatisch übernommen?

Für stationäre Behandlungen genehmigen die Kassen die notwendigen Transporte in der Regel ohne vorheriges Prüfverfahren. Ärztinnen und Ärzte dürfen dafür ein spezielles Rezept ausstellen, das später bei der Kasse abgerechnet wird.

Wer vor- oder nachstationäre Termine wahrnehmen muss, erhält ebenfalls Anspruch auf Beförderung, wenn diese Behandlungen von der Krankenkasse bezahlt werden.

Wenn eine Patientin oder ein Patient auf eigenen Wunsch in ein anderes Krankenhaus verlegt werden möchte, ohne dass es medizinische Gründe dafür gibt, ist dies keine Pflichtleistung der Krankenkasse.

Wie hoch sind die Zuzahlungen und wie funktioniert die Abrechnung?

Versicherte müssen für jede genehmigte Fahrt einen Eigenanteil leisten. Laut § 61 SGB V beträgt dieser zehn Prozent des Fahrpreises, mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro pro Fahrt. Übersteigt die Summe aller Zuzahlungen im Kalenderjahr die persönliche Belastungsgrenze, stellt die Krankenkasse auf Antrag eine Befreiungskarte aus.

Mit dieser Bescheinigung entfällt die Pflicht zur Zuzahlung für den Rest des Jahres. In vielen Fällen rechnen die Transportunternehmen direkt mit der Krankenkasse ab. Andernfalls müssen Versicherte die Fahrkarten, Belege oder Quittungen sammeln und zusammen mit dem ausgefüllten Rezept einreichen.

Auf Nachfrage erklärt die jeweilige Kasse, ob sie die Kosten pauschal übernimmt oder eine nachträgliche Erstattung erfolgt.

Zusammenfassung: Welche Punkte müssen Versicherte besonders beachten?

  1. Zeitpunkt der Verordnung: Ärztliche Rezepte sollten grundsätzlich vor der Fahrt ausgestellt werden, um Probleme bei der Kostenerstattung zu vermeiden.
  2. Umfang der Fahrt: Die Krankenkasse übernimmt nur den kürzesten, zumutbaren Weg zur geeigneten Behandlungsstelle.
  3. Nicht erstattete Fahrten: Unnötige Hin- und Rückfahrten, etwa zum Abholen von Befunden, sind grundsätzlich nicht abgedeckt.
  4. Ansprechpartner: Bei Unsicherheiten oder besonderen Fällen empfiehlt sich eine frühzeitige Rücksprache mit der Krankenkasse, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.