Das deutsche Rentensystem bietet eine Unterstützung für pflegende Angehörige. Eine Pflegende können Rentenansprüche erwerben, ohne selbst Beiträge zur Rentenversicherung zahlen zu müssen.
Wir zeigen in diesem Artikel, wie die Pflege von Angehörigen nicht nur eine ehrenamtliche Tätigkeit, sondern auch eine Chance auf verbesserte Rentenansprüche darstellen kann.
Inhaltsverzeichnis
Rentenansprüche für Pflegepersonen
Der Rentenanspruch für pflegende Angehörige basiert auf fiktiven beitragspflichtigen Einnahmen, die sich aus einem festgelegten Prozentsatz der sogenannten Bezugsgröße errechnen.
Der Prozentsatz richtet sich nach dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen und der Art der bezogenen Pflegeleistungen (Pflegegeld, Sachleistung oder Kombinationsleistung). So wird beispielsweise für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 ein Prozentsatz von 70 % der Bezugsgröße angesetzt, wenn ausschließlich Pflegegeld bezogen wird.
Beitragsberechnung und Höhe der Rente
Die Beitragsbemessungsgrundlage zur Rentenversicherung einer Pflegeperson richtet sich nach der Art der Pflegeleistungen und dem Pflegegrad. Diese Beiträge beeinflussen die spätere Rentenhöhe direkt.
Die Pflege einer Person mit Pflegegrad 3, die ausschließlich häuslich gepflegt wird, erhöht den Rentenanspruch erheblich. Dabei fließt der entsprechende Prozentsatz der Bezugsgröße in die Beitragsberechnung ein, was zu einem höheren Rentenanspruch führen kann.
Pflegegrad | Leistungsart | Prozentsatz der Bezugsgröße | Bemessungsgrundlage West/Monat |
Bemessungsgrundlage Ost/Monat
|
2 | Pflegegeld | 27 % | 954,45 EUR | 935,55 EUR |
Kombileistung | 22,95 % | 811,28 EUR | 795,22 EUR | |
Sachleistung | 18,90 % | 668,12 EUR | 654,89 EUR | |
3 | Pflegegeld | 43 % | 1.520,05 EUR | 1.489,95 EUR |
Kombileistung | 36,55 % | 1.292,04 EUR | 1.266,46 EUR | |
Sachleistung | 30,10 % | 1.064,04 EUR | 1.042,97 EUR | |
4 | Pflegegeld | 70 % | 2.474,50 EUR | 2.425,50 EUR |
Kombileistung | 59,50 % | 2.103,33 EUR | 2.061,68 EUR | |
Sachleistung | 49 % | 1.732,15 EUR | 1.697,85 EUR | |
5 | Pflegegeld | 100 % | 3.535,00 EUR | 3.465,00 EUR |
Kombileistung | 85 % | 3.004,75 EUR | 2.945,25 EUR | |
Sachleistung | 70 % | 2.474,50 EUR | 2.425,50 EUR |
Versicherungspflicht für Pflegepersonen: Wer profitiert?
Wenn Sie einen Angehörigen pflegen, können Sie, ohne eigene Beiträge leisten zu müssen, einen Rentenanspruch aufbauen. Der Gesetzgeber stellt sicher, dass pflegende Personen unter bestimmten Bedingungen rentenversichert sind.
Die Pflege muss dabei ehrenamtlich erfolgen, also ohne erwerbsmäßige Ausübung.
Anforderungen für die Rentenversicherungspflicht
Um als Pflegeperson in der Rentenversicherung pflichtversichert zu sein, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein:
- Mindestpflegeumfang: Die Pflege muss mindestens zehn Stunden wöchentlich über regelmäßig zwei Tage verteilt erbracht werden. Diese Regelung wurde mit der Pflegereform von 2017 eingeführt und reduziert den Pflegeaufwand von zuvor 14 Stunden pro Woche.
- Pflegegrad des Pflegebedürftigen: Der Pflegebedürftige muss mindestens Pflegegrad 2 haben, damit eine Rentenversicherungspflicht für die Pflegeperson besteht. Pflegebedürftige mit geringeren Einschränkungen (Pflegegrad 1) begründen keinen Anspruch auf Rentenversicherungsbeiträge für die Pflegeperson.
- Nicht erwerbsmäßige Pflege: Die Pflege muss ohne finanzielle Gegenleistung oder nur mit einem Betrag erfolgen, der das Pflegegeld nicht übersteigt. Auch berufsmäßig tätige Pflegefachkräfte können unter bestimmten Voraussetzungen für private Pflegetätigkeiten versicherungspflichtig werden.
- Wohnort: Die pflegende Person muss in Deutschland, einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz wohnen.
