Schwerbehinderung: Die 5 häufigsten Ursachen – Eine ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen

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Rund acht Millionen Menschen in Deutschland besitzen derzeit einen Schwerbehindertenausweis. Für viele bedeutet er weit mehr als einen bürokratischen Status: Er kann zu steuerlichen Erleichterungen, einem besonderen Kündigungsschutz, kostenlosem Nahverkehr und – besonders relevant – einem früheren Renteneintritt ohne Abschläge führen.

Doch nicht jede Erkrankung oder Behinderung erfüllt automatisch die Voraussetzungen für diesen Ausweis. Eine Einordnung, welche Krankheitsbilder besonders häufig zur Anerkennung führen, bietet Orientierung – gerade für Betroffene, die einen Antrag erwägen.

Diagnosegruppen statt Einzelerkrankungen

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht regelmäßig Daten zu den Ursachen von Schwerbehinderungen. Dabei werden die Diagnosen nicht einzeln ausgewiesen, sondern nach medizinischen Kategorien gruppiert. Das hat methodische Gründe:

Viele Erkrankungen treten in Variationen auf oder führen zu ähnlichen funktionellen Einschränkungen. Die folgende Übersicht zeigt die fünf häufigsten Gruppen, die mit einer anerkannten Schwerbehinderung in Zusammenhang stehen – gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtzahl aller Betroffenen.

Platz 5: Zerebrale Erkrankungen – Wenn das Gehirn betroffen ist

Etwa neun Prozent der Schwerbehinderten in Deutschland leiden unter sogenannten zerebralen Erkrankungen. Gemeint sind Erkrankungen des Gehirns, die zu bleibenden körperlichen oder geistigen Einschränkungen führen.

Beispiele sind Aneurysmen, nach Schlaganfällen auftretende Funktionsverluste oder degenerative Hirnerkrankungen wie Parkinson. Auch frühkindliche Schädigungen wie eine Zerebralparese fallen in diese Gruppe. Die Auswirkungen reichen von motorischen Störungen bis zu kognitiven Beeinträchtigungen.

Wer durch eine zerebrale Erkrankung langfristig beeinträchtigt ist, sollte frühzeitig ärztliche Gutachten einholen. Diese sind beim Antrag auf Schwerbehinderung entscheidend für die Einstufung des Grades der Behinderung (GdB).

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Platz 4: Erkrankungen von Wirbelsäule und Rumpf

Mit rund zehn Prozent Anteil folgen körperliche Erkrankungen, die sich auf die Wirbelsäule oder den Rumpf auswirken. Typische Ursachen sind Bandscheibenvorfälle, Versteifungen, chronische Rückenschmerzen oder Skoliose. Die funktionellen Folgen – etwa eingeschränkte Beweglichkeit, chronische Schmerzen oder Haltungsschäden – können in bestimmten Fällen als schwerwiegend genug eingestuft werden, um einen Schwerbehindertenausweis zu rechtfertigen.

Eine ärztlich dokumentierte Einschränkung der Mobilität oder dauerhafte Schmerzsymptomatik erhöht die Chance auf Anerkennung. Auch Reha-Berichte können die Beurteilung durch das Versorgungsamt stützen.

Platz 3: Schädigungen der Gliedmaßen

Etwa elf Prozent der schwerbehinderten Menschen in Deutschland leiden unter Erkrankungen oder Schädigungen der Arme oder Beine. Dazu zählen unter anderem Amputationen, Lähmungen nach Unfällen, Nervenerkrankungen wie Polyneuropathie oder orthopädische Fehlstellungen. Die Einschränkungen sind häufig sichtbar – dennoch ist ein ärztliches Gutachten unverzichtbar, um die Auswirkungen auf den Alltag und das Arbeitsleben zu belegen.

Eine Person mit Beinamputation hat in der Regel einen GdB von mindestens 50. Das reicht bereits aus, um als schwerbehindert zu gelten.

Platz 2: Psychische Erkrankungen – eine unterschätzte Gruppe

Psychische Erkrankungen sind mit 13 Prozent die zweithäufigste Ursache für Schwerbehinderungen. Dazu zählen unter anderem Depressionen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) oder bipolare Störungen.

Obwohl psychische Erkrankungen oft weniger sichtbar sind, können sie die Lebensqualität massiv beeinträchtigen – und zu dauerhaften Einschränkungen im Alltag führen.

In den vergangenen Jahren wurde die Anerkennung psychischer Krankheiten als Schwerbehinderung durch Urteile und neue medizinische Leitlinien erleichtert. Wichtig bleibt: Eine fachärztliche Stellungnahme mit Dokumentation der Krankheitsverläufe ist für die Antragstellung unerlässlich.

Platz 1: Erkrankungen innerer Organe

Mit einem Anteil von 25 Prozent bilden Erkrankungen innerer Organe die häufigste Ursache für Schwerbehinderungen. Betroffen sind hauptsächlich das Herz-Kreislauf-System, die Lunge, aber auch Magen, Leber, Nieren oder der Darm. Chronische Erkrankungen wie COPD, Herzinsuffizienz, Nierenversagen oder Morbus Crohn schränken viele Betroffene dauerhaft ein.

Oft entwickeln sich solche Erkrankungen schleichend. Regelmäßige Facharztbesuche und die lückenlose Dokumentation von Symptomen, Therapien und Komplikationen verbessern die Erfolgschancen bei der Anerkennung der Schwerbehinderung erheblich.

Was bedeutet das für den Antrag?

Nicht jede Erkrankung innerhalb dieser Gruppen führt automatisch zum Schwerbehindertenausweis. Entscheidend ist der Grad der funktionellen Einschränkung – unabhängig von der Diagnose.

Ein Schwerbehindertenausweis wird ab einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 ausgestellt. Liegt der GdB darunter, kann unter Umständen ein Gleichstellungsantrag gestellt werden, z. B. bei drohender Kündigung oder schwieriger Jobsuche.