Rundfunkbeitrag: Bei Schulden sich von der GEZ befreien lassen

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Die Inflation hat das Haushaltsbudget vieler Familien ausgereizt; parallel steigen Mieten, Energiekosten und Zinslasten alter Kredite. Wer ohnehin jeden Cent umdrehen muss, fragt sich schnell, ob sich zumindest einzelne Pflichtabgaben aussetzen lassen.

Der Rundfunkbeitrag โ€“ umgangssprachlich noch immer als โ€žGEZโ€œ bezeichnet โ€“ steht dabei ganz oben auf der Liste. Doch dรผrfen Schuldner die Zahlung einfach stoppen? Ein Blick in Gesetzestexte, aktuelle Urteile und die Praxis des Beitragsservice zeigt: Die Spielrรคume sind eng โ€“ aber sie existieren.

Gesetzliche Pflicht trotz finanzieller Schieflage

Fรผr jede Wohnung fรคllt monatlich ein Beitrag von 18,36โ€ฏEuro an. Das ist seit Augustโ€ฏ2021 der verbindliche Satz, und er bleibt mindestens bis auf Weiteres bestehen, weil die Bundeslรคnder sich 2024 nicht auf eine Erhรถhung einigen konnten.

Der Beitrag ist als sogenannte โ€žnichtsteuerliche Abgabeโ€œ im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) verankert. Damit entsteht die Schuld unabhรคngig davon, ob Rundfunkgerรคte genutzt werden โ€“ und unabhรคngig von der finanziellen Lage des Haushalts. Eine reine รœberschuldung, so verlockend es klingen mag, befreit rechtlich nicht.

Schulden allein heben die Beitragspflicht nicht auf

Zwar rรคumen Gerichte ein, dass hohe Schulden das Existenzminimum gefรคhrden kรถnnen. Gleichwohl bleibt der Beitrag geschuldet, solange kein anerkannter Befreiungsgrund vorliegt โ€“ etwa der Bezug von Bรผrgergeld, Sozialhilfe, Blindenhilfe oder bestimmten Ausbildungsfรถrderungen. Wer nur Arbeitslosengeldโ€ฏI oder Wohngeld erhรคlt, fรคllt nicht unter die automatischen Ausnahmekataloge.

Hรคrtefallantrag gegen Rundfunkbeitrag

Eine Tรผr bleibt offen: ยงโ€ฏ4โ€ฏAbs.โ€ฏ6โ€ฏRBStV verpflichtet die Landesrundfunkanstalten, โ€žin besonderen Hรคrtefรคllenโ€œ zu befreien. Ein Hรคrtefall liegt regelmรครŸig vor, wenn das verfรผgbare Einkommen den sozialrechtlichen Bedarf um weniger als die Hรถhe des Monatsbeitrags รผbersteigt.

In der Praxis heiรŸt das: Wer nachweislich hรถchstens 18,36โ€ฏEuro รผber dem Regelsatz liegt, kann den Beitrag komplett erlassen bekommen. Benรถtigt wird ein aktueller Ablehnungsbescheid der Sozialbehรถrde, der genau diese geringe รœberschreitung dokumentiert.

Aktuelle Rechtsprechung stรคrkt Antragstellende: Im Mรคrzโ€ฏ2025 wies das Bundesverwaltungsgericht den Beitragsservice an, die Bedรผrftigkeit eines Studierenden individuell zu prรผfen, obwohl kein BAfรถG-Bezug vorlag. Die Richter sahen einen โ€žmit Sozialhilfeempfรคngern vergleichbaren Zustandโ€œ und stuften das als besonderen Hรคrtefall ein.

Stundung, Ratenzahlung und andere Brรผcken

Wer den Hรคrtefall nicht erfรผllt, kann trotzdem Entlastung aushandeln. Der Beitragsservice erlaubt Stundungen โ€“ also das befristete Aussetzen fรคlliger Betrรคge โ€“ und Ratenzahlungen, sofern das Verhรคltnis zwischen Monatsrate und Rรผckstand plausibel bleibt und noch kein Vollstreckungsverfahren lรคuft. Beide Optionen mรผssen schriftlich beantragt werden, Zinsen fallen nicht an. Wรคhrend der Ratenzahlung laufen jedoch die regulรคren Quartalsbeitrรคge weiter, was viele Schuldner unterschรคtzen.

