Rente: 2000 Euro steuerfrei für erwerbstätige Rentenberechtigte – Koalitionsvereinbarung

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Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist jetzt vereinbart. Beide Partner setzten dabei eigene Konzepte durch, die für Rentenbezieher zumindest keine Verschlechterung bedeuten, in einigen Punkten aber eine deutliche Verbesserung. Nachteile gibt es allerdings für Renteneinzahler.

Die Aktivrente ist jetzt beschlossene Sache

Das CDU-Modell der Aktivrente ist jetzt beschlossene Sache. Die Koalition erhöht das Rentenalter nicht. Stattdessen setzt sie finanzielle Anreize, um es Rentenberechtigten schmackhaft zu machen, länger zu arbeiten. Wörtlich steht im Koalitionsvertrag:

„Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei.“ Im Unterschied zur jetzigen Regelung bedeutet das eine Verdoppelung des steuerfreien Einkommens aus Erwerbsarbeit.

Diese „Aktivrente“ ist nicht in erster Linie als „Wohltat für Rentner“ gedacht. Vielmehr zahlen die länger Beschäftigten weiter Rentenbeiträge. Die Zahl der Rentenzahler ist durch das immer höhere Lebensalter im Verhältnis zu den Rentenbeziehern weniger geworden. Die Arbeit über das Rentenalter hinaus soll dringend benötigtes Geld in die Rentenkassen spülen.

Auch das Ende des Vorbeschäftigungsverbots soll Rentenberechtigten die Weiterarbeit erleichtern. In Zukunft sollen Angestellte im Rentenalter auch befristet zu ihrem bisherigen Arbeitgeber zurückkehren können.

Mehr Hinzuverdienst bei der Witwenrente

Die Freibeträge für eigenes Einkommen bei der Hinterbliebenenrente will die Koalition deutlich erhöhen, und das gilt ebenso für Rentner in der Grundsicherung. In der Folge würden dann diese Renten weniger stark gekürzt, wenn Betroffene ein zusätzliches Erwerbseinkommen haben.

Die Frühstartrente kommt

Die Union hat ihre Idee einer sogenannten Frühstartrente durchgesetzt. Dafür soll der Staat ab Januar 2026 jedem Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr zehn Euro pro Monat zahlen, die in ein Altersvorsorgedepot investiert werden (zum Beispiel in Aktien oder Wertpapiere).

Im Koalitionsvertrag steht: „Der in dieser Zeit angesparte Betrag kann anschließend ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag weiter bespart werden.“
Die Erträge aus dem Depot würden bis zum Rentenbeginn steuerfrei sein und ohne Zugriff des Staates auf das Guthaben. Zudem würde es erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt werden.

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Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung

Neue Selbstständige sollen verpflichtet werden, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Das geht ausdrücklich nicht auf Kosten der privaten Altersvorsorge, die für Selbstständige weiterhin möglich bleiben soll. Diese wird auf die Renteneinzahlungen angerechnet.

Das Rentenniveau bleibt auf 48 Prozent

Die SPD hat ihre Forderung durchgesetzt, das Rentenniveau weiterhin auf 48 Prozent zu stabilisieren – bis zum Jahr 2031. Das entspricht dem gegenwärtigen Stand. Möglich sein wird dies allerdings nur durch höhere Bundeszuschüsse, durch höhere Beiträge der Rentenversicherten oder durch beides zugleich.

Genauer gesagt sollen die Kosten erst einmal aus Bundesmitteln finanziert werden, und 2029 findet dann eine Prüfung der Rentenbeiträge statt.

Die vorzeitige Altersrente für besonders langjährig Versicherte bleibt

Wer 45 Jahre als Rentenversicherter vorweisen kann, kann ohne Abschläge zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintreten. Manche CDU-Politiker kritisierten diese Rentenform während der Ampel-Regierung scharf. Doch auch mit der CDU bleibt diese Altersrente für besonders langjährig Versicherte weiter bestehen.

Keine Erhöhung des Rentenalters

Zwei Forderungen, die die CDU in der Vergangenheit vertrat, finden sich nicht im Koalitionsvertrag. Rentenexperte Peter Knöppel erläutert: “Die CDU wollte das Renteneintrittsalter bei der Altersrente für langjährig Versicherte mit 35 Jahren Wartezeit stufenweise von 63 auf 65 anheben. Dieser Vorschlag ist im Koalitionsvertrag nicht enthalten, also vom Tisch. Viele hunderttausende Arbeitnehmer können aufatmen.”

