Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, wie Renteneinkünfte, die aufgrund einer Privatinsolvenz nicht vollständig ausgezahlt werden, in einer Bedarfsgemeinschaft angerechnet werden sollen.
Teile der Betriebsrente wegen Privatinsolvenz einbehalten
Der Kläger lebte in einer Bedarfsgemeinschaft mit einer Rentnerin. Neben Arbeitslosengeld und einem Einkommen von 1.500 EUR bezog er auch Kindergeld.
Die Rentnerin erhielt eine Altersrente sowie eine Betriebsrente, von der jedoch ein großer Teil, aufgrund einer Privatinsolvenz, durch den Insolvenzverwalter einbehalten wurde.
Vom verbleibenden Betrag wurden verschiedene Versicherungen und der Gewerkschaftsbeitrag abgezogen.
Jobcenter lehnt Antrag auf Leistungen ab
Der Kläger beantragte beim Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für sich und sein Kind, doch das Jobcenter lehnte ab. Es erklärte, dass das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft ausreiche, um den Bedarf zu decken.
Auch auf einen Widerspruch hin reagierte das Jobcenter mit Ablehnung und stellte klar, dass der Kläger aus ihrer Sicht nicht hilfebedürftig sei.
Das Jobcenter rechnete die volle Höhe der Rente an und nicht den ausgezahlten Teil. Da hier aus der Sicht der Bedarfsgemeinschaft ein Fehler vorlag, zog der Kläger nun vor das Sozialgericht.
Tatsächlich verfügbarer Betrag muss berücksichtigt werden
Die Juristen des DGB Rechtsschutzes Berlin, bei dem der Kläger Mitglied war, argumentierten, dass nur der tatsächlich verfügbare Rentenbetrag berücksichtigt werden dürfe.
Das Sozialgericht Berlin gab dem Kläger recht und erklärte die Bescheide des Jobcenters für rechtswidrig.
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Gericht stellt Hilfebedürftigkeit fest
Das Gericht stellte fest, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum hilfebedürftig war, da sein Einkommen nicht ausreichte, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft zu decken.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist eine Person hilfebedürftig, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann und keine ausreichende Unterstützung von anderen erhält.
Jobcenter muss den ausgezahlten Rentenbetrag berücksichtigen
Das Gericht führte aus, dass nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Davon abzuziehen sind jedoch nach § 11b SGB II bestimmte Beträge, wie Steuern, Versicherungsbeiträge und geförderte Altersvorsorgebeiträge.
Das Gericht entschied, dass das Jobcenter nur den tatsächlich ausgezahlten Rentenbetrag der Rentnerin anrechnen dürfe, abzüglich der wegen der Privatinsolvenz einbehaltenen Anteile.
Bei Anrechnung von Leistungen gilt das Günstigkeitsprinzip
Das Gericht stellte auch fest, dass bei der Anrechnung von Rentenleistungen als Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft die Maßstäbe des Sozialgesetzbuches XII (SGB XII) heranzuziehen seien, um sicherzustellen, dass die Rentnerin ihr Existenzminimum erhält.
Es gelte das Günstigkeitsprinzip, wonach die für die Betroffenen vorteilhafteren Regelungen anzuwenden seien.
In diesem Fall bedeutete dies, dass die Berechnung nach den Kriterien des SGB XII günstiger war als die nach dem SGB II, da zusätzliche Freibeträge wie die Versicherungspauschale berücksichtigt wurden. (Az: S 27 8892/20)