Wenn nichts passiert: die Eskalationskette

Bleibt eine Forderung offen, folgt nach vier Wochen der Festsetzungsbescheid mit Sรคumniszuschlag von mindestens achtโ€ฏEuro. Wird erneut nicht gezahlt, leiten Kommunen oder Finanzรคmter die Vollstreckung ein: Kontopfรคndung, Lohnpfรคndung oder die Abgabe der Vermรถgensauskunft sind gรคngige MaรŸnahmen.

Wer letztere verweigert, riskiert Erzwingungshaft von bis zu sechs Monaten, bis die Auskunft erteilt oder die Schuld beglichen ist.

Privatinsolvenz schรผtzt nur eingeschrรคnkt

Selbst eine laufende Verbraucherinsolvenz hebt die Beitragspflicht nicht auf. Rรผckstรคnde, die vor Verfahrenserรถffnung entstanden sind, kรถnnen zwar in die Insolvenzmasse fallen. Beitrรคge, die danach entstehen, gelten jedoch als โ€žneue Verbindlichkeitenโ€œ und mรผssen pรผnktlich geleistet werden. Wer die laufenden Raten nicht bedienen kann, braucht auch hier einen separaten Hรคrtefallbescheid oder eine Stundungsvereinbarung.

Neuer Zahlungsalltag ab 2025

Ab 1.โ€ฏJanuarโ€ฏ2025 verschickt der Beitragsservice nur noch eine einzige Zahlungsaufforderung pro Jahr. Erinnerungen entfallen, und รœberweisungen ohne korrekte, individuelle Beitragsnummer gelten als nicht geleistet. Gerade fรผr Haushalte, die ihre Finanzen ohnehin nur mรผhsam sortieren, steigt das Risiko weiterer Mahn- und Vollstreckungskosten erheblich.

Stillstand beim Betrag, Streit vor Gericht

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) schlug eine Erhรถhung auf 18,94โ€ฏEuro vor. Die Lรคnder kamen jedoch nicht rechtzeitig zu einer Einigung. ARD und ZDF haben gegen das Ausbleiben der Anpassung Klage erhoben, stรผtzen sich dabei auf ein Karlsruher Urteil von 2021, das eine vorherige Blockade als verfassungswidrigen Eingriff in die Rundfunkfreiheit wertete. Ob und wann der Beitrag doch steigt, entscheidet sich erst in einem neuen Verfahren โ€“ bis dahin bleibt der Satz von 18,36โ€ฏEuro gรผltig.

Beratung statt Vermeidungsstrategie

Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungen raten, schon vor dem ersten Mahnbescheid Kontakt zum Beitragsservice aufzunehmen. Ein offener Kommunikationsweg ermรถglicht hรคufig Stundung oder eine tragbare Ratenvereinbarung und verhindert zusรคtzliche Gebรผhren. Wer vรถllig abtaucht, zahlt am Ende deutlich mehr โ€“ und riskiert Pfรคndungen, BuรŸgelder oder Haftbefehle. Im Zweifel helfen Musterbriefe der Verbraucherzentralen beim formgerechten Antrag.

Fazit

Schulden allein entbinden nicht grundsรคtzlich von der Pflicht, den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Dennoch existieren rechtliche Ausnahmen und pragmatische Lรถsungen, die finanzielle รœberforderung vermeiden sollen. Hรคrtefallbefreiung, Stundung und Ratenzahlung sind keine Automatismen, sondern mรผssen aktiv beantragt und belegt werden.

Wer diese Wege nutzt und Fristen einhรคlt, kann Beitragsrรผckstรคnde oft in den Griff bekommen โ€“ ganz ohne zusรคtzliche Kostenlawine. Ignorieren hingegen fรผhrt fast immer in die Vollstreckung und macht eine ohnehin prekรคre Lage nur schlimmer.