Wer seinen Altersrentenantrag stellt, steht vor einer Entscheidung, die in der Praxis hรคufig unterschรคtzt wird: Soll die Deutsche Rentenversicherung (DRV) das kรผnftige Arbeitsentgelt fรผr die letzten drei Monate vor Rentenbeginn hochrechnen oder nicht?
Seit der Reform ยง 194 SGB VI von 2017 hat sich am Grundprinzip zwar nichts geรคndert, doch das Jahr 2025 bringt neue Rahmenbedingungen โ von der einheitlichen Beitragsbemessungsgrenze bis hin zu durchdigitalisierten Meldewegen. Dieser Beitrag zeigt Chancen und Risiken der Hochrechnung und erlรคutert, wie gesetzlich Rentenversicherte 2025 eine gute Wahl treffen kรถnnen.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet รผberhaupt Hochrechnung?
Die Rente wird grundsรคtzlich aus den tatsรคchlich abgefรผhrten Pflichtbeitrรคgen berechnet. Weil der Arbeitgeber das abschlieรende Arbeitsentgelt aber erst nach dem letzten Arbeitstag melden kann, wรผrde der Rentenbescheid ohne Sonderregel mehrere Wochen โ mitunter Monate โ auf sich warten lassen.
Um diese Lรผcke zu schlieรen, darf die DRV das Entgelt fรผr maximal drei Monate vor Rentenbeginn schรคtzen. Grundlage ist der Durchschnitt der letzten zwรถlf beitragspflichtigen Monate, ergรคnzt um eine gesonderte Meldung (Meldegrund โ57โ) fรผr bereits abgerechnete Zeitrรคume.
Die Hochrechnung verkรผrzt den Verfahrensweg spรผrbar; der Bescheid liegt meist noch vor Rentenbeginn im Briefkasten, die erste Zahlung flieรt pรผnktlich.
Rechtslage und digitale Neuerungen 2025
Seit Januar 2025 lรคuft die Kommunikation zwischen DRV und Arbeitgeber nahezu ausschlieรlich รผber das rvBEA-Verfahren. Die elektronische Aufforderung zur gesonderten Meldung GML 57 wird automatisiert auf den Firmenserver gespielt; Entgeltabrechner kรถnnen die Daten unmittelbar zurรผckmelden.
Parallel hat die DRV die eAntrag-Plattform auf Version 5.6.0 aktualisiert, so dass Antragstellende die Option โHochrechnung durchfรผhrenโ erstmals komplett digital ausfรผllen und verschlรผsselt verschicken kรถnnen. Dadurch sinkt das Risiko formaler Fehler deutlich.
Vorteile einer Hochrechnung
Fรผr Versicherte mit knappem Finanzpolster ist der zeitliche Vorsprung das wichtigste Argument. Wer im April in Rente geht, erhรคlt den Bescheid hรคufig schon im Februar; der Zahlungsfluss setzt dann ohne รbergang vom Lohn zur Rente ein.
Auch wer seine Arbeitszeit kurz vor Rentenbeginn reduziert, profitiert: Die DRV unterstellt in der Hochrechnung weiterhin das frรผhere Vollzeit-Entgelt, so dass zusรคtzliche Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto landen, die es ohne Hochrechnung nicht gรคbe.
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Risiken und mรถgliche Nachteile
Die Hochrechnung wird endgรผltig, sobald der Bescheid einen Monat nach Zustellung rechtskrรคftig ist. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, รberstundenausgleich, Abfindung) in den letzten drei Monaten hรถher waren als der unterstellte Durchschnitt, fehlt dieser Entgeltzuwachs dauerhaft in der Rentenformel.
Auf jede nicht berรผcksichtigte Einmalzahlung von 1.000 Euro verzichtet man โ รผber die gesamte Laufzeit gerechnet โ auf rund zehn Euro Jahresrente.
Noch sensibler ist die Lage fรผr Gutverdienende: Liegt das Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, rechnet die DRV beim April-Renteneintritt mit dem Vorjahreswert. Da 2025 eine bundeseinheitliche Grenze von 8.050 Euro gilt, kann allein der Wechsel der Bemessungsgrenze dazu fรผhren, dass Beitragsanteile in der Hochrechnung verlorengehen.
Beitragsbemessungsgrenze 2025 โ was รคndert sich konkret?
Mit der Sozialversicherungsrechengrรถรen-Verordnung 2025 ist erstmals Schluss mit Ost/West-Unterschieden. Bis zu einem Bruttoverdienst von monatlich 8.050 Euro (96.600 Euro pro Jahr) werden Rentenbeitrรคge fรคllig โ alles darรผber hinaus bleibt beitragsfrei.
Wird im Hochrechnungszeitraum nur der Vorjahreswert von 7.550 Euro berรผcksichtigt, verschenkt ein Versicherter mit 8.500 Euro Bruttogehalt knapp vier Prozent seines Beitragsvolumens โ und damit Entgeltpunkte, die spรคter auch in der Hinterbliebenenrente oder beim Zuschlag nach dem EM-Bestandsverbesserungsgesetz 2025 fehlen.
Beste รberlegungen vor der Antragstellung auf Rente
Die Entscheidung fรคllt nicht zwischen โrichtigโ und โfalschโ, sondern zwischen dem Bedรผrfnis nach Planungssicherheit und der Aussicht auf maximale Rentenhรถhe.
Wer Sonderzahlungen oder krรคftige Tariferhรถhungen in den letzten Monaten erwartet, sollte auf die Hochrechnung verzichten und die spรคtere Bescheidzustellung einkalkulieren โ zumal die digitale Meldekette das Verfahren inzwischen spรผrbar verkรผrzt.
Umgekehrt ist die Hochrechnung ideal fรผr Teilzeit-รberbrรผcker oder Personen mit stabiler Vergรผtung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Ein Wechsel nach Rechtskraft ist ausgeschlossen; deshalb empfiehlt die DRV, vor Antragsabgabe eine individuelle Rentenauskunft einzuholen oder eine Beratungsstelle aufzusuchen.
Fazit
Die Hochrechnung bleibt 2025 ein nรผtzliches Werkzeug, um einen nahtlosen รbergang vom Erwerbseinkommen zur Altersrente zu sichern.
Ihre Tรผcken liegen in den Details: Wer kurz vor Rentenbeginn noch mit Sonderentgelten oder einem Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze rechnet, riskiert bei falscher Kreuzsetzung einen dauerhaften Rentenverlust.
Die gute Nachricht: Dank vereinheitlichter Grenzen und volldigitaler Meldewege sind die Berechnungsgrundlagen transparenter denn je. Rentenversicherte sollten die neue Datenlage nutzen, sรคmtliche Einmalzahlungen im Blick behalten und die Weichen im Rentenantrag bewusst stellen โ damit am Ende weder Zeit noch Rentenanspruch verloren gehen.