Häufig erreicht unsere Redaktion die Frage, wie viel Zusatzurlaub bei einem Grad der Behinderung von 30 zusteht. Dieser Frage gehen wir einmal in diesem Beitrag nach.
Vorweg
Ohne Schwerbehinderteneigenschaft greift das Bundesurlaubsgesetz. Danach beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 24 Werktage bei der klassischen Sechs-Tage-Woche, was 20 Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche entspricht. Arbeitgeber können vertraglich oder tariflich darüber hinaus mehr Urlaub gewähren, sind dazu aber nicht verpflichtet.
Entscheidend ist nämlich die Unterscheidung zwischen dem Grad der Behinderung (GdB) und der Schwerbehinderteneigenschaft. Schwerbehindert sind rechtlich nur Menschen mit einem GdB von mindestens 50.
Ein GdB von 30 oder 40 allein begründet keine Schwerbehinderteneigenschaft. Damit gelten für Beschäftigte mit GdB 30 zunächst die normalen Urlaubsregeln wie für alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Zusatzurlaub gibt es erst ab GdB 50
Der gesetzliche Zusatzurlaub steht nur schwerbehinderten Beschäftigten zu. Das sind fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Urlaubsjahr bei einer Fünf-Tage-Woche; bei abweichender Wochenverteilung wird anteilig umgerechnet. Für GdB 30 gilt diese Regel nicht.
Gleichstellung hilft im Job – bringt aber keinen Zusatzurlaub
Menschen mit GdB 30 oder 40 können sich bei der Bundesagentur für Arbeit gleichstellen lassen, wenn sie ohne Gleichstellung keinen geeigneten Arbeitsplatz finden oder behalten können.
Diese Gleichstellung vermittelt arbeitsrechtliche Schutzwirkungen, schafft aber keinen Anspruch auf Zusatzurlaub. Auch mit Gleichstellung bleibt es beim normalen Urlaubsanspruch, es sei denn, Tarif-, Betriebs- oder Arbeitsvertrag regeln ausdrücklich etwas Zusätzliches.
Was passiert, wenn später doch GdB 50 festgestellt wird?
Wird im laufenden Jahr die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt, entsteht der Anspruch auf Zusatzurlaub zeitanteilig: Für jeden vollen Monat, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft besteht, gibt es ein Zwölftel des Zusatzurlaubs. Anerkennungen wirken häufig rückwirkend auf den Antragstag, sodass der Zeitraum entsprechend zählt.
Gerichte behandeln den Zusatzurlaub im Grundsatz wie den gesetzlichen Mindesturlaub, etwa beim Verfall oder bei Hinweis- und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers.
Praxisbeispiel
Arbeitet eine Person mit Fünf-Tage-Woche und hat einen GdB 30, beträgt ihr Urlaubsanspruch zunächst der vertragliche bzw. gesetzliche Jahresurlaub, etwa 20 Tage Mindesturlaub plus ggf. vertragliche Mehrtage.
Wird später im Jahr die Schwerbehinderteneigenschaft (GdB 50) rückwirkend zum 1. April festgestellt, entstehen für April bis Dezember neun Zwölftel des Zusatzurlaubs. Bei einer Fünf-Tage-Woche wären das 9/12 von 5 = 3,75, üblicherweise auf 4 zusätzliche Tage aufgerundet, die zum bestehenden Urlaubsanspruch hinzukommen.
Öffentlicher Dienst und betriebliche Regelungen
Im öffentlichen Dienst und in manchen Branchen gibt es tarifliche oder betriebliche Sonderregeln. Diese können den Urlaubsanspruch über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus erhöhen.
Für den gesetzlichen Zusatzurlaub bleiben jedoch die Hürden unverändert: Er setzt die Schwerbehinderteneigenschaft voraus. Prüfen Sie daher Arbeitsvertrag, Tarifvertrag und ggf. Betriebsvereinbarungen genau.
Fazit
Bei GdB 30 besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Zusatzurlaub. Maßgeblich sind der Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz und etwaige vertragliche oder tarifliche Mehrurlaube.
Erst mit GdB 50 entsteht der gesetzliche Zusatzurlaub, der bei unterjähriger Anerkennung zeitanteilig berechnet wird. Wer mit GdB 30 eine Gleichstellung erhält, gewinnt arbeitsrechtlichen Schutz, nicht jedoch zusätzliche Urlaubstage—es sei denn, interne oder tarifliche Regeln gewähren sie ausdrücklich.