Wer einen Angehörigen zu Hause versorgt, kennt die Gratwanderung zwischen Fürsorge und Überlastung.
Die gute Nachricht: Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, Pflegegeld – also eine finanzielle Anerkennung für die häusliche Betreuung durch Angehörige – mit professionellen Pflegesachleistungen zu verknüpfen. Diese sogenannte Kombinationspflege verschafft pflegenden Familien mehr Spielraum, ohne dass ungenutzte Leistungen verfallen.
Das Prinzip: Zwei Leistungsarten, ein flexibler Topf
Rein technisch betrachtet greift hier § 38 SGB XI. Wer ambulante Sachleistungen eines zugelassenen Pflegedienstes nicht zu hundert Prozent ausschöpft, erhält den ungenutzten Prozentsatz als anteiliges Pflegegeld ausgezahlt.
Umgekehrt gilt: Je höher der Anteil der Sachleistungen, desto niedriger fällt der Geldanteil aus. An die einmal gewählte Aufteilung ist die pflegebedürftige Person sechs Monate gebunden – es sei denn, die Pflegesituation ändert sich gravierend.
Formale Hürden: Wer Anspruch hat und was vorher geklärt sein muss
Der Gesetzgeber knüpft den Anspruch an drei Kernelemente: mindestens Pflegegrad 2, eine Versorgung im häuslichen Umfeld und einen schriftlichen Antrag bei der zuständigen Pflegekasse, bevor die Kombination startet. Rückwirkende Bewilligungen sind weitgehend ausgeschlossen, weshalb Betroffene frühzeitig handeln sollten.
Zahlen, die den Unterschied machen: Leistungsbeträge 2025
Mit der Pflegereform sind alle Beträge zum 1. Januar 2025 um 4,5 Prozent gestiegen. Das monatliche Pflegegeld liegt nun bei 347 Euro (Pflegegrad 2), 599 Euro (Grad 3), 800 Euro (Grad 4) und 990 Euro (Grad 5).
Parallel wurden die Höchstbeträge für ambulante Sachleistungen auf 796, 1 497, 1 859 beziehungsweise 2 299 Euro angehoben.
Pflegegrad | Maximaler Pflegegeld‑Anspruch pro Monat* |
2 | 347 € |
3 | 599 € |
4 | 800 € |
5 | 990 € |
* Bei der Kombinationspflege wird dieser Betrag anteilig ausgezahlt – je nachdem, zu welchem Prozentsatz Sie ambulante Sachleistungen in Anspruch nehmen.
Rechenbeispiel: So verteilt sich das Budget bei Pflegegrad 3
Stellt eine Familie mit Pflegegrad 3 ihren Pflegedienst beispielsweise auf 60 Prozent des Sachleistungsbudgets ein (rund 898 Euro monatlich), bleiben 40 Prozent Pflegegeld übrig.
Das bedeutet: Zusätzlich zum professionellen Einsatz fließen noch gut 240 Euro monatlich direkt an die pflegebedürftige Person. Die Pflegekasse ermittelt diese Quoten jeden Monat anhand der tatsächlich abgerechneten Pflegedienstleistungen.
Was der Pflegedienst leistet – und was Angehörige weiter tun können
Ambulante Pflegekräfte übernehmen je nach Bedarf die komplette Körperpflege, das An- und Auskleiden, Transferhilfen, Mobilitätsunterstützung oder hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Angehörige können sich dadurch auf emotionale Zuwendung, Alltagsbegleitung oder weniger zeitintensive Pflegeschritte konzentrieren, ohne den Pflegeprozess vollständig abzugeben.
Dokumentation als Schlüssel zur korrekten Abrechnung
Wer Kombinationspflege nutzt, sollte jede Leistung – vom täglichen Waschen bis zur Hilfe beim Toilettengang – exakt festhalten.
Die Aufzeichnungen dienen als Nachweis für die Pflegekasse und erleichtern spätere Anpassungen, etwa wenn der Pflegedienst mehr Einsätze übernehmen muss und die prozentuale Verteilung neu festgelegt wird.
Mehr als nur Grundpflege: Welche Zusatzbudgets kombinierbar sind
Neben Kombinationsleistungen bleiben weitere Töpfe unangetastet. Tages‑ und Nachtpflege kann in voller Höhe zusätzlich ausgeschöpft werden; der monatliche Entlastungsbetrag wurde 2025 auf 131 Euro erhöht und kann etwa für Haushaltshilfen oder Alltagsbegleiter genutzt werden.
Auch eine rund‑um‑die‑Uhr‑Betreuung durch osteuropäische Betreuungskräfte lässt sich finanzieren, solange die Sachleistungen nicht bereits ausgeschöpft sind.
Wenn das Geld nicht reicht: Sozialamt, Zusatzversicherung und Familienabsprachen
Decken Pflegeversicherung und Eigenmittel die tatsächlichen Kosten nicht, springt nachrangig die „Hilfe zur Pflege“ des Sozialamts ein. Dafür prüft die Behörde Einkommen und Vermögen der Pflegebedürftigen sowie – seit Abschaffung des sogenannten Elternunterhalts bis zur 100‑000‑Euro‑Grenze – gegebenenfalls das Einkommen erwachsener Kinder.
Wer Lücken dauerhaft schließen will, kann ergänzend eine private Pflegezusatzversicherung abschließen, die etwa Pflegetagegeld zahlt oder Einmalbeträge für Wohnraumanpassungen vorsieht.
Fazit: Mehr Selbstbestimmung durch passgenaue Leistungsmischung
Die Kombinationspflege bietet Familien einen flexiblen Mittelweg zwischen Eigeninitiative und professioneller Unterstützung.
Wer die gesetzlichen Vorgaben kennt, die Antragsfristen einhält und die Leistungen sorgfältig dokumentiert, kann das Pflegebudget optimal ausschöpfen – und damit sowohl die Lebensqualität der Pflegebedürftigen als auch die Entlastung der pflegenden Angehörigen messbar steigern.