Schwerbehinderung: 35% Mehrbedarf jetzt nutzen – plus 4.180 Euro für Wohnraumanpassung

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Wer mit Schwerbehinderung lebt, hat beim Bürgergeld mehr Ansprüche als viele wissen: 35 % Mehrbedarf für erwerbsfähige Menschen in Teilhabe-Maßnahmen, 17 % Mehrbedarf für voll erwerbsgeminderte Personen mit Merkzeichen „G“ – und höhere, als angemessen anzuerkennende Wohnkosten, wenn die Behinderung mehr Platz erfordert.

35 % Mehrbedarf: Wer in Teilhabe ist, bekommt den Höchstzuschlag

Der 35-Prozent-Zuschlag steht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderung zu, wenn tatsächlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. LTA mit Reha-Träger, Integrationsfachdienst, stufenweise Wiedereingliederung mit Übergangsgeld) oder Eingliederungshilfe bewilligt und durchgeführt werden.

Entscheidend ist eine konkrete Maßnahme – reine Beratung, allgemeine Aktivierungsangebote oder bloße Bewilligungs-Ankündigungen reichen nicht. Nach Ende der Maßnahme kann der Zuschlag für eine angemessene Übergangszeit (typisch wenige Monate, etwa Einarbeitung) fortgelten, wenn dies begründet wird.

Rechenbeispiel 2025 (Regelbedarfsstufe 1 = 563 €): 35 % = 197,05 € monatlich zusätzlich.

17 % Mehrbedarf: Merkzeichen „G“ plus volle Erwerbsminderung

Der 17-Prozent-Zuschlag greift bei nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit voller Erwerbsminderung (SGB VI) und einem Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „G“. Er gilt in der Bedarfsgemeinschaft nach SGB II (Sozialgeld-Konstellation).

Wichtig: Dieser 17-Prozent-Mehrbedarf entfällt, sobald gleichzeitig ein 35-Prozent-Anspruch wegen Teilhabe/Eingliederungshilfe besteht – eine Doppelgewährung ist ausgeschlossen.

Rechenbeispiel 2025 (RBS 1 = 563 €): 17 % = 95,71 € (≈ 96 €) monatlich.

Wohnkosten: Mehr Fläche kann „angemessen“ werden

Behinderungen verursachen oft zusätzlichen Platzbedarf (Rollstuhl, Hilfsmittel, Pflegebett, Bewegungsflächen). Nach der Rechtsprechung und vielen kommunalen Richtlinien kann die angemessene Wohnfläche im Einzelfall angehoben werden – häufig um bis zu +15 m². Das ist kein Pauschalbetrag, sondern wirkt über eine höhere Angemessenheitsgrenze:

Liegen schlüssige Gründe vor, darf das Jobcenter eine teurere, größere Wohnung als angemessen anerkennen.
Wichtig ist eine plausible Begründung: Welche Hilfsmittel benötigen Platz? Welche Wege müssen frei bleiben? Gibt es Pflegeabläufe, die eine zweite Nasszelle oder breitere Türen erfordern? Je konkreter, desto besser.

Karenzzeit nicht vergessen

In den ersten 12 Monaten des Leistungsbezugs werden die tatsächlichen Unterkunftskosten anerkannt (Karenzzeit). Erst danach prüft das Jobcenter wieder Angemessenheit – inklusive behinderungsbedingter Mehrfläche. Wer in der Karenzzeit umzieht, sollte sich die Übernahme der höheren Miete vorab zusichern lassen, damit der Schutz nicht ins Leere läuft.

Wohnraumanpassung: Bis zu 4.180 € Zuschuss je Maßnahme

Für Umbauten (bodengleiche Dusche, Türverbreiterung, Rampe, Haltegriffe, Treppenlösung) zahlen Pflegekassen auf Antrag bis zu 4.180 € je Maßnahme. Leben mehrere Pflegebedürftige zusammen und profitieren von derselben Maßnahme, können Beträge kumulieren (z. B. Ehepaar bis 8.360 €, Pflege-WG bis 16.720 €).

Der Zuschuss gilt ab Pflegegrad 1; Angebote und Kostenvoranschläge beilegen und idealerweise vor Baubeginn beantragen. Das ist zusätzlich zu KdU-Leistungen möglich.

So setzt du deine Ansprüche durch – kompakt in 5 Schritten

1. Anspruchsbild klären:
– 35 % bei erwerbsfähig + laufender Teilhabe/Eingliederungshilfe (ggf. kurze Übergangsphase nach Ende).
– 17 % bei voller EM + Merkzeichen „G“ in der SGB-II-Bedarfsgemeinschaft.

2. Nachweise beilegen:
Bewilligungsbescheid zur Teilhabe/Eingliederungshilfe, Teilhabeplan/Träger-Schreiben, EM-Bescheid, Schwerbehindertenausweis mit „G“.

3. Antrag klar formulieren:
Mehrbedarf mit Prozentsatz benennen; zusätzlich KdU-Prüfung wegen behinderungsbedingter Mehrfläche beantragen.

4. Mehrfläche begründen:
Platz für Hilfsmittel, Wendekreise, Pflegeabläufe; ggf. medizinische Stellungnahme/MDK-Bericht.

5. Umbau separat bei der Pflegekasse beantragen (max. 4.180 € je Maßnahme); Kostenvoranschlag anhängen.

Typische Fehler – und wie du sie vermeidest

  • Nur beraten, nicht „in Maßnahme“: Der 35-Prozent-Zuschlag setzt tatsächliche Durchführung voraus; reine Beratung oder Beantragung genügt nicht.
  • Doppelte Mehrbedarfe erwarten: 17 % und 35 % laufen nicht parallel; gilt der 35-Prozent-Tatbestand, verdrängt er den 17-Prozent-Zuschlag.
  • Mehrfläche nur pauschal fordern: Ohne konkrete Begründung verweist das Jobcenter auf Standard-Wohnflächen. Lege individuelle Erfordernisse dar.
  • Umbau über KdU beantragen: Bauliche Anpassungen sind Pflegekassen-Thema; das Jobcenter prüft Miet-Angemessenheit, nicht den Umbau-Zuschuss.

Rechen-Quick-Check 2025

RBS 1 (Alleinstehende): 563 € → 17 % = 96 € | 35 % = 197 €
RBS 2 (Partner jeweils): 506 € → 17 % ≈ 86 € | 35 % ≈ 177 €
RBS 3 (U25 im Haushalt): 451 € → 17 % ≈ 77 € | 35 % ≈ 158 €
Die Regelbedarfe 2025 sind gegenüber 2024 unverändert (Nullrunde).

Fazit

Wer die richtige Anspruchsschiene wählt und sauber dokumentiert, holt spürbar mehr Geld heraus: 35 % bei Teilhabe/Eingliederungshilfe, 17 % bei EM + „G“, dazu höhere KdU wegen Mehrfläche und 4.180 € je Maßnahme für Wohnraumanpassungen. Entscheidend sind Nachweise, Begründung und Timing – dann klappt’s auch mit der Anerkennung.