Schwerbehinderung: So zahlt die Krankenkasse die Stromkosten

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Pflegebedรผrftige und schwerbehinderte Menschen und ihre Familien bemerken oft als erste die negativen Auswirkungen bei steigenden Stromkosten. Viele Pflegehilfsmittel laufen elektrisch und sind unverzichtbar.

Ein Sauerstoffkonzentrator zum Beispiel benรถtigt permanent Energie. Auch eine Wechseldruckmatratze muss rund um die Uhr arbeiten, damit Druckstellen nicht entstehen.

Diese Mehrkosten kรถnnen Sie sich in vielen Fรคllen von der Pflegekasse anteilig erstatten lassen. Dafรผr brauchen Sie ein paar wichtige Dokumente und Nachweise. Im Folgenden erfahren Sie, worauf es ankommt, welche Hilfsmittel berรผcksichtigt werden und wie die Abrechnung konkret funktioniert.

Was zahlt die Pflegekasse รผberhaupt?

Die gesetzliche Grundlage bildet ยง 40 Abs. 1 SGB XI. Dort ist geregelt, dass die Pflegekasse Kosten fรผr zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel bis zu 40 Euro monatlich รผbernimmt.

Diese Erstattung umfasst Artikel wie Einmalhandschuhe oder Desinfektionsmittel. Bei technischen Pflegehilfsmitteln gelten jedoch andere Kriterien.

Ein Beispiel wรคre ein elektrisch verstellbares Pflegebett. Solche Gerรคte benรถtigen regelmรครŸig Energie. Die entstehenden Stromkosten kรถnnen die Pflegekassen unter bestimmten Voraussetzungen ausgleichen.

Differenzierung bei technischen Hilfsmitteln

Bei technischen Pflegehilfsmitteln รผbernehmen die Kassen รผblicherweise die Anschaffungs- oder Leihkosten. Wenn das Gerรคt zusรคtzlich mehr Strom verbraucht, kommt oft eine finanzielle Unterstรผtzung hinzu. Diese richtet sich nach dem konkreten Mehrverbrauch im Vergleich zum frรผheren Energiebedarf des Haushalts.

Falls die Pflegekasse einen Teil der Kosten ablehnt, sollten Sie nachhaken. Mit den richtigen Nachweisen und einem guten Antrag steigen die Chancen auf Erstattung deutlich.

Typische Stromfresser: Welche Hilfsmittel kommen infrage?

Elektrische Pflegehilfsmittel bringen meist erhebliche Vorteile. Gleichzeitig brauchen sie stรคndig oder zumindest hรคufig Strom. Dadurch zahlen Betroffene monatlich spรผrbar mehr an ihren Energieversorger. Zu den gรคngigsten Gerรคten zรคhlen:

  • Sauerstoffkonzentratoren: Sie laufen รผberwiegend Tag und Nacht, um eine ausreichende Sauerstoffzufuhr zu gewรคhrleisten.
  • Wechseldruckmatratzen (Antidekubitusmatratzen): Die internen Pumpen sorgen fรผr regelmรครŸige Druckverรคnderung, damit Wundliegen verhindert wird.
  • Elektrische Rollstรผhle: Sie mรผssen regelmรครŸig aufgeladen werden, um den Alltag und gesellschaftliche Teilhabe zu ermรถglichen.
  • Elektrisch verstellbare Pflegebetten: Nutzer kรถnnen die Liegeposition steuern oder eine Sitzposition einstellen. Das erleichtert die Pflege deutlich, benรถtigt aber Strom.
  • Absauggerรคte: Sie entfernen Schleim bei Atemwegserkrankungen und kommen teils mehrmals am Tag zum Einsatz.
  • Infusions- und Ernรคhrungspumpen: Sie sichern eine kontinuierliche Versorgung mit Nahrung oder Medikamenten, was einen Dauereinsatz verlangt.
  • Digitale Assistenzsysteme: Einige Sensoren oder รœberwachungsgerรคte laufen fortwรคhrend. Das kann die Stromrechnung deutlich erhรถhen.

Diese Beispiele zeigen, dass ein technisches Hilfsmittel hรคufig unentbehrlich ist. Der erhรถhte Verbrauch resultiert dabei direkt aus der Pflegebedรผrftigkeit. Deswegen beteiligen sich die Pflegekassen an den zusรคtzlichen Stromkosten.

Voraussetzungen fรผr die Kostenรผbernahme

Eine Erstattung ist nicht automatisch garantiert. Die Pflegekasse prรผft jeden Einzelfall. Sie stรผtzt sich dabei auf folgende Anforderungen:

1. Pflegegrad
Ab Pflegegrad 1 besteht Anspruch. Hรถhere Pflegegrade erhรถhen jedoch nicht automatisch die Erstattungsgrenze.

2. Verordnung durch einen Arzt
Das Rezept bestรคtigt die medizinische Notwendigkeit. Ein Hausarzt oder Facharzt kann das Hilfsmittel verschreiben.