Finanzierung der Rentenversicherungsbeiträge durch die Pflegekasse
Die Beitragszahlung erfolgt durch die Pflegekasse des Pflegebedürftigen, und zwar ohne finanziellen Aufwand für die pflegende Person. Dies gilt für Pflegebedürftige, die gesetzlich pflegeversichert sind, und auch für Privatversicherte.
Pflegebedürftige Beamte erhalten ihre Rentenversicherungsbeiträge anteilig von den Beihilfestellen, Dienstherren und der privaten Pflegeversicherung.
Pflegegrade und Leistungsansprüche
Seit der Pflegereform 2017 wird die Pflegebedürftigkeit in fünf Pflegegrade statt in die bisherigen drei Pflegestufen unterteilt. Die Pflegekassen zahlen unterschiedliche Pflegegelder, je nach Pflegegrad.
Dabei spielt der Grad der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen die entscheidende Rolle. Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 haben Anspruch auf Pflegegeld, das der Pflegeperson zugutekommt, um die Rentenversicherungspflicht zu begründen.
Auf Basis einer rentenversicherungspflichtigen Pflegetätigkeit im gesamten Jahr 2024 ergeben sich künftig in etwa:
Pflegegrad | Leistungsart | Rentenbetrag West/Monat |
Rentenbetrag Ost/Monat
|
2 | Pflegegeld | 9,93 EUR | 9,87 EUR |
Kombinationsleistung | 8,44 EUR | 8,39 EUR | |
Sachleistung | 6,95 EUR | 6,91 EUR | |
3 | Pflegegeld | 15,81 EUR | 15,72 EUR |
Kombinationsleistung | 13,44 EUR | 13,36 EUR | |
Sachleistung | 11,07 EUR | 11,00 EUR | |
4 | Pflegegeld | 25,74 EUR | 25,59 EUR |
Kombinationsleistung | 21,88 EUR | 21,75 EUR | |
Sachleistung | 18,02 EUR | 17,91 EUR | |
5 | Pflegegeld | 36,77 EUR | 36,55 EUR |
Kombinationsleistung | 31,26 EUR | 31,07 EUR | |
Sachleistung | 25,74 EUR | 25,59 EUR |
Versicherungspflicht und Erwerbstätigkeit kombinieren
Eine erwerbsmäßige Tätigkeit neben der Pflege ist grundsätzlich möglich. Die wöchentliche Arbeitszeit darf 30 Stunden nicht überschreiten. Bei einer vollständigen Freistellung von der Arbeit kann die Versicherungspflicht fortbestehen, sofern die Pflege weitergeführt wird.
Pflegephasen im stationären Kontext
Auch bei der Pflege einer Person, die vorwiegend stationär untergebracht ist, kann Versicherungspflicht bestehen. Das ist etwa der Fall, wenn der Pflegebedürftige an Wochenenden oder in größerem zeitlichen Abstand regelmäßig zu Hause gepflegt wird.
Während dieser Phasen muss ein Mindestpflegeumfang von zehn Stunden pro Woche erbracht werden, der auf mindestens zwei Tage verteilt ist.
Additionspflege und Mehrfachpflege
Die Additionspflege ermöglicht es, Pflegezeiten bei mehreren Pflegebedürftigen zu addieren, um den erforderlichen Mindestpflegeumfang zu erreichen. Pflegepersonen können rentenversichert werden, wenn sie mehrere Personen mit jeweils wenigen Stunden pflegen. Voraussetzung ist, dass die Pflege an unterschiedlichen Tagen stattfindet.
Bei der Mehrfachpflege teilen sich mehrere Pflegepersonen die Pflege eines Angehörigen. Die Rentenansprüche werden dann anteilig berechnet, entsprechend dem jeweiligen Pflegeaufwand.
Regelungen bei Unterbrechung der Pflege
Pflegepersonen können ihre Pflegetätigkeit aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen unterbrechen, ohne dass der Rentenanspruch sofort erlischt. Bei Erholungsurlaub von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr bleibt der Versicherungsschutz bestehen.
Für Krankenhausaufenthalte des Pflegebedürftigen oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen bis zu vier Wochen gilt das Gleiche. Nutzt der Pflegebedürftige Verhinderungspflege, besteht die Rentenversicherungspflicht weiterhin für den ersten und letzten Tag der Ersatzpflege.
Besitzstandsschutz in Fällen der Überleitung
Mit der Einführung der Pflegegrade zum 1. Januar 2017 wurden bisherige Pflegestufen automatisch übergeleitet. Bestehende Rentenversicherungsansprüche für Pflegepersonen bleiben im Rahmen des Besitzstandsschutzes erhalten, wenn die Überleitung in einen höheren Pflegegrad erfolgt.
Für die Rentenversicherungspflicht ist auch weiterhin die Pflegebedürftigkeit der jeweiligen Person ausschlaggebend.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.