Auch wollte die CDU die Abschläge und Zuschläge beim Zugang zur Rente ändern, und auch davon ist keine Rede mehr.

Die Mütterrente wird ausgeweitet

Die Mütterrente wird ausgeweitet, sodass in Zukunft alle Mütter den gleichen Rentenanspruch wegen ihrer Kindererziehung haben. Derzeit hatten Mütter von Kindern, die ab 1992 geboren wurden, einen höheren Anspruch als diejenigen, deren Kinder älter sind. In Zukunft gibt es generell bis zu drei Rentenpunkte, und für die Betroffenen sind das pro Kind rund 100 Euro mehr pro Monat. Finanziert wird diese Änderung aus Steuermitteln.

Keine große Reform, sondern vorsichtige Korrekturen

Das deutsche Rentensystem steht vor enormen Herausforderungen. Es finanziert sich durch eine Generationen-Umlage und einen Bundeszuschuss. Diejenigen, die im Erwerbsleben in die Rentenkasse einzahlen, finanzieren jeweils die Renten derjenigen, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind.

Durch die gestiegene Lebenserwartung stehen mehr Rentner im Verhältnis weniger Rentenzahlern gegenüber als in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik. Um die Renten auch in Zukunft zu finanzieren, gibt es in diesem Umlagesystem verschiedene Möglichkeiten: Erstens eine verstärkte Einwanderung von Erwerbstätigen, die in die Rente einzahlen, und zweitens die Ausweitung der gesetzlich Rentenversicherten auf weitere Gruppen der Bevölkerung wie Selbstständige, Beamte und Abgeordnete.

Die dritte und schlechteste Möglichkeit ist die ständige Erhöhung des Bundeszuschusses und der Rentenbeiträge.

Das Einzahlen in die gesetzliche Rentenkasse für nicht anderweitig abgesicherte neue Selbstständige lässt sich als zaghafter Vorstoß in diese Richtung interpretieren. Es fehlt jedoch völlig die zweite Stellschraube: Konkrete Zahlen, wie viele Einwanderer für welche rentenversicherten Berufe pro Jahr notwendig sind, und wie die Bedingungen dieser „Immigration für die Rente“ gestaltet werden sollen.

Peter Knöppel urteilt: “Es ist an der Zeit, endlich eine Erwerbstätigenversicherung für alle Beschäftigten in Deutschland einzuführen. Diese Chance hat die neue Bundesregierung wie auch alle vor ihr regierenden Koalitionen verpasst – Schade!”

Es fehlt die Investition in neue Strukturen, um den zukünftigen Herausforderungen bei der Rente gewachsen zu sein. Stattdessen schrecken die im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen davor zurück, irgendjemandem “auf die Füße zu treten”.

Kein Konzept gegen Altersarmut

Auch finden sich keine Vorschläge, wie Altersarmut bekämpft werden soll. Menschen im Rentenalter gehören zu den besonders armutsgefährdeten Gruppen in der Gesellschaft. An diesem Armutsrisiko wird auch ein höherer Freibetrag für diejenigen nichts ändern, die über das Rentenalter hinaus arbeiten.

Denn dies kommt vorrangig für all diejenigen in Frage, die nach dem 66. Lebensjahr nicht nur arbeiten wollen, sondern dies auch können. Wer krank ist und / oder in einem körperlich herausfordernden Beruf tätig war, hat diese Möglichkeit nicht, wenn er auf die 70 zugeht.

Herumschleichen um den heißen Brei

Knöppel schließt: “Die Einigung der Union und SPD bezüglich Rente ist wie erwartet nicht der große Wurf. Die drängenden Zukunftsfragen der Rente, wie die Folgen der Demografie, werden wieder einmal nicht beantwortet. Es ist kein Wille vorhanden, sich an ein wirklich großes Jahrhundert-Projekt im Hinblick auf die Rente heranzutrauen.”

Die große Rentenreform, die in Deutschland ansteht, schiebt dieser Koalitionsvertrag vor sich her.