Rente: Rolle rückwärts bei Rentenreform

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Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einem Gutachten Anforderungen an die künftige Rentenpolitik gestellt.  Neben der Verlängerung der Lebensarbeitszeit werden die Erhöhung von Abschlägen, die Senkung des Rentenniveaus und die Wiedereinführung der Zuverdienstgrenze gefordert.

Anhebung der Regelaltersgrenze in Abhängigkeit zur Lebenserwartung

Das IW spricht sich für eine kontinuierliche Erhöhung der Regelaltersgrenze aus. Aktuell ist vorgesehen, dass diese bis 2031 auf 67 Jahre ansteigt. Das Institut betont jedoch, dass eine weitere Anpassung erforderlich sei, falls die Lebenserwartung weiterhin steigt.

Ziel ist es aus Sicht des Instituts, die finanziellen Lasten des Rentensystems gerecht zu verteilen und die wirtschaftliche Tragfähigkeit zu sichern.

Abschaffung der Abschlagsfreiheit bei frühem Renteneintritt

Besonders langjährig Versicherte können derzeit nach 45 Beitragsjahren ohne finanzielle Abschläge zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen.

Das IW kritisiert diese Regelung als ungerecht und budgetbelastend, da sie einen Anreiz zur Frühverrentung setze und somit die Verlängerung der Lebensarbeitszeit konterkariere. Diese Abschlagsfreiheit sollte daher gestrichen werden, um eine größere Budgetneutralität zu erreichen.

Anhebung der Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug

Das IW fordert höhere Abschläge für den vorgezogenen Rentenbezug. Derzeit betragen diese 0,3 Prozent pro Monat, doch nach Ansicht des Instituts ist diese Regelung zu milde und führt dazu, dass das durchschnittliche Rentenzugangsalter nicht ausreichend an die Regelaltersgrenze heranführt.

Die Abschläge sollten so ausgestaltet sein, dass ein größerer Anreiz zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit bis zur Regelaltersgrenze besteht.

Begrenzung der Phase des vorzeitigen Rentenbezugs

Aktuell ist es möglich, mit mindestens 35 Beitragsjahren bereits ab 63 Jahren eine Altersrente mit Abschlägen in Anspruch zu nehmen. Das IW sieht hierin eine zu großzügige Regelung, da sie eine Frühverrentung von bis zu vier Jahren vor der Regelaltersgrenze ermöglicht.

Das trägt nach Ansicht des Instituts nicht zur Stabilität des Arbeitsmarkts bei, zumal es nicht garantiert sei, dass die Betroffenen in dieser Zeit ein ausreichendes Alterseinkommen erzielen.

Daher sollte der vorzeitige Rentenbezug auf maximal drei Jahre vor der Regelaltersgrenze begrenzt werden.

Wiedereinführung einer Hinzuverdienstgrenze für vorgezogene Rentner

Seit 2023 können Rentner, die das Regelrentenalter bisher nicht erreicht haben, unbegrenzt Nebeneinkünfte erzielen. Das IW warnt jedoch vor den Auswirkungen dieser Regelung. Die Möglichkeit eines doppelten Einkommens könne dazu führen, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit reduzieren, anstatt bis zum kollektiv erwünschten Renteneintrittsalter in Vollzeit weiterzuarbeiten.

Das Institut plädiert deshalb für eine Wiedereinführung der Hinzuverdienstgrenze, um solche Fehlanreize zu vermeiden und die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer zu stärken.

Forderung nach einer Regelung zur Absenkung des Rentenniveaus

Die derzeitige Politik der Rentenstabilisierung bei einem Niveau von 48 Prozent stößt beim IW auf Kritik. Das Institut argumentiert, dass dadurch die bisherigen Anpassungsmechanismen, wie der Nachhaltigkeitsfaktor oder der Nachholfaktor, ausgesetzt würden, sobald das Rentenniveau unter die 48-Prozent-Marke sinkt.

Dies belaste ausschließlich die aktiven Beitragszahler, die die daraus resultierenden Kosten tragen müssten. Das IW fordert daher eine regelgebundene Absenkung des Rentenniveaus, um eine ausgewogenere Lastenverteilung sicherzustellen.

Kritik gegenüber Anreizen zur längeren Erwerbsarbeit

Die IW-Forscher zeigen sich außerdem kritisch gegenüber den rentenpolitischen Maßnahmen der vormaligen Ampel-Koalition, die über Anreize wie die Rentenaufschubprämie oder abgabenbegünstigte Arbeit ältere Beschäftigte zu einer längeren Lebensarbeitszeit bewegen wollte.

Es sei notwendig, klare und verpflichtende Rahmenbedingungen zu schaffen, die auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit abzielen, anstatt freiwillige Anreize zu setzen.

Kritische Auseinandersetzung mit den Forderungen des IW

Die Umsetzung der Forderungen des IW würde starke Einschnitte in die Rechte der zukünftigen Rentner bedeuten.

  • Anhebung Regelaltersgrenze: Viele Menschen wären durch die Anhebung gezwungen, länger zu arbeiten, als sie gesundheitlich in der Lage sind.
  • Abschaffung der Abschlagsfreiheit für besonders langjährig Versicherte und die Anhebung der Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenbezug: Die Frühverrentung soll unattraktiver werden. Das ignoriert die oft hohe körperliche und psychische Belastung vieler Berufsgruppen. Besonders für Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen ist ein späterer Renteneintritt kaum zumutbar.
  • Wiedereinführung einer Hinzuverdienstgrenze: Menschen, die noch in der Lage sind, einen Teilzeitjob anzunehmen, müssten durch diese Grenzen signifikante finanzielle Einbußen hinnehmen.
  • Begrenzung des vorzeitigen Rentenbezugs auf drei Jahre vor der Regelaltersgrenze: Die Flexibilität des Renteneintritts und damit das Recht auf Selbstbestimmung der Rentner werden durch diese Begrenzung stark eingeschränkt.
  • Eine großzügigere Frührente destabilisiert den Arbeitsmarkt: Viele Arbeitnehmer sind nach Jahrzehnten der Erwerbstätigkeit gesundheitlich nicht mehr in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Sie stehen dem Arbeitsmarkt also ohnehin nicht mehr zur Verfügung. Das wird in dieser Aussage nicht berücksichtigt.
  • Regelgebundene Absenkung des Rentenniveaus: Viele Rentner müssen jetzt schon mit sehr begrenzten Mitteln auskommen. Die Lebenshaltungskosten steigen kontinuierlich und eine Absenkung des Rentenniveaus würde zu einer verstärkten finanziellen Unsicherheit bei Rentnern führen.  Eine solche Maßnahme würde besonders die Rentner treffen, die über kein nennenswertes zusätzliches Einkommen verfügen und stark auf die gesetzliche Rente angewiesen sind.

Die Rechte der zukünftigen Rentner werden bei den Forderungen nur unzureichend berücksichtigt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden vor allem jene treffen, die aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen nicht in der Lage sind, ihre Erwerbstätigkeit länger fortzusetzen.