Schwerbehinderung: Kein Anspruch auf Merkzeichen G, H und B bei Anfällen

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Menschen mit Schwerbehinderung haben keinen Anspruch auf das Merkzeichen G (erhebliche Gehbehinderung) im Ausweis, weil nicht epileptische psychogene Anfälle Bewegungsstörungen verursachen. Auch auf das Merkzeichen H (Hilflosigkeit) und B (das Recht, eine ständige Begleitperson mitzunehmen) besteht in diesem Fall kein Anspruch. So entschied das Sozialgericht Osnabrück (S 30 SB 90/19).

Psychisch bedingte Bewusstlosigkeit

Die Klägerin erleidet seit Februar 2018 rund zweimal pro Tag plötzliche Schwächeanfälle, und meist verliert sie dabei das Bewusstsein.

Ein Hirnstörung und eine daraus folgende Epilepsie ließ sich nicht feststellen. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten stattdessen eine psychogene Ursache. Die Anfälle zeigen sich zwar körperlich, sind aber psychisch bedingt.

Die Betroffene war zwar bereits wenige Sekunden nach einem solchen Anfall wieder voll bei Bewusstsein, konnte jedoch ohne Hilfe nicht aufstehen und fühlte sich noch eine Viertelstunde später schwach. Die Ärzte rieten ihr zu einer intensiven Psychotherapie.

Die Schwerbehinderung wird anerkannt

Die durch diese Anfälle verursachten Beeinträchtigungen führten dazu, dass das zuständige Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 50 anerkannte, und damit eine Schwerbehinderung mitsamt Ausweis sowie den damit verbundenen Nachteilsausgleichen.

Die Betroffene begehrte zusätzlich die Merkzeichen G, H und B im Ausweis. Sie begründete dies damit, dass sie bei den Anfälle überall gestürzt sei, und sich erst bis zu einer halben Stunde nach einem Anfall wieder vollständig bewegen könne. Sie sei also hilflos, gehbehindert und auf eine ständige Begleitung angewiesen.

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Keine Hilflosigkeit, keine Gehbehinderung und deshalb auch keine Begleitung

Das Sozialgericht ließ sich von diesen Argumenten nicht überzeugen. Zwar rechtfertigten die Anfälle einen Grad der Behinderung, nicht aber die erwünschten Merkzeichen. Das Merkzeichen G werde selbst bei einem hirnorganisch bedingten Anfällen erst ab einem Grad der Behinderung und einer mittleren Häufigkeit anerkannt.

Es gebe auch keinen erheblichen Hilfebedarf, den ein Merkzeichen H bescheinige. Sie benötige zwar fremde Hilfe, aber nicht ständig, sondern nur punktuell und sei auch in diesen Situationen in der Lage, selbst das technische Notrufsystem zu bedienen und damit nicht hilflos.

Das Merkzeichen B für eine ständige Begleitung könne sie allein deshalb nicht bekommen, weil keine Hilflosigkeit und keine Gehbehinderung mit den jeweiligen Merkzeichen vorliege.

Was bedeuten die Merkzeichen?

Das Merkzeichen H erkennt das Versorgungsamt an, wenn der oder die Betroffene dauernd erhebliche fremde Hilfe im Alltag benötigen, sei es beim Anziehen, beim Toilettengang, beim Esse oder bei der Körperpflege.

Merkzeichen G bedeutet, dass Betroffene im Straßenverkehr erheblich beim Gehen und Stehen beeinträchtigt sind. Als Maßstab gilt, dass sie eine Strecke von zwei Kilometern nicht ohne Gefahr für sich und andere zu Fuß in rund einer halben Stunden bewältigen.

Das Merkzeichen B bewilligt das Versorgungsamt, wenn die Betroffenen öffentliche Verkehrsmittel nur mit ständiger Begleitung benutzen können, also zum Beispiel ohne fremde Hilfe nicht Bahn oder Bus nutzen können.

Bei allen drei Merkzeichen sah das Sozialgericht die Voraussetzungen nicht erfüllt.