Rente: Tausende klagen auf Zusatz- und Sonderversorgung

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Jรคhrlich ziehen Tausende Rentner vor Gericht, um gegen Entscheidungen der Rentenversicherung oder Zusatz- und Sonderversorgungen vorzugehen.

Dabei hoffen viele auf eine Korrektur der fรผr sie unvorteilhaften Bescheide durch die Justiz. Allerdings seien nicht viele Klagen erfolgreich. Diese Erkenntnisse gehen aus den aktuellen Antworten der Justizministerin Katja Meier (Grรผne) auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im sรคchsischen Landtag hervor.

Rentenklagen: Viele Verfahren anhรคngig

Im vergangenen Jahr wurden an den sรคchsischen Sozialgerichten insgesamt 2.534 neue Klagen in Bezug auf Rentenangelegenheiten eingereicht. Diese umfassen sowohl die allgemeine Rentenversicherung als auch Zusatz- und Sonderversorgungen in den neuen Bundeslรคndern.

Die Bearbeitung der Verfahren gestaltet sich langwierig: Im Durchschnitt dauern sie zwischen anderthalb und mehr als zwei Jahren bis zu einer endgรผltigen Entscheidung.

Von den im vergangenen Jahr bearbeiteten 2.653 Fรคllen wurden allerdings nur in 1.032 Fรคllen Entscheidungen per Urteil oder Gerichtsbescheid getroffen. Noch ernรผchternder ist die Erfolgsquote der Klรคger: Lediglich in 103 Fรคllen fiel die Entscheidung zugunsten der Betroffenen aus.

In 62 weiteren Verfahren konnten die Klรคger zumindest teilweise Erfolge erzielen. Damit bleibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine eingereichte Klage das gewรผnschte Ergebnis bringt, fรผr die meisten Rentner gering.

Hohe juristische Hรผrden

Die Sozialexpertin Susanne Schaper, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, bewertet die hohe Anzahl der Klagen jedoch nicht ausschlieรŸlich negativ. Sie betont, dass es nachvollziehbar ist, wenn Rentner ihre Ansprรผche vor Gericht prรผfen lassen wollen.

โ€žEs geht hier nicht um Gier, sondern darum, รผber die Runden zu kommen und in Wรผrde altern zu kรถnnenโ€œ, erklรคrt Schaper.

Die steigenden Lebenshaltungskosten fรผr Grundbedรผrfnisse wie Heizung, Strom, Lebensmittel oder Treibstoff machen die Situation fรผr viele Rentner besonders schwierig. Laut einer Analyse des Statistischen Bundesamtes sind die Preise fรผr Strom seit 2020 um durchschnittlich 25 %, fรผr Lebensmittel um 14 % und fรผr Heizkosten um 30 % gestiegen.

Strukturelle Probleme in Ostdeutschland

Schaper weist auf ein weiteres Problem hin: Gerade in Ostdeutschland sind viele รคltere Menschen ausschlieรŸlich auf ihre gesetzliche Rente angewiesen, da sie keine zusรคtzlichen Einkommensquellen haben. Hier fordert die Politikerin eine grundlegende Reform der Rentenversicherung.

Ihrer Meinung nach sollte keine Rente unter 1.200 Euro netto liegen, und alle, die in Deutschland Einkommen erzielen โ€“ ob durch Arbeit oder Kapitalertrรคge โ€“ sollten in die Solidargemeinschaft einzahlen. โ€žWenn alle einen Beitrag leisten, sind auch alle gut abgesichertโ€œ, so Schaper weiter.

Hindernisse im Sozialrecht: Lange Verfahren und Unsicherheit

Viele Rentner hรคlt die Unkenntnis รผber ihre Rechte von einer Klage ab. Viele schreckt auch die Angst vor einer langen Verfahrensdauer vor einem Gang zum Sozialgericht ab. Schaper sieht hier dringenden Handlungsbedarf.

Mehr Richterstellen an den Sozialgerichten kรถnnten nicht nur die Bearbeitungszeit verkรผrzen, sondern auch zu mehr Transparenz fรผr die Betroffenen im komplexen Rentenrecht beitragen.

Ansteigendes Armutsrisiko fรผr รคltere Menschen

Das Armutsrisiko in Sachsen ist in den vergangenen Jahren unter keiner anderen Bevรถlkerungsgruppe so stark gestiegen wie bei den รผber 65-Jรคhrigen. Seit 2005 hat sich die Zahl der von Altersarmut betroffenen Menschen laut Sozialbericht sogar verdoppelt. Vor allem niedrige Renten reichen zunehmend nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt zu decken.

Hinzu kommt, dass Rentner im Osten Deutschlands nach wie vor benachteiligt sind. Viele Menschen haben nach der Wiedervereinigung Rentenansprรผche verloren, obwohl sie dafรผr gearbeitet haben.

Besonders betroffen sind ehemalige Mitarbeiter von Institutionen wie der DDR-Eisenbahn, der Post oder in der Braunkohleveredlung. Auch Frauen, die im Gesundheitswesen tรคtig waren oder nach DDR-Recht geschieden wurden, haben hรคufig weniger Ansprรผche als ihre westdeutschen Kolleginnen.

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Hรคrtefallfonds als unzureichende Lรถsung

Der Bund hat mittlerweile einen Hรคrtefallfonds eingerichtet, der in bestimmten Fรคllen eine Einmalzahlung von bis zu 2.500 Euro vorsieht. Dieser soll die finanziellen Nachteile, die durch den Rentenanspruchsverlust nach 1990 entstanden sind, abmildern.

Doch die Bedingungen fรผr eine Auszahlung sind streng: Nur Personen, die maximal 890 Euro Rente erhalten, haben รผberhaupt Anspruch auf eine Zahlung.

Dementsprechend geht der GroรŸteil der Betroffenen leer aus. Schaper kritisiert diesen Umstand als unzureichend, da viele Menschen weiterhin ohne ausreichende finanzielle Unterstรผtzung dastehen.

Unterstรผtzung fรคllt gering aus

Selbst bei einer Bewilligung fรคllt die Unterstรผtzung durch den Hรคrtefallfonds gering aus und kann das entstandene Defizit bei Weitem nicht ausgleichen. Es gibt Beispiele, die trotz Bewilligung des Hรคrtefallfonds lediglich eine Zahlung von 1.500 Euro erhielten, was nicht ausreichte, um die monatlichen Ausgaben zu decken.

Die finanziellen Nachteile bleiben somit fรผr viele Rentner bestehen, was die Notwendigkeit weiterer politischer MaรŸnahmen verdeutlicht.