3. Listung im Pflegehilfsmittelverzeichnis
Im offiziellen Verzeichnis sind alle anerkannten Gerรคte aufgefรผhrt. Nur solche Produkte haben Aussicht auf Kostenรผbernahme.

4. Nachweis des Mehrverbrauchs
Sie mรผssen belegen, dass das Gerรคt einen erhรถhten Strombedarf verursacht. Herstellerangaben oder Verbrauchsmessungen liefern dafรผr handfeste Zahlen. Ein Vorher-Nachher-Vergleich der Energierechnung ist ebenfalls รผblich.

Erst wenn alle Punkte erfรผllt sind, รผbernimmt die Pflegekasse ganz oder teilweise die Energiekosten. Wer privat pflegeversichert ist, sollte vorab in seinen Vertrag schauen. Die meisten Privatkassen orientieren sich an den gesetzlichen Regeln, haben aber manchmal abweichende Verfahren.

So lรคuft die Abrechnung ab

Wer Stromkosten erstattet bekommen mรถchte, stellt einen formlosen Antrag bei seiner Pflegekasse. Fรผgen Sie dem Antrag alle erforderlichen Dokumente bei. Wichtige Unterlagen sind:

  • ร„rztliche Verordnung
  • Nachweis รผber den aktuellen Pflegegrad
  • Berechnung oder Dokumentation des Mehrverbrauchs
  • Falls verlangt: Produktdatenblatt oder Herstellerinformation zum Strombedarf

Berechnung der Kosten

Viele Pflegekassen nutzen einen pauschalen Kilowattstundenpreis. Dieser lehnt sich an den durchschnittlichen Strompreis an. Wenn das Gerรคt beispielsweise 0,15 kWh pro Stunde verbraucht und acht Stunden tรคglich lรคuft, summiert sich das zu 1,2 kWh am Tag. Hochgerechnet auf einen Monat entsteht ein spezifischer Wert.

Dieser Wert wird dann mit dem durchschnittlichen Kilowattstundenpreis multipliziert. Das Ergebnis zeigt die Mehrkosten, die das Hilfsmittel verursacht. In manchen Fรคllen zahlt die Pflegekasse monatlich. Andere Kassen leisten quartalsweise. Einige bieten Pauschalen, speziell fรผr Gerรคte wie Sauerstoffkonzentratoren oder Wechseldruckmatratzen.

Wer will, kann oft auf eine detaillierte Abrechnung umsteigen. Dann wird die tatsรคchliche Nutzung berรผcksichtigt. Steigt Ihr Stromverbrauch, kรถnnen Sie diesen Nachweis erneut einreichen. So gibt es nicht nur einen Festbetrag, sondern eine punktgenaue Erstattung.

Hรคufige Fragen und Stolpersteine

Gibt es auch Pauschalen fรผr Leihgerรคte?
Ja, auch bei Leihgerรคten entsteht Mehrverbrauch. In solchen Fรคllen haben Sie denselben Anspruch. Die tatsรคchlichen Stromkosten fallen bei Ihnen zu Hause an, auch wenn Ihnen das Gerรคt nur geliehen wird.

Was ist mit privat Versicherten?
Privatversicherte Personen melden den Mehraufwand bei ihrer Pflegeversicherung. Der Leistungsumfang รคhnelt oft dem gesetzlichen System. Manchmal existieren abweichende Formulare und Fristen.

Was tun bei Ablehnung?
Sie haben das Recht auf Widerspruch. Viele Antrรคge scheitern an unvollstรคndigen Unterlagen. Liefern Sie fehlende Dokumente nach. Am besten mit einem formlosen Schreiben an die Pflegekasse. Ziehen Sie ggf. eine Pflegeberatung hinzu. Sie unterstรผtzt beim Ausfรผllen der Formulare.

Praktische Tipps fรผr einen reibungslosen Ablauf

Dokumentation
Sammeln Sie alle Rechnungen und Messdaten zum Stromverbrauch. Das erleichtert den Nachweis gegenรผber der Pflegekasse.

Pflegeberater kontaktieren
Pflegeberater wissen, wie Antrรคge korrekt ausgefรผllt werden. Das steigert die Erfolgschancen erheblich.

Widerspruch einlegen
Sollte Ihr Antrag abgelehnt werden, legen Sie Widerspruch ein. Geben Sie detailliert an, wie sich die Mehrkosten zusammensetzen.

Energieversorger vergleichen
Manche Anbieter haben Tarife fรผr Haushalte mit erhรถhtem Energiebedarf. Eventuell erhalten Sie dort gรผnstigere Konditionen.

Gerรคteauswahl prรผfen
Holen Sie sich im Vorfeld Informationen รผber verschiedene Modelle. Manche Pumpen, Matratzen und Rollstรผhle arbeiten stromsparender als andere. Diese Investition lohnt sich langfristig.